Konzertbericht: Sepultura w/ Death Angel, Dust Bolt & Kryptos

23.07.2015 München, Backstage Werk (Free & Easy Festival)

Neben dem Tollwood und dem Oben Ohne Open Air hat sich das Free & Easy im Münchner Backstage in den letzten 20 Jahren zu dem Münchner Gratis-Musik-Event entwickelt: Über zwei Wochen hinweg ist der Eintritt zu allen Shows im Backstage gratis – darunter auch Auftritte von Genregrößen wie SEPULTURA, welche bereits zum Stammgast auf dem Festival geworden sind. Kein Wunder also, dass die Brasilianer auch mit ihrer Jubiläumstour zum 30jährigen Bandbestehen auf dem Münchner Gratis-Festival einkehren.

Sepultura-30th-anniversary-tour

Obligatorisch wie die SEPULTURA-Show auf dem Free & Easy ist auch der enorme Publikumsandrang – lange Schlangen bis weit vor das Backstage-Gelände und Einlass-Stops sind da unvermeidlich. Dass am Ende nicht alle Fans Zutritt zum Werk erhalten, mag für Ärger sorgen, ist aus Organisatoren-Sicht allerdings vollkommen nachvollziehbar: Auch mit striktem Einlass-Limit ist das Werk mehr als gut gefüllt – eine Überfüllung, wie man sie in der Vergangenheit bisweilen auf dem Free & Easy miterleben musste, bleibt jedoch zum Glück aus, so dass zumindest, wer es in die Halle geschafft hat, halbwegs normale Konzertbedinungen vorfindet.

Abnormal ist allenfalls die Hitze in der Halle: Bereits bei der zweiten Band des Abends, DUST BOLT, die im Anschluss an die extra aus Indien eingeflogenen KRYPTOS auf die Bretter dürfen, gleicht die Atmosphäre im Werk der in einem Garkochtopf. Weder DUST BOLT noch ihre Fans lassen sich davon jedoch aufhalten: Mit ihrem geradlinigen Death Metal der alten Schule können die nicht mehr ganz neuen Newcomer auch heute punkten.

death-angelDeath-Angel-01Vom Publikum mit größerer Spannung erwartet werden jedoch die Bay-Area-Thrasher DEATH ANGEL aus San Francisco. Kein Wunder, erfüllen DEATH ANGEL doch alle Erwartungen, die man an eine Thrash-Band hat, perfekt: Als Typen ursympathisch, legt das Quintett musikalisch eine astreine Show aufs Parkett: Die Präzision, mit der hier die Gitarren- und die Rhythmus-Fraktion inenandergreifen, sucht seit jeher ihresgleichen – und auch heute spielen Lead-Gitarrist Rob Cavestany und seine Mitstreiter ihr Songmaterial mit einer atemberaubenden Kombination aus Lässigkeit und musikalischer Perfektion. Gepaart mit dem schon den gesamten Abend extrem gut ausgepegelten Sound ergibt sich so ein Auftritt, der seinesgleichen sucht.

  1. Left For Dead
  2. Son Of The Morning
  3. Claws In So Deep
  4. Fallen
  5. Buried Alive
  6. Mistress Of Pain
  7. Succubus
  8. Execution – Don’t Save Me
  9. Truce
  10. 3rd Floor
  11. Seemingly Endless Time
  12. The Dream Calls For Blood
  13. Caster Of Shame
  14. Bored
  15. Voracious Souls
  16. The Ultra Violence Intro / Thrown To The Wolves

sepultura 30

Als um 22:30 also SEPULTURA mit ihrer Show beginnen, ist die Menge mehr als nur auf Betriebstemperatur: Nicht nur die Stimmung in der Halle kocht. Bereits zu den ersten Klängen des Openers „The Vatican“ wird der erste Moshpit gestartet. Der Opener wird für den Abend die einzige Nummer vom aktuellen Album mit dem nur geringfügig sperrigen Titel „The Mediator Between Head And Hands Must Be The Heart“ bleiben – SEPULTURA feiern nämlich ihr 30jähriges Bestehen.

Sepultura-04Man kann dem Ausschlachten dieses Jubiläums im Kontext der Bandgeschichte durchaus kritisch gegenüberstehen, da die Band, die heute auf der Bühne steht, aus Sicht vieler Fans nach ihrer Seele Max (1996) im Jahr 2006 auch noch ihr Herz (Igor Cavalera) verloren hat und den Ruf als beste SEPULTURA-Coverband nach Soulfly wohl nie mehr ganz los werden wird. Wer sich daran jedoch nicht stört, bekommt mit der zum Jubiläum erstellten Setlist die absolute SEPULTURA-Vollbedienung: Von den blutigen Anfängen, „Schizophrenia“ (mit „From The Past Comes The Storms“) und „Bestial Devastation“ (mit gleichnamigem Song), bis hin zum aktuellen Album sind nahezu alle Alben mit mindestens einem Song vertreten – Ausnahmen bilden einzig „A-Lex“ und „Nation“. Mit „Sepultura Under My Skin“ präsentieren Greene und Konsorten zudem einen neuen Song, welcher im Kontext der Jubiläumsfeierlichkeiten zu Ehren der Fans geschrieben und als EP mit einem Cover aus Fan-Tattoos veröffentlicht wurde.

Sepultura-01Dass man in Anbetracht dieses Hit-Feuerwerkes ausrasten kann, steht außer Frage – ob man deswegen gleich an die Decke zu gehen braucht, auf einem anderen Blatt. Ein Fan ist davon scheinbar felsenfest überzeugt – und überrascht durch einen Bowlder-Ausflug quer durchs Werk – an den Dachträgern und Lüftungsrohren. Durch einen gewagten Sprung ins Publikum wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen, wird der Fan zwar von den Securitys hinausgeleitet – den Szenenapplaus der gesamten Halle kann ihm das jedoch nicht nehmen. Die mitreißende Darbietung der Brasilianer verkommt allerdings nur kurz zur Nebensache – schon der Zugabenblock lässt mit der Kombination aus „Bestial Devastation“, „Primitive Future“, „Biotech Is Godzilla“, „Ratamahatta“ und dem finalen „Roots Bloody Roots“ die Herzen jedes Oldschool-Fans, der der Band die Besetzungswechsel verzeihen konnte, wieder höher schlagen.

    The Vatican (Intro)

  1. Kairos
  2. Propaganda
  3. Inner Self
  4. Dead Embryonic Cells
  5. Convicted in Life
  6. Choke
  7. Cut-Throat
  8. Apes Of God
  9. Sepultura Under My Skin
  10. From The Past Comes The Storms
  11. Polícia (Titãs-Cover)
  12. Orgasmatron (Motörhead-Cover)
  13. Territory
  14. Arise
  15. Refuse/Resist

  16. The Curse (Intro)

  17. Bestial Devastation
  18. Primitive Future
  19. Biotech Is Godzilla
  20. Ratamahatta
  21. Roots Bloody Roots

Sepultura-02Sepultura können sich heute glücklich schätzen, keinen klassischen (Bay-Area-)Thrash zu spielen und so nicht direkt mit DEATH ANGEL in Konkurrenz treten zu müssen – der Tagessieg wäre sonst eine ganz enge Kiste geworden. So jedoch bleibt der Abend schlichtweg als extrem energetisches Thrash-Fest in Erinnerung, das nur Gewinner kennt: Vier Bands, vor allem aber alle Fans, die diese Shows genießen durften. Großes Kino!

Ein großes Lob gebührt allerdings auch dem Backstage, das durch das Free & Easy solche Abende erst möglich macht – und zumindest den Fans, die sich früh genug auf den Weg ins Backstage machen können, für umsonst große Konzerterlebnisse beschert. Dass sich dabei mit der Größe des jeweiligen Acts auch der Andrang erhöht, und am Ende des Tages vielleicht nicht jeder Fan in die Halle gelassen werden kann, ist zwar schade, aber unvermeidbar – aus feuerpolizeilicher Sicht, aber auch, um den Fans in der Halle eine angenehme Konzertatmosphäre bieten zu können.

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