Eigentlich eine feine Sache für Freunde von Rhapsody: Seit sich Luca Turilli und Alex Staropoli freundschaftlich trennten, gibt es schließlich zwei Varianten des italienischen Hollywood-Cinematic-Metals. Sicherlich unterscheiden sich beide Formationen, aber wem die Vorgängerband gefiel, hat wohl auch Spaß an den Nachfolgeprojekten. Jetzt ist Luca Turilli wieder dran, unter LUCA TURILLI´S RHAPSODY legt er den zweiten Longplayer vor.
„Prometheus, Symphonia Ignis Divinus“ (zu Deutsch etwa: Prometheus, Symphonie des göttlichen Feuers) lautet der bedeutungsschwangere Titel und wie der Name es vermuten lässt, sind Musik und Konzept eine anspruchsvolle Angelegenheit. Dabei beschränkt sich Luca nicht auf die Sage des Helden, der den Göttern das Feuer stahl, sondern lotet die Möglichkeiten, die sich aus den Geschichten um historische Persönlichkeiten und legendäre Mythen bieten, voll aus.
So behandelt er unter anderem den Rosenkreuzorden, lässt sich von der Offenbarung des Johannes inspirieren oder greift auf Weltliteratur („Der Herr der Ringe“) zurück. Das passt schon einmal, denn Musik, die sich jenseits von Konformitäten bewegt, braucht einfach auch Wörter, die sich aus mehr als nur Klischees ergeben.
Zugegeben, „Prometheus, Symphonia Ignis Divinus“ stellt den Hörer zunächst einmal vor ein hartes Stück Arbeit. Die elf Songs dauern fast 70 Minuten und auch wenn der Rausschmeißer „Of Michael The Archangel And Lucifers Fall Part Ii: Codex Nemesis“ alleine 18 Minuten einnimmt, erkennt man rasch die opulente Spielzeit der einzelnen Nummern. Dies lässt Raum für verschachtelte, komplexe Songstrukturen, die es zunächst schwer machen, das wahre Niveau zu erfassen. LUCA TURILLI´S RHAPSODY haben sich auf dem Debüt schon wenig überraschend progressiv gezeigt, diese Platte führt das gnadenlos weiter. Immer wieder wird der opulenten Orchestrierung viel Raum oder sogar die komplette Federführung eingeräumt. Für den Hörer heißt das: volle Konzentration. Sonst entgehen ihm viele kleine, aber sehr feine Ideen und Melodien, die sich in dem mächtigen Bombast verbergen. Wobei man sicher nicht zu hart kritisiert, wenn man die Meinung vertritt, dass es an der einen oder anderen Stelle auch ruhig etwas weniger hätte sein dürfen.
In ein ähnliches Horn stößt die Basisarbeit, also die klassische Bandbesetzung. Die beiden Gitarristen Turilli und Leurquin fiedeln sich teilweise extravagant durch das Programm, ständig bauen sie Melodien, Übergänge und Soli ein. Diese zeugen einerseits von enormer Spieltechnik und Phantasie im Songwriting. Andererseits wird „Prometheus, Symphonia Ignis Divinus“ dadurch noch schwieriger zu konsumieren. Daran ändert der angesichts der überaus dichten Musik sehr gute Sound auch nicht viel, dank der Arbeit des Produzententeams (Produzieren, Mischen, Mastern) geht aber auch wenig verloren.
Zu guter Letzt leistet Sänger Alessandro Conti Schwerstarbeit. Gegen den ganzen Bombast anzusingen und dabei auch noch eine gute Figur zu machen, kann nicht einfach gewesen sein. Umso mehr muss man den charismatischen Frontmann für sein Agieren loben, denn obwohl die Musik die Platte schon in fast jedem Winkel ausfüllt, bleibt Conti ein wesentliches Aushängeschild von LUCA TURILLI´S RHAPSODY. Dabei verschafft er sich nicht nur Platz, sondern drückt mit der einen oder anderen Ohrwurmmelodie „Prometheus, Symphonia Ignis Divinus“ noch einen zusätzlichen Stempel auf.
„Prometheus, Symphonia Ignis Divinus“ ist wie ein Marathonlauf: anstrengend, aber erfüllend. Zumindest zu Beginn sollte der Hörer nicht zu viele Dinge nebenher tun, sonst läuft er Gefahr, eine starke Platte vorschnell als langweilig, weil unzugänglich abzustempeln. Bleibt er jedoch dran, dann erschließt sich nach und nach die Qualität, die man LUCA TURILLI´S RHAPSODY schließlich auch zutraut. An der einen oder anderen Stelle übertreiben es die Italiener und so schleicht sich manche Länge ein, unter dem Strich überzeugt die Platte aber auf ganzer Linie.
Wertung: 8 / 10
Dass der Albumtitel in etwa „Prometheus, Symphonie des göttlichen Feuers“ lauten soll, ist auch meine Vermutung, aber das haut grammatikalisch nicht hin, denn dann müsste es „divini“ (Genitiv) heißen, wohingegen „divinus“ Nominativ ist. Da „ignis“ sowohl Nominativ als auch Genitiv sein kann, wäre „divinus“ durchaus korrekt, allerdings macht das dann nicht so viel Sinn: „Prometheus, Symphonie göttliches Feuer“.
da hast du leider in allen Punkten recht. Wie so oft im Metal erleben wir auch hier wieder eine Vergewaltigung dieser scheinbar auch von vielen Musikern als „schön“ angesehenen Sprache – warum sie sich dann jedoch nicht die Zeit nehmen, eine kompetente Person zu Rate zu ziehen, bevor sie grammatikalischen Unsinn auf ihre Alben pressen, hat sich mir noch nie erschlossen.