Review Saille – Eldritch

Belgien ist mit wenigen Ausnahmen bislang nicht als Geburtsort für (symphonischen) Black Metal bekannt. Ob SAILLE, die mit „Eldritch“ nun ihr drittes Werk vorlegen, daran viel ändern werden, sei mal dahingestellt, ein ambitioniertes Album ist aber allemal dabei herausgekommen. Der Name ist (wie die Musik auch) wenig belgisch, es handelt sich dabei um einen Begriff aus der altirischen Ogham-Schrift und bedeutet Trauerweide.

Traurig ist die Musik des Sextetts aber wahrlich nicht, jedenfalls muss der Hörer kein Trauerspiel befürchten. Dafür sollte er die Bereitschaft mitbringen, um sich mit der Platte etwas zu beschäftigen. Stattliche 55 Minuten weisen die neun Songs auf und alleine daraus lässt sich eine gewisse Progressivität in den Strukturen bereits ablesen. Und so zockt man sich durch die Nummern, als netten Kontrapunkt zu den anspruchsvollen Arrangements verirren sich wenigstens ab und zu eingängige Melodien.
Dabei ist die Vielfalt vor allem in der Tempo-Wahl beeindruckend. Viele Bands schießen sich wie ein Langstreckenläufer auf eine Grundgeschwindigkeit ein und verlassen diese maximal für Zwischenspurts oder Gehpausen. SAILLE decken das Spektrum nahezu in jedem Song ab, einem akustischen Teil folgt nicht selten eine heftige Blast-Beat-Attacke, dennoch gelangt man fast spielerisch leicht wieder einen symphonischen Marsch oder ein schleppend bis treibendes Stampfen.
Vielfältig ist im Übrigen auch die Auswahl der beteiligten Instrumente. Sind echte Streicher keine Seltenheit mehr, findet man Blasinstrumente wie die Trompete oder die Oboe bestenfalls als Konservenware. Es ehrt die Band zweifellos, aber im gleichen Atemzug muss man zugeben, dass Instrumente aus dem Computer heutzutage kaum noch weniger „echt“ klingen als im Original.
Erwähnung hat in jedem Fall Frontmann Dennie Grondelaers verdient. Zwar setzt er in aller Regel auf harsche Vocals und besonders beim fiesen Keifen stellt er sich dabei auch sehr gut an. Aber passend zum variablen Songwriting scheut er sich nicht vor klarem Gesang. Warum auch, denn auch darin liegen seine Stärken.
Leider übertreiben es die Mannen aus Flandern mit Blick auf die komplette Spielzeit hier und da ein wenig. Die stärksten Keyboardeinsätze müssen vielleicht nicht unbedingt noch über die härtesten Schlagzeugparts gepackt werden, dazu noch das zugegeben ziemlich filigrane Saitenspiel und mächtige Vocals, das wird etwas zu viel. So wird aus Forderung des Hörers rasch eine Überforderung. Das Resultat könnte die subjektive Einschätzung untermauern, dass „Eldritch“ nach hinten heraus ein wenig die Luft ausgeht, außer „Dagon“, welches noch einmal ein Hinhörer ist, siedeln sich die bestens Songs samt und sonders in der ersten halben Stunde an.

Und mit den Anspieltipps wären wir auch schon beim Fazit. Der Opener „Emerald“ zeigt im Kleinen alles auf, was die Platte wie oben beschrieben ausmacht. „The Great God Pan“ überzeugt mit epischer Wucht, „Cold War“ präsentiert die Belgier sehr abwechslungsreich mit massiven Keyboardwänden einerseits und zackigem Riffing andererseits. Wer Zeit mitbringt, harte und zarte Klänge gleichermaßen zu schätzen weiß und nicht auf große Namen angewiesen ist, wird mit „Eldritch“ sicher glücklich werden, trotzdem werden SAILLE mit diesem Album Belgien nicht zu dem Anlaufpunkt für Metalfreunde weltweit machen.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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