So wie alle Aspekte der Popkultur ist auch die Musiklandschaft von stetig wechselnden Trends gezeichnet. Die Jungs von ABIGAIL WILLIAMS scheint das jedoch nicht im Geringsten zu kümmern. So haben sie im Verlauf von drei Studioalben nicht nur die Metalcore-Stilmittel der ersten EP „Legend“ und die symphonischen Elemente des Debüts „In The Shadow Of A Thousand Suns“, sondern auch die moderne Produktion zugunsten eines rohen Post-Black-Metal-Sounds aufgegeben. „The Accuser“ führt eigentlich zum ersten Mal in der Bandgeschichte größtenteils den Stil des Vorgängeralbums fort.
Genau das ist jedoch leider das Problem. Spielte man früher noch zeitgemäßen, technisch einwandfreien, wenn auch wenig aufsehenerregenden Black Metal, scheint man nun endgültig im schlecht produzierten Post-Black-Metal angekommen zu sein. Mag sein, dass viele die Low-Fi-Rauheit früher Schwarzmetall-Klassiker als atmosphärisch betrachten, aber was ABIGAIL WILLIAMS hier auf die Hörerschaft loslassen, ist alles andere als stimmungsvoll. Die hohen Screams, die für sich genommen schon nicht allzu gut klingen, werden durch die Produktion bis zur Unkenntlichkeit verzerrt. Besonders schlimm hört sich das am Ende von „Godhead“ an, bei dem der gutturale Gesang in ein unsägliches Gerülpse ausartet.
Die Gitarren klingen verwaschen, rauschen an den Ohren vorbei und hinterlassen oft nur Gleichgültigkeit. Dabei sind die Riffs an sich überhaupt nicht schlecht, im bereits erwähnten „Godhead“ erzeugen sie vor dem inneren Auge Bilder eines herannahenden Sturms mit all seiner Wucht, wohingegen die melodischeren Stellen in „The Cold Lines“ und „Will, Wish And Desire“ für eine willkommene Abwechslung sorgen. Die meiste Zeit über handelt es sich jedoch um gesichtsloses Tremolo-Picking, außerdem wird an mehreren Stellen der Übergang zwischen den Songs durch schmerzhaft-dissonante Töne entstellt.
Auch das viele Geblaste ändert nichts daran, dass „The Accuser“ ein irrsinnig anstrengendes Album ist. Am meisten irritiert jedoch das abschließende „Nuummite“, denn plötzlich ist der Sound klarer und die bisherige Black-Metal-Raserei wird von sanften, Ambient-mäßigen Post-Rock-Klängen abgelöst. Und so lassen ABIGAIL WILLIAMS uns mit einem großen Fragezeichen über dem Kopf zurück. Wozu die absichtlich miese Produktion und dann ein so plötzlicher Stilbruch?
Was auch immer die Antwort auf diese Frage ist, im Endeffekt bleibt „The Accuser“ eine Platte, an der es leider Vieles zu kritisieren gibt. Wer die auf dem Vorgänger „Becoming“ eingeschlagene Marschroute mochte, die Songs darauf aber etwas zu ausschweifend und stellenweise zu ruhig fand, könnte mit den nunmehr kompakteren, brachialeren Songs seine Freude haben, ansonsten sind jedoch die früheren Werke von ABIGAIL WILLIAMS eher zu empfehlen.
Wertung: 4 / 10