Konzertbericht: Maybeshewill w/ Waking Aida, Michael Zimmel

23.03.2016 Salzburg, Rockhouse Bar

maybeshewill-logo

Zum ganz großen Durchbruch hat es bei MAYBESHEWILL vielleicht nicht gereicht – doch trotzdem hat sich die Band aus Leicester definitiv ihren Platz in der europäischen Post-Rock-Szene erspielt. Nun, da nach elf Jahren Bestehen das Ende der Band ausgemachte Sache ist, führt MAYBESHEWILL ihre Abschiedstour dementsprechend nicht in die großen Hallen Europas – lockt dafür aber eine treue Fanschar an, um ein letztes Mal mit dem Quintett Post-Rock in Reinstkultur zu feiern.

Zunächst jedoch betritt um 20 Uhr MICHAEL ZIMMEL nur mit seiner Gitarre bewaffnet die Bühne. Sein Konzept: Zu rhythmischer und musikalischer Untermalung vom Band liefert er heftige Riffs im Stile von Amenra und rhythmische Spielereien à la Liturgy. Das ist prinzipiell nicht schlecht, weist in der Umsetzung, gerade live, allerdings noch Probleme auf: Um die beiden Stile gelungen zu kombinieren und auch allein so mitreißen zu können wie Hunter Hunt-Hendrix von Liturgy, der ebenfalls lange alleine aufgetreten ist, ist der Sound aus der Konserve schlicht zu schwammig, das Songwriting nicht ausgefeilt und das Gitarrenspiel nicht versiert genug. Dass MICHAEL ZIMMEL selbst dabei vollkommen in der Musik gefangen ist und diese mit all seiner Energie und Leidenschaft darbietet, ist beeindruckend – da er allerdings teilweise nur einen Akkord pro Song spielt, wirkt die Darbietung insgesamt doch arg verschroben. [BL]

Waking Aida 01

Das sieht bei WAKING AIDA aus Southhampton, die die Bühne im Anschluss entern, anders aus: Perfekt aufeinander eingespielt, vor allem aber musikalisch extrem abwechslungsreich, liefert die Truppe eine Show, die alte Trademarks gekonnt und neu einsetzt – und sei es ein Kinder-Glockenspiel im schicken türkis-blauen Plastikkoffer, das gelungen in den Sound eingearbeitet wird. Doch nicht nur die vielseitige Musik, auch die energiegeladene, dynamische Show macht Spaß und tut gerade nach dem statischen Auftritt des Openers gut: Während dieser schon bei nur 20 Minuten Spielzeit einige Längen hatte, sucht man solche hier in der doppelten Zeit vergeblich. So ist es fast schade, dass WAKING AIDA die Bühne nach knapp einer Dreiviertelstunde wieder verlassen: Davon hätte man gerne mehr gehört. Das sieht das Publikum nicht anders – dass es bislang erst eine eher überschaubare Fanschar in der Rockhouse Bar geschafft hat, ist zwar schade, tut der Stimmung vor und auf der Bühne jedoch keinen Abbruch. [MG]

Maybeshewill 01

Nach sehr laut gespielter House-Musik betreten schließlich um kurz vor 22 Uhr MAYBESHEWILL die Bühne und steigen mit „Opening“ ohne großes Tamtam direkt in ihr Set ein. Der Sound in der Rockhouse Bar ist druckvoll, wenn auch die Synthietöne, die unbestreitbar eine wichtige Rolle in der Musik der sechs Musiker aus Leicester einnehmen, sehr prominent zu hören sind. Wie schon Waking Aida haben auch MAYBESHEWILL sichtlich Spaß und das Publikum, das jetzt dicht gedrängt vor der Bühne steht, jubelt in den Pausen zwischen den Liedern so laut, dass man kaum glauben mag, dass heute höchstens 80 Fans den Weg in die Rockhouse Bar gefunden haben. Vielleicht ist es das, was MAYBESHEWILL so beeindruckt – Gitarrist John Helps bezeichnet die Show in einer seiner wenigen Ansagen als größte positive Überraschung der ganzen Tour. Auch sonst lassen die sympathischen Ansagen keinerlei Wehmut erkennen und angesichts des Jubels und Zuspruch im verträumt tanzenden Publikum ist es kaum zu glauben, dass MAYBESHEWILL noch nie in Salzburg gespielt haben. Das zumindest macht die Band heute wett: Wie bei einer Abschiedstour nicht anders zu erwarten, spielen sich auch MAYBESHEWILL im Laufe des Abends durch ein Best-Of-Set ihrer vier Alben, wobei „I Was Here For A Moment, Then I Was Gone“ mit sechs Stücken am stärksten vertreten ist.

Maybeshewill_Fair YouthAuch wenn sich die einzelnen Songs strukturell sehr gleichen und gelegentlich ein wenig Redundanz aufzukommen droht, schafft es die Band aus Leicester doch genau in diesen kurzen Momenten immer wieder, einen absolut mitreißenden, wunderschönen Melodiepart oder einen treibenden und leidenschaftlichen Ryhthmus- sowie Dynamikwechsel einzubauen. Langeweile? Fehlanzeige! Im Verlauf des Sets steigt so die Spielfreude und die Begeisterung im Publikum immer mehr an, bis „To The Skies From A Hillside“ und „Not For Want Of Trying“ zu wahren Triumphmärschen werden. Dass MAYBESHEWILL nach einer kurzen Verabschiedung für zwei weitere Songs auf die Bühne kommen, ist am heutigen Abend Ehrensache, bevor die Show mit dem größten Hit der Band, „He Films The Clouds, Pt. 2“, dessen Vocal-Sample von allen Anwesenden laut mitgesungen wird, hein hochgradig emotionales Ende findet. Ein letztes Mal verbeugen sich die nun doch etwas wehmütig lächelnden Musiker und mischen sich unter das Publikum.

  1. Opening
  2. Take This To Heart
  3. Co-Conspirators
  4. Red Paper Lanterns
  5. All Things Transient
  6. In Another Life, When We Are Both Cats
  7. Accolades
  8. In Amber
  9. Sanctuary
  10. Critical Distance
  11. In The Blind
  12. To The Skies From A Hillside
  13. Not For Want Of Trying
  14. ———–

  15. Seraphim & Cherubim
  16. He Films The Clouds, Pt. 2

Obwohl WAKING AIDA die verspielte, quirlige Seite des Genres gekonnt abdecken und sich mit MICHAEL ZIMMEL die Post-Metal-Jugend in Stellung bringt, gibt es weder im Vor- noch im Nachhinein Zweifel daran, wer heute im Mittelpunkt steht: MAYBESHEWILL, mit denen sich nun eine weitere großartige Liveband aus dem Post-Rock-Sektor verabschiedet: Die Jungs aus Leicester haben in ihren elf Jahren Existenz das traditionelle Laut-Leise-Wechselspiel des Post Rock auf Platte wie auch live, wo sie heute wie eh und je mit viel Spielfreude und Dynamik überzeugen, nahezu perfektioniert. Alles Gute, MAYBESHEWILL, es war immer wunderschön mit euch. [BL]

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