Dass MANILLA ROAD nie über den Underground hinausgekommen sind, ist eine der vielen Ungerechtigkeiten, mit denen man in dieser Szene leben muss. Dabei sind gerade ihre Alben aus der Mitte der 80er großartige Klassiker des Epic Metals. Die Band fand von 1983 bis 1986 ihren Signature Sound und veröffentlichte mit „Crystal Logic“, „Open The Gates“ und „The Deluge“ Alben, die noch heute als Referenzen gelten dürfen. Das darauf anschließende „Mystification“ von 1987 bedeutete allerdings einen gewissen Wandel, den das jetzt erscheinende Re-Release nur bedingt nachvollziehbar macht – zum Glück, muss man sagen.
Denn als die Band 1986 „Mystification“ aufnahm, folgte sie dem Rat des damaligen Labels und änderte die Arbeitsweise: ein neues Studio und neues Equipment kamen her. Das alles hatte das Ergebnis, dass der Sound sicherlich der schlechteste war, den die Band je produziert hat. Durch den Ärger darüber wurde fast übersehen, dass sie auch stilistisch ein wenig vom Erfolgsrezept der vorigen Alben abgerückt war, gingen MANILLA ROAD auf „Mystification“ doch ein ganzes Stück aggressiver und thrashiger zur Sache („Valley Of Unrest“, „Up From The Crypt“), was beim ersten Hören überrascht, im Nachhinein aber gut passt. Die Fehler in der Produktion wurden schon beim ersten Re-Release von 2000 behoben, und glücklicherweise gilt das auch für die jetzt erscheinende Neuauflage, die das Material zudem zum ersten Mal in der ursprünglich gedachten Reihenfolge präsentiert.
So wird der Blick frei auf eine Band, die sich nicht darauf beschränkt, ihre Erfolgsalben zu wiederholen. Natürlich bleibt die für MANILLA ROAD typische düstere, getragene Grundstimmung genauso wie der Wille, mit den Songs Geschichten zu erzählen (wie sich das für den Epic Metal gehört). Dieses Mal stammt die Inspiration größtenteils von Gedichten des Dichters Edgar Allan Poe. Auch der Gesang von Mark Shelton ist im Jahr 2014 genauso markant, wie er es 1987 war. Auf „Mystification“ erweitert er sein Spektrum sogar in etwas aggressivere bis gehetzt klingende Gesangslinien („Children Of The Night“), ohne seine anderen Varianten aufzugeben, wie die getragenen Vocals auf „Dragon Night“ eindrucksvoll belegen.
Im Ganzen bleibt „Mystification“ dennoch etwas hinter der großen Dreifaltigkeit der MANILLA-ROAD-Alben zurück, wirkt es doch trotz der Variationen manchmal zu eintönig („Spirits Of The Dead“, „Haunted Palace“). Nun sind die drei vorigen Alben eine harte Konkurrenz, gegen die es schwerfällt, zu glänzen. „Mystification“ bleibt trotzdem ein interessantes und gutes Album, das Freunden des Epic Metals, die es zwischendrin auch mal eine Spur härter mögen, definitiv gefallen wird. Menschen, denen die Band neu ist, sollten aber weiterhin mit „Crystal Logic“ anfangen.
Wertung: 7.5 / 10