Hinter dem exotischen Namen EKTOMORF stehen vier Herrschaften aus Ungarn, die sich seit 1994 einer groovenden Mischung aus Thrash Metal und Hardcore verschrieben haben. Herausragende Merkmale sind neben aggressiv-treibendem Liedgut vor allem die von Leid, Ausgrenzung und Wut handelnden Texte. Durch ihre extreme Liveenergie und das hohe Output an Veröffentlichungen hat die Band es mittlerweile zu weitreichender Bekanntheit in der Szene geschafft. Doch bei einem derart aktiven Treiben kann die Qualität der Alben durchaus leiden, wie der hier thematisierte Longplayer „What Doesn’t Kill Me…“ aus dem Jahre 2009 beweist.
Die ersten drei Songs der Platte, mit klangvollen Titeln wie „Rat War“, „Nothing Left“ und dem titelgebenden Stück „What Doesn’t Kill Me…“, umreißen bereits die zu erwartende musikalische Reise des gesamten Albums: grooveschwangere Riffs, markant-aggressive Shouts, eingängige Mitgrölrefrains und extrem kurze Spielzeiten, die kaum die Dreiminutenmarke überschreiten. Kein Platz für Auflockerung durch längere Soli, Intros oder Outros – stattdessen ein flottes Tempo der Marke „keine Gefangenen“. Das Gaspedal wird aber nie derart durchgedrückt, dass Groove oder Mitgrölfaktor darunter leiden. Fehlende Eignung zur Livedarbietung und reger Publikumsbeteiligung kann man dem Liedgut definitiv nicht vorwerfen. Dass der Hörer nach den ersten drei Liedern getrost wieder aufhören könnte, da man das restliche Album damit quasi bereits gehört hat, schon.
So dümpelt die Scheibe in unaufhaltsamer Eintönigkeit trotz aller gebotenen Aggression vor sich hin, bis einen die ersten Sekunden von „Sick Of It All“ mit ihrer Rapeinlage aus dem Trott herausreißen. Das interessante Feature des Stuck-Mojo- Sängers Lord Nelson kann sowohl in Sachen Flow als auch Kompatibilität zum Bandsound überzeugen und stellt ein Highlight dar. Abwechslung in erwähnenswerter Form bietet „What Doesn’t Kill Me“ leider weder in den 24 Minuten vor „Sick Of It All“ noch in den 15 danach. Das Höchste der Gefühle stellen dabei noch die, an die ethnische Herkunft der Bandmitglieder erinnernden, folkloristischen Gesangssamples und sparsamen Zupfer auf der akustischen Gitarre im Stück „Scream“ dar.
In dessen Zeilen wird auch eine der prägendsten Inspirationsquellen der Texte deutlich: Die Erfahrungen und Leiden des Sängers Zoltán Farkas, welcher den Roma angehörig ist. Entsprechend drehen sich die Texte um Unterdrückung, Leid, Wut und soziale Missstände sowie eine immer wiederkehrende Nicht-aufgeben-sondern-kämpfen-Mentalität. Themen, mit denen sich zweifelsohne viele Menschen in der heutigen Gesellschaft identifizieren können. Wenn jedoch jeder Song die gleichen Bausteine, ein kleines bisschen anders aufgestellt, vorweist, können zwangsweise nur gleich aussehende und wirkende Bauwerke entstehen, die sich nach mehreren Alben einfach abgenutzt haben.
Zugute kommt der Platte aber die druckvolle Produktion. Die Shouts sind klar und deutlich, die Instrumente wirken kraftvoll, jedoch nicht glattpoliert und erzeugen einen dreckig wirkenden Sound, der den Liedern wunderbar zu Gesicht steht. Und auch handwerklich ist den Ungaren per se nichts vorzuwerfen, beherrschen sie ihre Instrumente doch gekonnt und lassen hier und da Hinweise auf gelungenere Werke in Form von Minisoli, herrlichen Basslines oder schicken Melodiebögen durchscheinen.
Einen Preis für Innovation gewinnen die Mannen von EKTOMORF mit diesem Album sicherlich nicht. Zu repetitiv die Texte, zu vorhersehbar und gleichbleibend die Songstrukturen. Wer aber von Bands wie Soulfly, Ill Niño und Sepultura partout nicht genug bekommt und etwas für groovige und gut produzierte Anti-Alles-Kampf-Musik über hat, der wird vermutlich auch mit „What Doesn’t Kill Me…“ kurzweilig glücklich. Gleichwohl sei angemerkt, dass man beispielsweise mit dem Album „Outcast“ aus dem Hause EKTOMORF dieselbe Kost mit wesentlich bekömmlicheren Zutaten serviert bekommt.
Wertung: 4.5 / 10