Interview mit Pinto von Ganaim

„Es klappert die Mühle am rauschenden Bach…“ – mit GANAIM beschreitet Pinto von Frohsinn seine eigenen Celtic-Folk-Pfade. Im Interview mit uns verrät der umtriebige Musiker, warum „Ceol ón Mhuileann“ (zu dt. etwa „Der Klang der Mühle“) vielleicht nicht der beste Albentitel für das Erstlingswerk gewesen ist und mit wem er zukünftig gerne musizieren würde. Außerdem erfahrt ihr aus erster Hand, warum sein Zweitprojekt für ihn „halb Band und halb Therapie“ ist. 

 

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Hallo Pinto! Nach der Veröffentlichung von „Ceol ón Mhuileann“ ist nun einige Zeit ins Land gezogen. Wie fühlst du dich als Sänger mit dem Material inzwischen und wie zufrieden seid ihr als Band mit der CD?
Moin Siggi. Ganz recht, das Debütalbum hatte im Februar bereits ersten Geburtstag. Die CD läuft bei uns noch immer privat, das ist ein sehr gutes Zeichen. Wir sind insgesamt alle wirklich zufrieden mit dem Resultat. Gut, dass wir uns damals die nötige Zeit gelassen haben!

Für alle, die euch vielleicht nicht kennen: Wie würdest du selbst eure Musik beschreiben?
Wir machen akustischen Folk aus Irland, Frankreich und dem Rest der keltischen Welt. Dies auf unterhaltsame Art, aber gleichzeitig mit virtuosem Anspruch an unsere Musik. Und vor allem mit einer riesigen Portion Leidenschaft!

Wodurch unterscheidet ihr euch von anderen Bands aus eurem Genre?
Viele Folk-Kollegen haben einen strikten Fokus auf traditionellen Ansätzen. Und denen gegenüber steht das Lager der Partybands, die nur Gassenhauer schmettern, die jeder mitsingen kann. Beides ist prima und hat seine Berechtigung. Mit Ganaim positionieren wir uns gezielt in der Mitte und vereinen die Vorteile aus beiden Welten, die sich sonst so unvereinbar gegenüberstehen.

Wie waren eure Erfahrungen im Hinblick auf die Livetauglichkeit der einzelnen Songs und wie wollt ihr darauf aufbauend nun weitermachen?
Es ist für uns ein zentraler Punkt, unsere Musik live vor Leuten zu spielen, zu erleben wie dies wirkt. Die Arrangements sind diesbezüglich einem ständigen Wandel unterlegen, gerne passen wir Stücke flexibel den Bühnen an, so dass sie allen am meisten Spaß bereiten.

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Wieso habt ihr euch für den Bandnamen Ganaim und den Albentitel „Ceol ón Mhuileann“ entschieden? Sind diese beiden Bezeichnungen für den gewöhnlichen Musikkonsumenten nicht eher zu sperrig und wenig griffig?
Ganaim fanden wir klanglich einfach super und es gibt ja auch eine lustige Anekdote zu dieser Wortschöpfung. Beim Titel sind wir ggf. einen Schritt zu weit gegangen. Wir wollten dringend was Gälisches, das die keltischen Wurzeln der Musik repräsentiert. Aber wenn im Anschluss kein Mensch in Deutschland, den Titel sagen oder schreiben kann…naja. Am besten nennen wir das nächste Album „Mega Folk“, dann weiß zumindest jeder, woran er ist.

Wie war die Resonanz auf euer Erstlingswerk und eure Live-Auftritte bisher?
Durchweg positiv. Für das Album haben wir sowohl von unseren Hörern als auch von vielen Musikerkollegen großartiges Lob erhalten, was uns echt Stolz macht. Und live wird unser Konzept als „Folkband mit Druck UND virtuosem Anspruch“ ebenfalls sehr gut angenommen, wir scheinen fast eine Marktlücke getroffen zu haben.

Habt ihr auf dem Album ein bestimmtes Konzept verfolgt? Wenn ja, was hat euch zu diesem Schritt bewegt?
Tatsächlich handelt es sich bei dem Debütalbum um reinstes Herzblut. Es sind Lieder, die mich schon seit Jahren und Jahrzehnten begleiten. Es war mir ein Fest, diese endlich so detailliert auszuarbeiten und aufzunehmen. Das gleiche mit Saskia. Wir haben quasi genau das aufgenommen, was wir lieben. Posthum mussten wir dann einen geeigneten Mantel finden, der das Erschaffene sinnig abdeckt. So kam es zu unserem Untertitel „Celtic Folk Music“.

Wie schwer fiel dir die Umstellung vom Bodhrán-Spieler bei Versengold zum Lead-Sänger bei Ganaim?
Sehr leicht. Ich singe unheimlich gern und hätte das auch gerne bei Versengold weiter vertieft. Nun habe ich aber mit Ganaim das perfekte Umfeld um mich auszuleben und weiterzuentwickeln, was mir gut tut.

Ihr habt einige Songs selbst geschrieben und gleichzeitig ein paar Traditionals wie „Are You Sleeping, Maggie“ oder „I’ll Tell Me Ma“ neu interpretiert. Insgesamt mischt ihr Tanzbares mit teils melancholischen Balladen. Ist das generell der Ganaim-Stil oder mehr eine Momentaufnahme?
Unser Fokus liegt aktuell ganz klar auf dem Arrangieren traditioneller Stücke. Wir schreiben neue Melodien nur im kleinen Rahmen, um Teile zu verbinden oder zu untermalen. Dass wir mit „Ceol ón Mhuileann“ so einen melancholischen Hang entwickeln, haben wir erst gemerkt, als wir schon mitten drin steckten. Wir mögen auch die fröhlichen oder schwungvollen Stücke, unser neues Bühnenprogramm belegt das eindrucksvoll, finde ich.

Welches Stück liegt dir besonders am Herzen und warum?
Ui, das ist schwierig. Das war vorhin nämlich kein PR-Gefasel, dass es eigentlich ein komplettes Album von Herzblut ist. Einen rauspicken? Ne, tut mir leid. Ich muss solange nachdenken, dass es bereits falsch scheint zu antworten.

2551_600Wie geht ihr mit Kritik um? Allgemein: Wie wichtig sind für euch Reviews? Lest ihr eure Kritiken und wie steht ihr zu der Kritik eines Redakteurs?
Also, ich kriege sowas immer nur zufällig in die Hände. Wenn ich gezielt etwas suche, finde ich nichts. Komisch, oder? Bin ich zu dämlich?
Ich freue mich im Großen und Ganzen über jede Kritik, die konstruktiv ist. Wie jeder schaffende Künstler oder allgemein ein Mensch, der sich was vorgenommen hat. Im Sonderfall Ganaim stehe ich so persönlich und unmittelbar hinter den Werken, dass ich auch viel Ablehnung ertragen kann, weil ich mir meiner Sache so sicher bin.
Wenn jemand mit dieser Musik nichts anfangen kann, ist das für mich überhaupt kein Problem. Mir ist klar, dass wir mit dem Folk sowieso schon in einer eher engen Nische positioniert sind.

Gibst es etwas an „Ceol ón Mhuileann“, mit dem du nicht 100% zufrieden bist?
Die Produktionsplanung ging leider etwas über Kopf, weil ein wichtiger Toningenieur spontan krank geworden ist. Daraus folgten dann eine komplizierte Neuplanung, unnötig hohe Kosten und vor allem Zeitdruck. Aber wir haben die richtigen Entscheidungen getroffen und den Veröffentlichungstermin einfach nach hinten auf Februar verschoben.
Ansonsten bin ich sehr glücklich und höre das Album bis heute wie gesagt sehr viel selber, was echt ungewöhnlich für mich ist. Ich hätte gerne noch mehr Gastmusiker realisiert, weil ich den Austausch mit Kollegen total liebe. Mehr von Zornys beeindruckender Gitarrenkunst wäre ein Fest gewesen, aber das Thema haben wir ja nun im Griff als Trio. Und dann wünsche ich mir, dass Saskia ein ganzes Stück singt.

Wie ist es für dich persönlich, mit deiner besseren Hälfte zusammen Musik zu machen und auf Tour zu sein – besonders im Vergleich zum jahrelangen „Bühnenfeeling“ mit Versengold?
Meinst Du nun Zorny oder Saskia?
Wir sind als Trio aktuell ganz wundervoll tiefenentspannt. Das genieße ich sehr. Ganaim ist für mich zur Hälfte Band, zur Hälfte Therapie.

Wie läuft das Songwriting und Komponieren bei euch dreien ab?
Wir treffen uns, jeder bringt seine Ideen mit. Das Wundervolle: Wir haben einen erstaunlich ähnlichen Geschmack. In rund 90% der Fälle läuft es so, dass einer von uns etwas spielt, und zwei direkt grinsen: „Boah, spiel nochmal!“ Dann folgt eine Mischung aus Spielen, Umbauen und Optionen probieren. Am Ende nehmen wir dann auf und haben eine Art Zwischenstand, einen Rohling. Beim nächsten Mal hat dann jemand die zündende Idee dabei und im Anschluss geht es durch mehrere Iterationen des Feinschliffs. Innerhalb dieses letzten Prozesses nutzen wir gerne auch Bühnen und probieren aus, wie die Stücke beim Publikum ankommen und nehmen auch diese Impulse mit.

Könntet ihr euch auch deutsche Stücke von Ganaim vorstellen, entweder eigene oder Interpretationen von traditionellem Liedgut?
Ich mag Grenzüberschreitungen. Und auch deutsche Musik. Das ist gar nicht auszuschließen.

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Live tretet ihr im Trio mit eurem Gitarristen Zorny auf. Davon abgesehen: Mit wem würdet ihr besonders gerne einmal zusammenarbeiten und warum?
Zorny ist mittlerweile festes Mitglied bei uns, was uns wirklich sehr froh macht. Ganaim wächst als Trio zusammen und wir haben damit ein ganz besonderes Potential, weil wir durchaus drei Spezialisten mit ganz unterschiedlichen Fähigkeiten an Bord haben. Die Summe macht’s!
Für das nächste Album habe ich schon tolle Musiker auf dem Zettel, bei denen es aus Zeitgründen bei „Ceol ón Mhuileann“ nicht mehr klappen konnte. Zum Beispiel den vielseitigen Albi von Fiddler’s Green und meinen langjährigen Freund William von Rapalje.

Ihr tourt nun schon öfters mit Fiddler’s Green unplugged. Wie kam es dazu und was erwartet ihr von euren ersten Clubshows als Toursupport?
In erster Linie freuen wir uns irre auf die Shows, die Party mit dem Publikum. Dann sind die Kollegen von Fiddlers einfach super sympathische Leute, es macht total Spaß mit denen unterwegs zu sein. Wie es dazu kaum? Ich fragte, wie gesagt, den Albi für ein Duett auf „Ceol ón Mhuileann“ an. Das klappte dann nicht, stattdessen die Live-Termine. Erst Shamrock-Castle-Festival, dann die Club-Gigs. Leider konnten wir die Touren nicht komplett zusagen, weil mein Kalender so massiv mit Versengold gefüllt ist. Aber letztes Jahr waren es immerhin sechs Shows, und dieselbe Zahl packen wir 2016 ebenfalls gemeinsam.

Spielt ihr lieber in Clubs oder auf Open-Air-Bühnen?
Schwere Frage, hat beides so spezielle Vorteile. Clubs sind oft leichter in den Griff zu kriegen, man kann die Energie leichter auf das Publikum übertragen. Wenn dann so ein Laden brennt, dann ist das sehr intensiv. Festivals sind herrlich, weil alles weiträumiger ist. Und oft auch viel mehr Leute als bei Clubshows.

Habt ihr irgendwelche Zeremonien vor einem Liveauftritt?
Cider.

Wie schwer fällt dir dein Zeitmanagement mit einem relativen intensiven Projekt wie Versengold und nun zusätzlich Ganaim? Ist deine „Doppelfunktion“ auf Dauer überhaupt möglich?
Ja, kann man so machen. Aber auch nur, wenn man sehr ambitionierter Berufsmucker ist. Und weil es eine klare Prio-Absprache gibt. Das ist der Grund, warum Ganaim zwar stetig, aber nur so langsam wächst. Für mich aber am Ende des Tages ok so. Ich freue mich, beides zu haben und es ergänzt sich für mich prima.

Vielen Dank für eure Zeit und Antworten – zum Abschluss ein kurzes Brainstorming:
Bass und Schlagzeug bei Versengold: Zwei coole neue Kollegen!
Mein lustigstes Markterlebnis: Auf dem Klo sitzen und eigenes Intro von der Bühne hören.
Welches Traditional ich nicht mehr hören kann: „Drunken Sailor“ und alles wo ein Dudelsack genutzt wird.
Knasterbart: Gesundheit!
Festival Mediaval: Spitzen Laden, wann buchen die Ganaim mal wieder?
Spotify: Primark für Musiker. Die Ärzte machen’s richtig!
Metal1.info: Geile Meile!

Gibt es noch etwas, das du an dieser Stelle ganz dringend loswerden möchtest?
Ich sage einfach mal ganz artig DANKE für das Interview. Und auch besten Dank an alle, die das Ganaim-Album zu Hause haben. Alle anderen: Wir sehen uns dieses Jahr live, hört da ganz dringend rein!

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