Man muss schon sagen, als Empyrium-Fan hat man es nicht leicht. Das 2014er Album „The Turn Of The Tides“ war mit seinem bombastischen Post-Rock nicht jedermanns Sache und ob bzw. wann es neue Musik von den deutschen Neo-Folk-Ikonen geben wird, ist fraglich. Zum Glück gibt es da noch Bands wie NEBELUNG, die die Tradition von Alben wie „Where At Night The Wood Grouse Plays“ hochhalten und fortführen. Ihr Debüt „Mistelteinn“ erschien bereits 2005, nunmehr wurde es jedoch komplett neu eingespielt und teilweise neu arrangiert, um die damaligen Anfängerfehler auszumerzen. Ob sich dieses Re-Release wohl gelohnt hat?
Die Ähnlichkeit zu dem genannten Empyrium-Klassiker ist im Falle von „Mistelteinn“ geradezu erschreckend: Da wären zum Beispiel der tiefe, sanfte Männergesang (der bei NEBELUNG im Vergleich leider etwas zu wenig ausdrucksvoll klingt), die schönen, zumeist gezupften Akustikgitarren, die gelegentlichen Instrumental-Stücke und eine Gesamtspielzeit von nur knapp einer halben Stunde. Eigene Akzente setzen NEBELUNG jedoch mit ihren Streichern, die zwar nicht immer melodieführend, aber doch stets präsent sind.
Trotz der kurzen Spielzeit punktet „Mistelteinn“ vor allem in puncto Abwechslung, was möglicherweise damit zusammenhängt, dass es textlich weniger konzeptionell und nicht ganz so naturmystisch wie „Where At Night…“ ist. So beschreibt das melancholische „Heimsuchung“, wie der Protagonist von unbekannten Ängsten geplagt wird, während das eher flotte, lebhafte „Abel und Kain“ dem Namen entsprechend viele religiöse Bezüge aufweist. „Regen in der Dämmerung“ hört sich demgegenüber sehr geheimnisvoll an. Den Abschluss macht das abermals sehr melancholische „Heimatlos“, das mit seiner Marsch-Perkussion tatsächlich das Gefühl der Suche nach einem Zuhause vermittelt.
Unabhängig davon, wie NEBELUNG 2005 auf Platte klangen, muss man diesem Re-Release definitiv attestieren, dass es professionell produziert wurde. An der spieltechnischen Umsetzung gibt es genauso wenig auszusetzen wie am Sound, alles ist einwandfrei und sogar fast schon ein bisschen zu perfekt. Auch das zur Musik passende, schwermütige Artwork dürfte wohl einen Kaufanreiz darstellen, zumal NEBELUNG dem Hörer genau das geben, was man aufgrund des Covers erwarten kann.
Fans von Empyrium, Neun Welten & Co können hier bedenkenlos zugreifen. Klar, wirklich neuartig ist „Mistelteinn“ nicht im Geringsten (und das nicht nur, weil es sich um ein Re-Release handelt), doch das scheinen NEBELUNG hiermit ohnehin nicht bezweckt zu haben. „Mistelteinn“ ist, ganz simpel gesagt, ein schönes Album, das verschiedene Stimmungen wiedergibt, aber nie allzu sehr über die Stränge schlägt. Beim Gesang könnten die Neo-Folker ruhig noch etwas mehr aus sich herausgehen, ansonsten gibt es aber nahezu nichts am vorliegenden Album auszusetzen.
Wertung: 8 / 10