Immer kurz vor dem absoluten Durchbruch: Die EDITORS aus Birminghan spielen seit nunmehr 13 Jahren ganz oben mit im (Indie-)Rock-Zirkus und konnten im Lauf ihrer Karriere ihre Mischung aus Indie, Post Punk und der ganz großen Gesten nahezu perfektionieren. Insofern ist es auch nicht überraschend, dass ihnen mit ihrem neuen Album „In Dream“ ein weiterer (Chart-)Erfolg gelungen ist. Ebenso wenig überraschend ist es, dass bei ihrem Tourstop in München die TonHalle quasi bis auf den letzten Platz gefüllt ist – bei einem gesalzenen Preis von 43€ an der Abendkasse keine Selbstverständlichkeit.
Bereits zehn Minuten vor angekündigtem Beginn um 20 Uhr betreten THE TWILIGHT SAD aus Glasgow die Bühne, eine Band, die mit ihrer Mischung aus Shoegaze, Post Punk und Post Rock wie die Faust aufs Auge als Opener für den heutigen Abend passt. Der Konzertbeginn gerät dann allerdings ein wenig holprig, da der Synthesizer seinen Dienst noch nicht ganz verrichten will und das Intro von „There’s A Girl In The Corner“ mit Twang-Gitarre und Schlagzeug somit deutlich länger dauert. Diese kleine Panne wird von Fronter James Graham allerdings schnell vergessen gemacht. Das Publikum frisst der Band quasi aus der Hand, was neben dem druckvollen und klaren Sound sicherlich auch an James‘ extravaganten Tanzeinlagen liegt, die im krassen Kontrast zur statischen Darbietung seiner Bandkollegen sowie im Widerspruch zur durchgehend gleich bleibenden rot-blauen Bühnenbeleuchtung stehen. Nach jedem Song bejubelt das Publikum THE TWILIGHT SAD lauter, mit jeder Minute zuckt James ekstatischer über die Bühne und bedankt sich schließlich nach 40 Minuten mit seinem sympathischen schottischen Akzent. Der Dank liegt aber dem Jubel und Applaus nach zu urteilen ganz beim heutigen Publikum.
- There’s A Girl In The Corner
- Last January
- I Became A Prostitute
- It Never Was The Same
- Nil
- Cold Days From The Birdhouse
- And She Would Darken The Memory
Nach einer halben Stunde ist es soweit und mit „No Harm“ vom neuen Album betreten die EDITORS unter lautem Jubel die Halle. Während die restlichen Bandmitglieder ausnahmslos schwarz gekleidet sind, steht Frontmann Tom Smith im weißen Hemd auf der Bühne und gibt von der ersten Sekunde an den Rockstar, der mit dem Publikum flirtet, dramatische Gesten wagt und mit seinem großen Stimmvolumen begeistern kann. Die ersten dreißig Minuten wechselt die Band zwischen neuen und alten Songs hin und her und spielt in einem Maße souverän und präzise zusammen, dass es nahezu an Perfektion grenzt. Zwar erhalten die alten Songs deutlich mehr Jubel, aber auch die Stücke vom neuen Album „In Dream“ erhalten mehr als nur Höflichkeitsapplaus. Für große Ansagen ist die Band nicht zu haben und liefert so ein musikalisches Dauerfeuer ab – was auch ein Problem darstellt: So großartig die Songs der EDITORS sind, gleichen sie sich auf die Dauer eines gesamten Konzerts teilweise doch zu stark. Dem Publikum ist das allerdings egal, auch wenn es selten zu Mitsing-Passagen kommt.
Mit „Formaldehyde“ und „Eat Raw Meat = Blood Drool“ finden sich recht früh im Set zwei absolute Hits wieder, bevor Tom Smith alleine eine Akustikversion von „Smokers Outside The Hospital Doors“ abliefert. Dass das offizielle Set in München nach knapp 80 Minuten obligatorisch mit „Munich“ abgeschlossen wird, was erneut großen Jubel hervorruft, versteht sich von selbst. Schließlich kommen die fünf Jungs aus Birmingham noch einmal für eine Zugabe zurück, in der „Papillon“ zum großen Triumph gerät, und die gesamte TonHalle – endlich möchte man sagen – zum springen und lautem Mitsingen animiert. Dass der Song mit einem langen Outro versehen wird, ist dabei Ehrensache. Unverständlicherweise legen die EDITORS nach diesem eigentlich perfekten Finale mit „Marching Orders“ noch einen Song drauf, der zwar auch absolut überzeugend dargeboten wird, allerdings eher belanglos ausplätschert und somit der eigentlich erreichten Klimax ein wenig die Spannung nimmt. Dennoch ist nach einer Stunde und 45 Minuten niemand in der TonHalle enttäuscht, auch wenn es noch einige vereinzelte Rufe nach einer weiteren Zugabe gibt.
- No Harm
- Sugar
- Life Is A Fear
- Blood
- An End Has A Start
- Forgiveness
- All Sparks
- Eat Raw Meat = Blood Drool
- The Racing Rats
- Formaldehyde
- Salvation
- Fingers In The Factories
- A Ton Of Love
- Smokers Outside The Hospital Doors (Akustisch)
- Bricks And Mortar
- All The Kings
- Nothing
- Munich
- Ocean Of Night
- Papillon
- Marching Order
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FAZIT: THE TWILIGHT SAD konnten die Abend absolut mitreißend und begeisternd eröffnen und neben ihrer bereits existierenden Anhängerschaft, die deutlich hörbar in der Halle vertreten war, auch neue Fans dazu gewinnen. Die EDITORS lieferten eine Lehrstunde in Sachen souveräner Rockshow ab, die weniger durch Emotionalität als viel mehr durch eine Betonung des Wortes „Show“ sowie musikalische Souveränität bestimmt war. Einige Songs weniger hätten allerdings gut getan, gleichen sich einige Nummern doch ein wenig zu stark. Alles in allem stellt sich die Frage, ob eine derartig für die ganz großen Bühnen gemachte Band den Sprung auf eben jene in Deutschland endlich noch schaffen wird – zu gönnen wäre es den EDITORS auf jeden Fall.
War gestern in München auf dem Konzert, die Editors waren wirklich perfekt. Auch von der Setlist hat für Fans nix gefehlt, allerdings war der PA Sound grandios schlecht. Zwar laut, aber verzerrt. Stimme klang auf der Anlage zuweilen topfig im Mix, die Gitarren oft schrill undefinierter Soundbrei. In leisen Passagen gings…Im Prinzip wohl der Sound Klassiker: Zu schwache Endstufen zu laut aufgedreht, und schon verzerren die besten Speaker, weil ihnen der Saft fehlt. Als Bonbon dann den Sound nicht auf die Hallen Akustik richtig abgestimmt. Schade schade bei solch einer Top Band…Vom Sound waren um mich herum einige genervt …In Hamburg soll’s wohl ähnlich gewesen sein wie man hört….
Hey Frank,
fandest du? Zugegeben, die Höhen waren oft sehr durchdringend, aber ich fand es wirklich gar nicht verwaschen, sondern ganz im Gegenteil eigentlich recht knackig und druckvoll. Wo standest du denn? Ich war links neben dem Mischpult und hatte dort wirklich keine Beschwerden.
Hallo Bernhard, also ich stand in der Mitte an der Absperrung vorm Mischpult, weil zumindest dort der Sound in der Regel ok ist. Ein Freund von mir ging bald weiter nach hinten, weil der vom Sound genervt war. Ich selbst blieb dort bis zum Schluß, da ich schon bei der Vorband gemerkt hatte, dass es hinten zwar nicht mehr so schrill, aber auch nicht wirklich besser klingt…Es stimmt, dass es druckvoll war, keine Frage. Durchdringende Höhen trifft’s auch auf den Punkt, gerade bei Passagen, wo alle spielten. Das ist allerdings per se doch kein Widerspruch zu meinen Äußerungen,. Man konnte gerade dann eben keine Details mehr raushören, auch der Tiefbass war dann unten wie weggesaugt….Diese beschriebenen Effekte sind nicht die Schuld eines unbegabten Mischers, sondern das beschriebene technische Problem. Lautsprecher können bei zu geringem Impulsleistung der Endstufen das Signal nicht mehr genau abbilden = Verzerrung….Vielleicht kennst du das, wenn im Konzert die Lautstärke nach ner Zeit nochmals angehoben wird und aus vollem lauten Sound ein unangenehmes Mitten-Sägen (= durchdringende Höhen) wird? Bei der letzten Tour war übrigens der Sound in der Tonhalle viel besser
Hallo Frank,
wir waren in Offenbach am 10. November. Deinem Kommentar ist nichts hinzuzufügen. Full Ack.
Wie war denn die Stimmung in München? Ich fand sie in Offenbach eher verhalten.
Kai.
Hallo Kai, also in München sind die Leute in Konzerten eigentlich immer eher recht entspannt . Das große exzentrische Geschiebe und Gedränge ist da eher weniger. Bei diesem Konzert hatte ich den Eindruck, dass alle gebannt auf die Bühne blickten und somit nach außen erstmal zurückhaltender wirkten, doch nach den Songs gab’s immer großen Jubel. Das steigerte sich auch mit jedem Song. Die Performance der Band war auch für uns Musiker im Publikum erstaunlich gut, der Sänger gab alles und sang von Anfang bis Ende einfach top! Die Band hatte super Timing. Ich hab um mich geblickt und die Leute waren durchweg begeistert, hatten dann auch nach Animierungen durch Bassisten und dem Keyboarder/Gitarristen auch immer öfter die Hände oben. Der Applaus war dann später auch wirklich als „tosend“ zu bezeichnen. Die Band selbst schien ebenso immer mit ganzem Herzen bei der Sache zu sein…Wie gesagt, schade nur, dass alle 9 Freunde und Bekannte, darunter Musiker, ein Musik Journalist und ganz normale Typen, die jetzt keine Sound Spezialisten sind, allesamt mit dem Sound unzufrieden waren…
Hallo Frank, ich denke, wenn man ein Konzert mit „No Harm“ anfängt, dann kommt eine Halle dabei Prinzip-bedingt eher schwerer zum Kochen als vielleicht mit einem Stück wie „Munich“. Handwerklich waren die Editors ohne Frage top, aber wir hatten das Gefühl, das war für die ein ganz normaler Tag im Büro – in einem 9-to-5-job. Vielleicht lags daran, dass der Gitarrist nicht da war, wobei der Ersatzmann super gespielt hat. Die Stimmung wurde besonders durch die Gitarren-Stücke mit der Zeit besser, wobei mit „Raw Meat“ aber sichergestellt wurde, dass sich die Stimmung zwischendurch auch wieder abkühlt. Es gab natürlich den „harten Kern“ an Fans, deren Arme nach den ersten Klassikern immer oben waren, wenn sie sollten. Aber das waren vielleicht 25, maximal 30% des Publikums. Ein begeistertes (dabei gerne auch entspanntes) Publikum sah für mich immer anders aus.
Tja das war dann wohl etwas anders in München. Die Bandmitglieder hatten immer wieder Freude im Gesicht, der eingesprungene Gitarist links schaute hingegen meistens konzentriert auf sein Pedalboard. Nach 9-5 sahs echt nicht aus…Schau doch mal auf You Tube, da haben bestimmt schon ein paar Leute ihre Smartphone Videos drinstehen, evtl bekommst du dann einen besseren Vergleich…