Interview mit Lota Red

Nach einer zehnjährigen Pause meldeten sich LOTA RED 2015 mit ihrem aktuellen Album „The Green Memphis“ zurück. Trotz einer Krankheitsphase hat sich die Band zusammengesetzt und sich unseren Fragen zum Album, der Rockabilly-Szene in Berlin und der Zusammenarbeit mit Wolverine Records gestellt. Außerdem erzählen sie eine Anekdote von einem Aufeinandertreffen mit Sascha von The BossHoss.

Lota Red LogoSeit Juli 2015 ist euer aktuelles Album „The Green Memphis“ erhältlich. Wie ist der Titel entstanden und welche Bedeutung steht eventuell dahinter?
Es ist eine Scheibe, bei der man eindeutig die Handschrift der Band erkennt. Neu ist vielleicht, dass wir bei der Produktion sehr sorgfältig vorgegangen sind und versucht haben, eine tragfähige Mischung aus modernem und Vintage-Equipment zu finden. Die Platte klingt daher sehr direkt und unverbastelt, ein wirklich geglücktes Produkt. Der Titel bezieht sich auf „Die blaue Mauritius“ und somit darauf, wie wir diese Scheibe gerne wahrgenommen sehen würden: Als etwas Seltenes und Wertvolles, das in einer großen Tradition steht, die in diesem Fall in Tennessee ihren Anfang nahm.

Wie zufrieden seid ihr bisher mit den ersten Reaktionen von Fans und Presse auf die neuen Songs?
Sehr zufrieden. Es gab ausnahmslos positive Resonanzen.

Zwischen dem Release von „The Vintage Tapes“ und der aktuellen Platte sind zehn Jahre vergangen. Welche Gründe gibt es für diese lange Arbeitsphase?
Gut Ding will Weile haben. Manches braucht eben etwas länger.

The Green Memphis“ ist beim Duisburger Label Wolverine Records erschienen. Wie kam diese Zusammenarbeit zustande?
Wir hatten mit Sascha von Wolverine schon 2005 eine Zusammenarbeit auf seinem Label Frankie Boy Records. Das ganze nannte sich „Swingabilly Chartbusters“ und beinhaltete Swingversionen von Rock Hits. Wir haben damals „Black Hole Sun“ von Soundgarden „verswingt“. Nun ist Swing ja bekanntermaßen nicht wirklich unsere Abteilung, aber die Coverversion ist wirklich gut geworden und es hat echt Spaß gemacht. Daraus wuchs der Gedanke mit Sascha auf seinem Hauptlabel Wolverine mal was eigenes zu machen. OK, hat halt 10 Jahre gedauert …

Lota Red - The Green MemphisAuf dem Artwork des Albums ist eine Briefmarke mit eurem Bandnamen, dem Zusatz 15 Songs und das obere Ende eines Kontrabass zu sehen. Wer hatte die Idee für das Motiv? Würdet ihr wirklich gerne auf einer Briefmarke verewigen?
Die Idee kam eigentlich von Jake. Der erste Entwurf des Albums beinhaltete nur das obere Ende des Kontrabasses auf grünem Hintergrund, sah aber irgendwie aus wie ein Album aus der jazzigen 50s-Blue-Note-Reihe. Das gefiel uns irgendwie nicht und so transportierte Jake das Motiv auf eine Briefmarke. Ungewöhnlich, aber gut. Hans Doppler hat dann das Artwork komplett übernommen und das Ergebnis war dann „The Green Memphis“.

Wer ist bei euch zuständig für das Songwriting und die Texte? Gibt es einen Hauptarbeiter oder entsteht alles im Kollektiv?
Songwriting gemeinschaftlich von Jake, Ron, Marc und Sandy. Texte ausschließlich von Jake. Kein anderer hat einen derartig kreativen Output für abstrakte Inhalte.

LOTA RED existieren ja mittlerweile seit 1987. Würdet ihr euch im Bereich des Rockabilly mit Country-Einflüssen in Deutschland als Vorreiter bezeichnen?
Wir haben vor ca. 12 Jahren Sascha von The BossHoss vor unserem damaligen Übungsraum in Kreuzberg getroffen. Seine damalige Band Hot Boogie Chillun hatte sich gerade getrennt und er sagte: „Ich mache jetzt mal was ganz Neues … so ein Rock-Rockabilly-Country-Ding.“ OK, dachten wir – ist so neu nicht, machen wir schon seit Jahren. Ehrlich gesagt haben wir nicht geglaubt, dass sich das im großen Stil durchsetzen wird. Nun ja, bei The BossHoss hat es jedenfalls funktioniert. Um eure Frage mal zu beantworten: Ja, wir sehen uns in Deutschland in gewisser Weise als Vorreiter.

Wie oft probt ihr nach 29 Jahren noch zusammen?
Wöchentlich.

Mit dem Aufkommen von Plattformen wie Myspace oder Soundcloud drängen ja zusehends mehr aufstrebende Bands in die Öffentlichkeit. Würdet ihr behaupten, dass es im Musikgeschäft der heutigen Zeit immer schwerer wird zu bestehen?
Durch das breite Online-Angebot ist alles sehr unübersichtlich geworden. Klicks und Downloads erreichst du mittlerweile fast nur noch über geschicktes virales Marketing. Das braucht Budgets und mächtige Label. Aber Wolverine ist ein alteingesessenes Label und verfügt über funktionierende Kontakte und Strukturen in die Musikindustrie. Neulich bekamen wir von Sascha Flyer per Post zugeschickt. Wie früher … auslegen und Kontakte schaffen, so ganz analog und offline.
Lota RedDa ihr ja schon „alte Hasen“ seid, habt ihr eventuell einen Tipp für junge Musiker, die ihr Glück versuchen möchten?
Die Hoffnung stirbt zuletzt!

Was hat euch in jungen Jahren zur Musik gebracht? Welche Musiker oder Bands waren Vorbilder für euch? Welche Musikrichtungen bevorzugt ihr privat?
In jungen Jahren? Die Leidenschaft zur Musik und der Wille selbst Musik machen zu wollen. Bei den Vorbildern gibt es die üblichen Verdächtigen: Stray Cats, Polecats, Johnny Cash, Sex Pistols, Ramones, Motörhead … und hey, David Bowie. So bunt gemischt wie unsere musikalischen Vorbilder sind auch unsere privaten Musikinteressen. Alles dabei.

Wie aktiv ist die Rockabilly-Szene in Berlin aktuell? Gibt es dort Hotspots für die Szene, die ja doch eher ein Nischendasein fristet?
Die Szene hat sich stark verändert. Tja, wir leben halt nicht mehr in den 80er und 90er Jahren. Viel können wir dazu nicht sagen, da wir fast nur noch die größeren Gigs und Festivals vor „gemischtem“ Publikum spielen.

Kann man für das Jahr 2016 mit einer Tour oder Liveauftritten rechnen? Wenn ja, wohin führen euch die geplanten Konzerte?
Eine Tour durch Finnland ist in Planung, Deutschland vorraussichtlich ab Herbst.

Lota Red - Close To The SunIn eurer Karriere habt ihr sicherlich schon viele Gigs bestritten. Welches lustige oder peinliche Erlebnis ist euch dabei besonders im Gedächtnis geblieben?
Spontan fallen uns da das Stagediving von Jake im SO36 in Berlin ein. Der legendäre „Sprung ins Leere“. OK, es war zu dunkel. Sehr beeindruckend auch Sandys Sturz vom Bass im Tempodrom mangels bühnentauglichem Schuhwerk.

Marc wird auf eurer Homepage als „Mr. 100 Guitars“ vorgestellt. Besitzt er wirklich so viele Gitarren oder was hat es damit auf sich?
Wo habt Ihr das denn her? Das ist ja wirklich uralt. Tatsächlich hat Marc viele Gitarren. Wieviel, darüber spricht er nicht so gern. Ist aber wohl zweistellig.

Die letzten Worte gehören euch – gibt es noch etwas, was ihr unseren Lesern mitteilen möchtet?
Take care and keep rockin‘ …

Ok, dann danke ich euch an dieser Stelle nochmals. Wenn ihr nichts dagegen habt, würde ich das Interview an dieser Stelle gern mit dem traditionellen Metal1.info-Brainstorming beenden. Was fällt euch spontan zu folgenden Begriffen ein:
The Baseballs: Haben wir in Finnland auf dem Helsinki International Airport getroffen. Nette junge Menschen.
Frauke Petry: No politics, no religion, only Rock’n’Roll!
Karneval/Fasching: Da, wo es passt.
Sun Records: Ist bekannt.
Grease: Sandys Lieblingsfilm
Currywurst: Curry36 in Berlin-Kreuzberg!

Publiziert am von Christian Denner

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