Nachdem das aktuelle Dornenreich-Album „Freiheit“ vorerst das letzte Werk der Österreicher sein wird, ist es für Fans von emotionalem Gekreisch, anspruchsvoller, deutscher Lyrik und großen Melodien langsam an der Zeit, sich nach Alternativen umzusehen. Die wohl Vielversprechendste kommt dabei aus Deutschland und hört auf den Namen MUNARHEIM.
Die sympathische Truppe aus acht Musikern vermengt den dunklen Black-Metal- und Folk-Sound mit symphonischen Elementen, ja die Kompositionen sollen sogar ohne Bearbeitung von einem Orchester umgesetzt werden können. So etwas schreit zunächst einmal nach einem ordentlichen Maß Skepsis: Heutzutage kommt gefühlt jede zweite Metal-Band mit einem Streicher-Quartett im Schlepptau um die Ecke, was in nicht wenigen Fällen gepflegt nach hinten losgeht. Diese Sorge zeigt sich aber als völlig unbegründet: Der klassische Teil fügt sich bei MUNARHEIM wunderbar in das Gesamtbild ein und lässt ihre Kompositionen ausdrucksstärker und pointierter werden. Die Band selbst legt ausdrücklich Wert darauf, dass ihr „Sound nicht in einem Keyboard-Teppich versinkt“, was mit außergewöhnlicher Dynamik belohnt wird. Man merkt, dass der Songwriter Musikwissenschaften studiert hat.
Auf „Nacht und Stürme werden Licht“ rauscht die Band dabei von einem herausragenden Hit zum nächsten: Mit „Liberté“ erschaffen MUNARHEIM eine Gänsehaut-Hymne, mit „Urkraft“ gelingt ihnen ein vor Energie pulsierender Übersong und „Waldgeflüster“ zieht den Hörer durch eine zum Scheibenschneiden dicke Atmosphäre in seinen Bann. Der einzige Track, der nicht vollkommen überzeugen kann, ist „Sternenwanderer“. Hier versucht sich der Achter an mittelalterlich geprägtem Folk, rutscht dabei aber etwas zu sehr in verträumten Kitsch ab. Dem Gesamteindruck tut das aber keinerlei Abbruch.
Die einzelnen Musiker liefern zudem eine fantastische Performance ab: Mitreisende, melodische Riffs, Keys zum niederknien (wenn sie denn mal zu Einsatz kommen) und die wendige, aber nie überpressente Querflöte treffen auf inbrünstig eingesungenen Vokals. Für meinen Geschmack hätte das Ganze an manchen Stellen noch etwas mehr Reibung haben können, etwas mehr Mut zur Aggression und Disharmonie, aber das ist nur meine subjektive Meinung und ganz und gar kein Vorwurf gegen die Band.
Zugegeben: MUNARHEIM klingen schon verdammt nach Dornenreich, trotz der Klassik-Anleihen. Wenn man das ganze zynisch sehen würde, könnte man behaupten, sie wären lediglich eine kleine Weiterentwicklung der Legenden aus Österreich. Frischer und zeitgenössischer, aber eben doch dasselbe. Bei so einem Songwriting und solch begeisternder Spielfreude scheint mir so ein fruchtloses „Auf-Individualität-Pochen“ aber völlig fehl am Platz. Unabhängig davon, ob sie Dornenreich nun kopieren oder nicht, ihr musikalisches Niveau erreichen sie allemal.
Hachja… Ich hätte sie fast gegeben, die 10 Punkte… Dann habe ich aber voller Schwindel daran gedacht, was MUNARHEIM in Zukunft noch leisten könnten. „Nacht und Stürme werden Licht“ ist für mich das bislang beste Album 2014, einfach weil es zeigt, wie viel eine junge Gruppe an Musikern erreichen kann, wenn sie bloß den nötigen Enthusiasmus und eine ordentliche Prise an Können mitbringt. Was für ein Debüt!
Wertung: 9.5 / 10