Es ist wieder soweit: Bereits zum vierten Mal lädt das MONSTER BASH Freunde von Punkrock, Hardcore und Post-Hardcore ein, einen Tag lang geballt ihre Lieblingsmusik abzufeiern. Während die ersten zwei Ausgaben des Festivals ausschließlich in Berlin stattfanden, wurde das Festival letztes Jahr auch in den Süden der Republik exportiert. 2014 wird das Festival nun ausschließlich in der bayrischen Landeshauptstadt ausgerichtet und geizt (einmal mehr) nicht mit Highlights. Nicht eingeschlossen: das Wetter. War es letztes Jahr warm und sonnig, sodass der große Bereich zwischen Zenith und Kesselhaus stark frequentiert wurde, ist es dieses Jahr lausig kalt, regnerisch und einfach nur eklig. Umso besser allerdings für die Bands, gilt der Satz „Ich sitze lieber in der Sonne“ doch heute somit nicht als Ausrede.
Während es letztes Jahr zu Beginn des Festivals noch sehr leer war, was sicherlich auch damit zu erklären ist, dass letztes Jahr ein Werktag als Veranstaltungstag diente, ist am heutigen Samstag zu Beginn des Openers RED CITY RADIO schon eine ansehnliche Menge Menschen im Zenith versammelt, die die Band lautstark bejubelt, mitsingt und so ein Lächeln auf das Gesicht der vier Musiker zaubert. Insgesamt wirkt die Band auf der Bühne des Zenith vor allem zu diesem frühen Zeitpunkt schon beinahe verheizt – andererseits kann ein Konzerttag auch kaum besser beginnen.
Die darauf folgenden BAYSIDE können sich über ein vollgepacktes Kesselhaus freuen, bieten allerdings wenig Mitreißendes und wirken vor allem im Vergleich zu Red City Radio etwas zu glatt und brav. THE LAWRENCE ARMS können im Zenith schließlich zwar mit etwas mehr Härte, allerdings auch ähnlich unspektakulär nicht wirklich begeistern. Dem größten Teil des Publikums ist das egal, und wie es sich gehört, werden beide Bands angemessen beklatscht – der Zusammenhalt der Szene ist an diesem Tag definitiv spürbar.
Im Kesselhaus steht anschließend ein weiteres Highlight des noch frühen Tages an: THE MENZINGERS präsentieren ihr neues Album „Rented World“, streuen aber auch alte Songs in ihr Set ein. Der Opener „I Don’t Want To Be An Asshole Anymore“ sorgt für den ersten wirklichen Mosh Pit des Tages und generell kann der kantige Poppunk der Band als voller Erfolg gewertet werden. Nicht zuletzt aufgrund der vielen mitsingenden Menschen und der deutlich sichtbaren Fanbase der Band wird klar, dass es heute eigentlich keine „schlechten“ oder „zu frühen“ Slots gibt.
In der Zwischenzeit wurde auch die dritte Bühne eröffnet, welche als kleiner Bereich links auf der großen Bühne im Zenith aufgebaut ist und so für Überschneidungen mit den Bands im Kesselhaus sorgt – allerdings haben auch kleinere Bands somit die Chance, vor einem großen Publikum zu spielen.
Beim nächsten Act auf der großen Seite der Bühne ist das auf 2/3 seiner Länge abgehängt Zenith erneut stark gefüllt, was in Anbetracht des Legendenstatus‘ der Band auch angebracht ist: Die Altmeister des Deutschpunk, SLIME, geben sich die Ehre. In schwarze Hemden und schwarze Hosen gekleidet eröffnet die Band mit „A.C.A.B.“ und „Legal, Illegal, Scheißegal“ das Set, was schnell zu einem wilden Pogosumpf sowie fliegenden Bierbechern führt. Die neuen Songs, welche nur einen kleinen Teil des Sets einnehmen, fügen sich gut in den Gesamtsound ein, es sind aber vor allem die alten Hits wie „Störtebecker“ und vor allem „Deutschland muss sterben“ die für großen Jubel sorgen. Dass der Inhalt der teils 30 Jahre alten Songs teilweise im krassen Kontrast zu den Menschen auf der Bühne und ihrem Auftreten stehen: Geschenkt, weiß der Auftritt doch absolut mitzureißen.
Im Anschluss daran machen sich die Schweden ATLAS LOSING GRIP im Kesselhaus daran, ihre klassische Variante des US-Punk zu präsentieren und überführen die Energie von Slime problemlos einmal über den Hof vom Zenith ins Kesselhaus. Der Sänger der Band ist dabei leicht erkältet, was ihn allerdings nicht davon abhält für gewaltig Stimmung zu sorgen und somit ohne eine großartige Lichtshow oder Derartiges ein mitreißendes Konzert anzuführen und das Publikum zur Bewegung anzustiften.
Im Zenith wird der Legendenabend kurz darauf weitergeführt und die Emopioniere ALKALINE TRIO sorgen für lautes Mitsingen und ein begeistertes Publikum. Wie die Band es schafft, lediglich zu dritt einen derartigen Druck zu erzeugen, ist schlichtweg beeindruckend. Explizit muss an dieser Stelle auch der Sound im Zenith erwähnt werden, der an anderen Tagen häufig extrem blechern und drucklos klingt – heute, vor allem bei ALKALINE TRIO, ist der Sound sicherlich ein Teil der großartigen Konzerterfahrungen.
Die anschließende Essenspause bringt den ersten Kritikpunkt hervor: Für die Anzahl des Publikums sind vier Essensstände vor allem in Anbetracht der fehlenden Möglichkeiten, sich vor dem Regen zu schützen, entschieden zu gering kalkuliert – so schaffen wir es erst zur Hälfte des Auftritts der Hardcore-Heroen MADBALL wieder ins Zenith. Was die Band hier gerade abfackelt, ist allerdings schlichtweg beeindruckend: Aggressiv, melodisch, Breakdowns, straighte Parts, absolut überzeugend miteinander verwoben und mit einer absolut beeindruckenden Bühnenpräsenz versehen, sorgen dafür, dass auch Zweifler dieser straighten Spielart Hardcore begeistert mitfeiern.
Direkt im Anschluss zeigen I AM THE AVALANCHE auf der kleinen Bühne im Zenith, dass sie auch live voll überzeugen können. Schneller und aggressiver als auf Platte halten die Jungs eine beachtliche Menge Zuschauer vor der Bühne – hinter ihnen sind auch die Musiker der nach ihnen auftretenden Boysetsfire zu sehen.
Deren Soundcheck wird am Gesang von einem kleinen Jungen mit lauten „Hallo!“-Rufen durchgeführt, was das Publikum mit einem antwortenden „Hallo!“ gerne beantwortet und so dem kleinen Jungen einen unvergesslichen Moment schenkt. BOYSETSFIRE sorgen mit ihrer Show schließlich für das Highlight des Abends. Von der ersten Sekunde an dreht das Publikum vollkommen durch, das Zenith verwandelt sich schnell in einen einzigen Pulk aus feiernden und mitsingenden Menschen. Dass „My Life In The Knife Trade“ bereits als dritter Song erklingt, ist erstaunlich, dass aber daran anschließend kein einziger schlechter Song gespielt wird, spricht für die Qualität der Band. Sänger Nathan weist schließlich darauf hin, dass sein Grinsen an Tagen wie solchen schon beinahe wehtut, und bedankt sich überschwänglich für die Aufmerksamkeit, die seine Band immer noch erhält. Nach dem Rausschmeißer „Empires“ sind auf jeden Fall alle Anwesenden nassgeschwitzt und glücklich.
Für wirkliche Pausen ist allerdings keine Zeit, spielt doch im Kesselhaus JELLO BIAFRA & THE GUANTANAMO SCHOOL OF MEDICINE. Den ehemaligen Frontmann der Dead Kennedys will sich kaum jemand entgehen lassen – allerdings wirkt dessen heutiger Auftritt wie aus der Zeit gefallen. Sicher, einige Hardcore-Hardcore-Fans bejubeln die lebende Legende, die heute zwischen eigenen Songs und Dead-Kennedys-Klassikern hin und herspringt, dazwischen aber vor allem mit schier endlosen politischen Monologen aufwartet. Prinzipiell eine gute Sache – aus diesem Auftritt und vor allem nach den ultrastarken Boysetsfire allerdings eher schwach.
Daran anschließend nehmen IGNITE aus Orange County mit ihrem melodischen Hardcore das Zenith auseinander – wer mit der Musik der Band nicht sonderlich vertraut ist, könnte ohne Blick auf die Bühne auch Rise Against, den Headliner des letzten Jahres, erwarten, stehen die beiden Bands sich musikalisch hinsichtlich ihrer Qualität in Nichts nach. Dass die Band direkt mit dem Hit „Bleeding“ in ihr Set einsteigt, ist auf jeden Fall ein Statement. Für ähnlich viel Jubel wie die Musik der Band sorgt die Ansage von Sänger Zoli Téglás, dass sie nach diesen Konzerten direkt ins Studio gehen werden, um endlich ihr neues Album aufzunehmen, von dem die Fans auch einige Kostproben bekommen.
Nachdem BLACKOUT PROBLEMS, welche im Vorfeld des Monster Bash einen Wettbewerb gewannen und so ihren Platz im Line-Up ergattern konnten, den Abend auf der dritten Bühne abgeschlossen haben, ist es schließlich soweit und NOFX machen sich vor einem randvollen Zenith daran, einen würdigen Schlusspunkt unter diesen tollen Tag zu setzen. Wer die Band schon einmal gesehen hat, weiß, was er bekommt: lustige, häufig beleidigende Ansagen, teilweise etwas schluderig gespielte Musik – und eine der größten Skatepunklegenden, die es gibt. Das Publikum ist von Beginn an dabei und feiert alle Songs quer durch die Diskographie ab – wobei besonders der ewige Klassiker „Kill All The White Men“ zum Schluss noch einmal alle Register zieht.
Und so ist ein weiterer großartiger, extrem kurzweiliger Punkrocktag um kurz nach Mitternacht auch schon wieder vorbei. Das Line-Up des heutigen Tages konnte alles einhalten, was es im Vorhinein versprochen hat, der breiten Masse weniger bekannte Bands wie Red City Radio und The Menzingers konnten genauso gut unterhalten, wie es große Namen wie Boysetsfire oder Ignite konnten und einer Neuauflage im nächsten Jahr steht nichts im Wege – vielleicht dann auch wieder mit der Musik besser zu Gesicht stehendem Sonnenschein.