Immer mehr Bands versuchen sich zurzeit an immer extravaganteren Crossovern, um irgendwie Aufmerksamkeit zu erregen und zwanghaft einen eigenen Sound zu etablieren. Und bei SATAN’S HOST haben wir es nun mit Power Black Metal zu tun. Dass ich das noch erleben darf.
Was erwartet uns also? Doublebass-Attacken mit Keyboard-Fanfaren? Brutale Schlagzeug-Eskapaden mit poppig-melodischen Chören? Das kann jedenfalls gepflegt nach hinten losgehen…
SATAN’S HOST versuchen zum Glück aber nicht mal, beide Genres gleichberechtigt zu vereinen, sondern spielen eigentlich überwiegend reinen Power Metal. Allerdings merkt man durchaus, dass das Songwriting von Black Metal inspiriert ist. Die oben erwähnten Doublebass-Einsätze bleiben zwar ebenso aus wie die kitschigen Keyboard-Fanfaren, aber immer wieder gesellen sich schwarze Growls zum klaren Gesang und extrem aggressive Drums machen auf sich aufmerksam. Das Endprodukt ist unter dem Strich zwar immer noch Power Metal, aber mit einer düsteren, brutalen Ausstrahlung, wie ich sie in diesem Maße noch nie in dem Genre gehört habe.
Das Album wird von dem fast schon doomigen „Cor Malefecus – Heart of Evil“ eröffnet, dass schaurig gequält die Tore in die Reiche Satans öffnet. Der Track ist schon sehr gut geschrieben, bereitet einen aber in keinster Weise auf das darauf folgende „Island Of The Giant Ants“ vor, dass mit Abstand das beste Lied der Platte darstellt. Mit hypnotischer Intensität baut sich der Song langsam auf und endet in einem Schlagzeug-Gemetzel, über dem schmerzerfüllt die kreischende Stimme von Sänger Harry Conklin schwebt, der immer wieder den Refrain „Island Of The Gigant Ants!“ skandiert. Diese Worte brennen sich einem derart ins Gehirn, dass sie auch noch Tage später aus dem Unterbewusstsein gekrochen kommen. Gänsehaut pur. Diese Genialität erreichen SATAN’S HOST auf „Virgin Sails“ nie wieder, aber die letzte Minute von „Island Of The Giant Ants“ zählt meiner Meinung nach zu den besten Stücken Power-Metal-Musik, die in den vergangenen Jahren auf einen Tonträger gebannt wurden.
Der Rest des Albums hält alle Versprechen, welche die ersten beiden Nummern gemacht haben und bleibt durch die vielen, durcheinander gewürfelten Stileinflüsse auch durchgehend überraschend. Besonders gut lässt sich das an „Dichotomy“ festmachen: Der Song beginnt mit einer melodischeren Strophe, die sich nach Blind Guardian anhört, gipfelt in einem Rainbow-Refrain (in dem sich Harry Conklin irgendwie auch wirklich nach Dio anhört) und mündet dann in einem 2-Minutes-to-Midnight-Riff, für das sich Eddie nicht verstecken müsste. Das Riffing an sich wechselt dabei auf den einzelnen Tracks immer wieder zwischen Black, Melodic und Doom.
Eine Sache verstehe ich allerdings ganz und gar nicht. „Virgin Sails“ ist bereits das achte Studio-Album von SATAN’S HOST. Das Achte! Warum in aller Welt hat dann noch praktisch niemand von dieser wunderbaren Band gehört? Warum kommen sie immer noch nicht über den Status des Underground-Geheimtipps hinaus? Die Antwort liegt höchst wahrscheinlich in der Vermarktung: Satanismus im Power Metal ist marketingtechnisch ungefähr so sinnvoll, wie die Einblendung der Kalorien bei einer McDonalds-Burger-Werbung. Wirklich Schade.
Trotzdem eindeutiges Fazit: Experiment „Power Black Metal“ geglückt. An der Dynamik, Kraft und Innovation von SATAN’S HOST können sich selbst viele große Power-Metal-Bands heutzutage eine ordentliche Scheibe abschneiden. Daher die klare Empfehlung für Genre-Fans: Setzt die jungfräulichen Segel und brecht auf zur Insel der Riesen-Ameisen!
Wertung: 8.5 / 10