Review Boysetsfire – Boysetsfire

Wenn Bands sich nach einer Trennung entschließen, wieder gemeinsam Musik zu machen, dann klingt das oft nach Ausverkauf, meistens ist nach einem Comeback-Album direkt wieder Schluss, und wenn nicht, dann verschwinden diese Gruppen mit ihren Folgealben meistens in der Bedeutungslosigkeit – ganz zu schweigen davon, dass sie in einem neuen musikalischen Umfeld oft wie aus der Zeit gefallen klingen. BOYSETSFIRE bilden hier in mehrfacher Hinsicht eine Ausnahme: Kaum eine Band stellt so sehr das Gegenteil von Ausverkauf dar wie der Sechser aus Delaware, ihr Comeback-Album „While A Nation Sleeps…“ war mindestens genauso großartig wie alle ihrer vor der temporären Trennung erschienenen Tonträger, mit ihrem eigenen Festival „Family First“ haben sie im Sommer 2015 unter Beweis gestellt, dass sie in Deutschland so aktuell und erfolgreich wie noch nie sind und auf ihrem im Herbst desselben Jahres erscheinenden, selbstbetitelten Album klingen BOYSETSFIRE so frisch, direkt und unverbraucht wie lange nicht mehr und fügen sich – trotz weniger Überraschungen – hervorragend in die aktuelle Musiklandschaft ein.

Während sich „While A Nation Sleeps…“ noch durch Aggression, Wut und unfassbar treibende Energie auszeichnete, präsentieren sich BOYSETSFIRE auf „Boysetsfire“ als eine melodischere und selbstbewusstere, optimistischere und auf jeden Fall mit sich selbst zufriedene Band. Das Sample zu Beginn des Openers „Savage Blood“ zeigt die Marschrichtung an, der sich BOYSETSFIRE 2015 verschrieben haben: „Just sit down and play some fucking music!“ Neben diesem packenden Post-Hardcore-Opener weisen auch die beiden Highlights des Albums in Form von „Cutting Room Floor“ und „One Match“ unwiderstehliche Melodien, mitreißende Wucht und die immer noch so sehnsüchtige und leidenschaftliche Stimme von Nathan Gray auf, der hier nicht klingt wie ein Mittvierziger mit diversen Nebenprojekten, sondern wie der Sänger einer aufstrebenden Hardcore-Band in seinen frühen 20ern. Gleichzeitig könnten diese beiden Songs kaum unterschiedlicher sein: ein Paradebeispiel für einen schwermütigen und sehnsüchtigen Post-Hardcore-Song auf der einen Seite, ein unglaublich eingängiges, sonniges und vom Poppunk inspiriertes Meisterwerk (inklusive Gangshouts) auf der anderen Seite.

Auch dazwischen reiht sich ein packender Song an den nächsten, wobei sich poppige Momente mit härteren Klängen die Klinke in die Hand geben. So trifft zum Beispiel das sehnsüchtige „Ordinary Lives“ auf die wütende Neuaufnahme des Hardcoresongs „Bled Dry“, das heftige „Coward“ wird konterkariert vom leidenschaftlichen „Fall From Grace“ und das nachdenkliche „Torches To Paradise“ wird vom verzweifelten „Breathe In, Bleed Out“ abgelöst. Zwar bieten sich auf „Boysetsfire“ nur wenige Überraschungen und manche Momente, wie beispielsweise der doch etwas zu einfach geratene Punkrock von „Heaven Knows“, wirken leider sehr austauschbar. Dieses Manko können die sechs Jungs allerdings durch ihr unfassbares Melodiegespür immer wieder zu großen Teilen ausgleichen. So oder so: BOYSETSFIRE klingen mindestens so stark wie vor ihrer kurzen Trennung und beweisen mit ihrem selbstbetitelten Album, dass sie der jüngeren Konkurrenz stets einen Schritt voraus sind und ihre Musik auch 2015 nichts an Aktualität verloren hat.

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Wertung: 8 / 10

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