Für modernen Post-Rock scheint es kaum Ballungszentren zu geben, denn Bands, die sich dieser Spielart verschrieben haben, findet man über den ganzen Erdball verteilt. Der neueste Post-Rock-Export aus Australien nennt sich STARE AT THE CLOUDS, das Debüt des Quintetts trägt den Titel „This Clear Divide“ und es handelt sich dabei um ein Konzeptalbum. Ausgehend von dem kalten, wenig einladenden und doch schönen Album-Cover könnte man „This Clear Divide“ für eine vorhersehbare, genretypische Platte halten. Aber kann man dieses sprichwörtliche Buch wirklich nach seinem Einband beurteilen?
Die sanften Post-Rock-Gitarren im Intro scheinen dies zu bejahen, doch nach dem fließenden Übergang zu „The Falling“ wird man sogleich eines Besseren belehrt. STARE AT THE CLOUDS belassen es nämlich nicht einfach bei luftig-leichten Clean-Gitarren (die man natürlich trotzdem immer wieder antrifft), sondern überraschen in der Rhythmusfraktion mit ungeahnter Härte, ohne dabei jedoch in Extreme-Metal-Gefilde vorzudringen. Dieses Alleinstellungsmerkmal ist jedoch gleichermaßen erfreulich wie enttäuschend. Zwar ist die Gitarrenarbeit variabel genug, um nicht zur stumpfen Djent-Prügelei zu verkommen, aber doch zu grobschlächtig, um mit den anderen Instrumenten und dem Gesang richtig zu harmonieren.
Das ist umso ärgerlicher, da die Instrumente für sich genommen durchaus gut eingesetzt werden, so wie zum Beispiel die sanften, hellen Melodien im instrumentalen Zwischenspiel „Dead Letters“, die coolen Leads im abschließenden „Cutting The Ties“ oder die schrägen Drum-Beats im bereits erwähnten Opener „The Falling“. Doch das Zusammenspiel lässt schlichtweg zu wünschen übrig, was sich unter anderem auch dahingehend negativ auswirkt, dass nur wenige Passagen der Tracks ins Ohr gehen, obwohl die Musik beim Hören weitaus öfter gefällt.
Einen kleineren Kritikpunkt stellen die Vocals dar. STARE AT THE CLOUDS beschränken sich auf eher hohen Klargesang, nicht unähnlich dem von Ne Obliviscaris, allerdings weniger emotional. Schlecht ist der Gesang auch hier nicht, in „Concurrent Abreaction I: Presage (The Hunter)“ (das mit achteinhalb Minuten nicht nur bezüglich des Titels der längste Track ist) und in „Concurrent Abreaction III: The Outside“ trägt er sogar maßgeblich zur mysteriösen Atmosphäre bei. Ansonsten sind die Vocals aber leider oftmals nichtssagend und wenig ausdrucksstark.
Nach ungefähr einer Dreiviertelstunde ist der Spuk vorbei. Man blickt gewiss nicht mit Reue auf diese Zeit zurück, aber es bleibt doch der leicht bittere Nachgeschmack verschenkten Potentials. STARE AT THE CLOUDS haben mit ihrem Erstling bewiesen, dass sie eine eigene musikalische Identität haben, nun müssen sie noch daran arbeiten, diese stimmiger umzusetzen, um insgesamt einen besseren Eindruck zu hinterlassen. Ein Antesten bei „This Clear Divide“ und einem etwaigen nächsten (hoffentlich besseren) Album kann jedenfalls nicht schaden.
Wertung: 6.5 / 10