Festivalbericht: Dark Easter Metal Meeting 2014

20.04.2014 - 20.04.2014 München, Backstage

Dark Easter Metal Meeting

Zum dritten Mal bietet das Backstage München Metal-Fans nun schon eine Alternative zum Kirchgang und Eiersuche am Ostersonntag: Das DARK EASTER METAL MEETING. Mit elf Bands auf zwei Bühnen, Merchandise- und CD-Börse ist für reichlich Unterhaltung, mehreren Bars und einem Burgerstand für das leibliche Wohl gesorgt.

Wraithcult_LogoTrotz der langen Schlange, die sich pünktlich zum Einlass um 15:00 Uhr an der Kasse des Backstage-Areals gebildet hat, hat eine halbe Stunde später bereits eine beachtliche Anzahl an Fans den Weg in die Halle gefunden, wo WRAITHCULT diesbezüglich also mit besten Voraussetzungen in ihr Set starten. Die Songs vom 2013er-Debüt-Album „Gestalt“ wissen live denn auch voll zu überzeugen: Zwischen eiskalter Raserei und nicht sparsam eingesetzten Doom-Passagen bleibt die Band trotz einer Menge Abwechslung atmosphärisch immer ansprechend und konsistent. Das Publikum honoriert die amtliche Leistung mit ersten Aufwärmübungen im Bereich der Nackenmuskulatur und man darf sich sicher sein, dass WRAITHCULT sich in ihrem 40-Minuten-Set bereits eine Reihe neuer Anhänger erspielt haben. [MM]

eismalsottDass sich vor der Bühne niemand am frühen Beginn des Konzerttages stört, wird bei den folgenden EIS noch einmal umso deutlicher: Um 16:10 Uhr wirkt das Backstage Werk bereits besser gefüllt als bei mancher Headliner-Show an anderen Tagen. Wenn die Reaktionen auf die Westfalen trotzdem nicht von Beginn an euphorisch ausfallen, mag das am noch taghellen Konzertraum liegen, der jede Bemühung, den finsteren Black Metal adäquat an den Mann zu bringen, erst einmal ins Leere laufen lässt. Die ausgewogene Mischung aus Songs aller Schaffensperioden lässt den Funken dann aber doch bald überspringen, spätestens mit dem Live-Klassiker „Winters Schwingenschlag“ haben Band und Publikum sich eingegroovt. Besonders überzeugend geraten der Titeltrack des legendären „Kainsmal“-Albums und das „Galeere“-Aushängeschild „Durch lichtlose Tiefen“.
Bis zu diesem Zeitpunkt hat die Band um Mastermind Alboin alles richtig gemacht. Als unglücklich erweist sich im Folgenden die Entscheidung, zwischen regulärem Set und der angekündigten „EIS play EISMALSOTT“-Specialshow eine fünfminütige Unterbrechung einzuschieben. Denn was auf der regulären Tour wohl problemlos funktioniert hätte, kostet die Band an solch einem Tag 75% des Publikums, das erst zum Ende des Bonus-Sets wieder annähernd vollzählig aus der Pause zurückkehrt.
Seitens der Band wird die Auszeit nicht zum Burgerkauf genutzt, sondern um schwarze Oberteile gegen weiße zu tauschen und Backdrops auszuwechseln – ein gut gemeinter Versuch, die Shows auch optisch voneinander abzugrenzen, über dessen Gelingen man aber sicherlich geteilter Meinung sein kann. Eindrucksvoller gerät in jedem Fall der musikalische Teil der Darbietung. Anhänger des deutschen Black-Metal-Undergrounds dürften sich ohnehin die Finger geleckt haben, die EISMALSOTT-Songs einmal auf einer Bühne präsentiert zu bekommen, doch auch der unbedarfte Hörer bekommt hier noch einmal 25 Minuten einer deutlich roheren und spontaneren Version von EIS zu hören, die ob ihrer Direktheit durchaus eigenen Charme zu entfalten weiß.
Im Kontext des Dark Easter Metal Meetings geht die Exklusivität des Ereignisses trotzdem ein wenig unter, bleibt doch keine Zeit, das Gehörte sacken zu lassen; stattdessen geht es zu den letzten Klängen EISMALSOTTs direkt weiter in die Nachbarhalle, wo sich die Kollegen von Mor Dagor bereits aufwärmen. [MM]

mordagorAn MOR DAGOR wird im Folgenden deutlich, wie groß die musikalische Abwechslung auf dem Dark Easter Metal Meeting in diesem Jahr ausfällt, halten sie nach der Absage von Darkened Nocturn Slaughtercult als einzige Band die Fahne des klassischen, ungeschliffenen Black Metal der rabiatesten Sorte hoch. Mit dem 2009er Album „MK.IV“ zeigte man zwar, dass man auch unter dieser Prämisse noch abwechslungsreiches Material liefern kann, steht man dann vor der Bühne, dominiert aber dennoch die metaphorische Abrissbirne. MOR DAGOR schaffen es, das Publikum 40 Minuten lang zu überfahren und dabei keine Kompromisse einzugehen. Durch die Professionalität der Show und die Spielfreude der Band tendiert man als Zuschauer denn auch dazu, die Abwesenheit von allzu klassischem Black Metal im Folgenden kaum zu vermissen – MOR DAGOR präsentieren diesen heute in Bestform. [MM]

FäulnisAnschließend an diese Portion klassischen Black Metals machen sich um kurz vor 18 Uhr schließlich FÄULNIS daran, ihren ersten Auftritt in München zu absolvieren. Als hätten sie von Eis gelernt, beginnt die Band ihr Set mit dem angekündigten Special und lässt die schleppenden, repetitiven Töne von „Letharg“ erklingen. Nach einigen Minuten kommt Fronter Seuche auf die Bühne, rennt aggressiv von einer Seite zur anderen, schlägt immer wieder mit dem Mikrophonständer auf den Boden und weiß zwischen räudigem Gekeife und nahezu asthmatischem Sprechgesang die düstere und bedrückende Atmosphäre der Musik von FÄULNIS perfekt in das Livesetting umzusetzen. Nach dem langen, mitreißenden Einstieg begrüßt Seuche das Publikum und entschuldigt sich sofort für seine angeschlagene Stimme, da er sich pünktlich zum Tourauftakt erkältet hat. Das Ergebnis: Im Gegensatz zu dem sehr von Jens Rachut geprägten Gesang auf Platte klingt Seuche heute wesentlich angepisster, tiefer und dreckiger, was der Musik gut zu Gesicht steht.
Nicht zuletzt durch das Bühnenoutfit ihres Fronters im fleckigen weißen Unterhemd bringen FÄULNIS heute eine ordentliche Schippe Punkrock in den Black-Metal-Abend. Die Bemerkung eines Zuschauers, dass Seuche „fett und  hässlich“ sei, kontert dieser, ohne eine Sekunde zu zögern, mit einem nüchternen „Dann hab ich ja was mit deiner Mutter gemeinsam“, was im gesamten Backstage Werk für lauten Jubel sorgt. Die Fans fressen der Band auch im restlichen Konzert aus der Hand, singen immer wieder alte und neue Songs mit und die Stimmung auf und vor der Bühne ist mitreißend.
Nach knapp 40 Minuten wird es Seuche dann allerdings zu viel und aus Rücksicht auf seine Stimme beenden FÄULNIS ihren Auftritt verfrüht. Das ist in Anbetracht der Qualität dieses Auftritts sehr schade, in Hinsicht auf die bevorstehenden Tourtermine allerdings mehr als nachvollziehbar. Hoffentlich bleibt der erste München-Besuch der Band nicht der letzte! [BL]

root_logoWer denkt, Seuche wäre ein kautziger Fronter, wird nun eines besseren belehrt: „We are ROOT. From Hell.“ Noch Fragen? Die Formation, die nicht nur in Osteuropa Legendenstatus innehat, ist in unseren Breitengraden nur selten zu sehen – entsprechend groß ist der Andrang vor der Bühne. Enttäuscht wird niemand: Schon die Musik, die man als Mischung aus Old-School-Thrash im Geiste Venoms und epischem Dark Metal umschreiben könnte, sticht aus der Masse der des heutigen Tages klar heraus. Die wahre Attraktion jedoch ist Fronter Big Boss, seines Zeichens Gründer des tschechischen Ablegers der Church Of Satan: So beeindruckt dieser mit seinem verschrobenen Auftreten gleichermaßen wie durch seinen Gesang, der von Metal-typischem Grunzen und Keiffen bis zu Obertongesang und Bassbariton reicht. Vielleicht nicht jedermanns sache, allemal jedoch sehenswert! [MG]

ruins of beverastMit THE RUINS OF BEVERAST folgt im Werk nun eine weitere Live-Rarität. Mit seinem aktuellen Album „Blood Vaults – The Blazing Gospel Of Heinrich Kramer“hatte Alexander von Meilenwald zuletzt ein wahres Meisterwerk abgeliefert – entsprechend groß ist die Spannung, wie das düstere Material wohl live in Szene gesetzt würde. Die Antwort ist einfach: Fürs Ohr perfekt, fürs Auge mangelhaft. Denn wo THE RUINS OF BEVERAST die Songs dank perfektem Sound auch live absolut mitreißend klingen lassen, verzichtet die Band auf jedwede Form von Kostümierung oder Bühnenbild. Schade, doch auch derart puristisch unters Volk gebracht so ist die Musik ausdrucksstark genug, das Publikum ganz in ihren Bann zu ziehen. [MG]

thulcandra_logoTHULCANDRA machen keinen Hehl daraus, wer ihre Vorbilder sind. Sowohl musikalisch, optisch als auch lyrisch atmet die Band den Geist der zwei Größen des schwedischen melodischen Black Metals. Thulcandra sind eine Hommage an frühe Dissection und Unanimated. Über rasendem Geballer erheben sich die kalten, arkanischen Gitarrenleads, wie man sie von den Altmeistern kennt. Um in der Black Metal Szene jemanden zu finden, der nicht auf Dissections Klassikeralben steht, muss man schon lange suchen. Dementsprechend gut kommt der Sound von Thulcandra an. Stroboskop, Nebel, blaues Licht untermalen die geheimnisvollen Melodien. Wer den jungen Bayern vorwirft, plump von den Vorbildern zu kopieren, dem kann man zwar nur schwer widersprechen. Für diejenigen Fans, die gern in der Vergangenheit schwelgen, ist dieser Gig jedoch genau richtig. Gerade wenn man bedenkt, dass die alten Helden kaum noch auf den Bühnen zu sehen sind.[MH]

agrypnie-logo

Anschließend wird es im Backstage Werk richtig voll, als AGRYPNIE die Bühne betreten. Nach einigen Soundproblemen, die allerdings bereits während des ersten Songs gelöst werden können, frisst das Publikum der Band heute regelrecht aus der Hand: Die Musiker selbst strahlen eine beeindruckende Bühnenpräsenz aus und wissen ihre Mischung aus aggressivem Black Metal, eingängigen Melodien und atmosphärischen Parts mitreißend in Szene zu setzen. Dass das Publikum nach jedem Song die Hände in die Luft reckt und begeistert applaudiert, ist daher kaum überraschend. Die 50 Minuten gehen aufgrund der hohen Qualität der Songs nahezu wie im Flug vorbei, was sicher auch daran liegt, dass die Stücke zwar eine kohärente Linie erkennen lassen, durch stringentes Songwriting und geschickte Platzierung in der Setlist allerdings keine Wiederholung aufkommen lassen. Höhepunkt einer AGRYPNIE-Show ist und bleibt zwar „Fenster zum Hof“, doch gerade das Material des letzten Albums weiß live zu begeistern. Die Band ist im Herbst wieder in München zu sehen und wird sicherlich wieder eine stattliche Menge an Zuschauern anziehen. Zurecht! [BL]

sear-blissAllein dem fliegenden Wechsel zwischen den Bands ist es zuzuschreiben, dass SEAR BLISS nach diesem Publikumsmagneten zunächst auf nicht all zu viele Fans herabblicken dürfen. Mit der Zeit füllen sich die Reihen jedoch – und das zu Recht, gehört den die Ungarn doch live wie auf Platte zu den absoluten Geheimtipps der Szene: Das Markenzeichen der Band ist die Posaune, die den so raffinierten wie griffigen Songs eine schier majestätische Epik verleiht. Gepaart mit der Spielfreude der Band und dem tadellosen Sound ein astreiner Auftritt. [MG]

triptykon-logo
Pünktlich öffnet sich der Vorhang für den Headliner des Festivals. Legende Tom Warrior steht mit seinem vor sechs Jahren gegründeten Celtic-Frost-Nachfolger TRIPTYKON auf der Bühne. Erst wenige Tage zuvor erschien deren Zweitwerk „Melana Chasmata“. Die Entscheidung, das Augenmerk noch nicht auf das neue Release zu legen, erweist sich als goldrichtig. Den Reaktionen nach zu urteilen sind die Fans noch kaum mit dem neuen Material vertraut, denn richtige Begeisterung kommt nur bei den Klassikern wie „Circle Of The Tyrants“ oder „Visions Of Mortality“ auf.
TRIPTYKON sind normalerweise für einen ohrenbetäubenden, brachialen (Gitarren-)Livesound bekannt. Doch, wie auch auf der neue Platte, seint heute das letzte Quäntchen Bösartigkeit zu fehlen. Mit anderen Worte: Triptykon haben für ihre Verhältnisse einen eher lauen und leisen Sound. Das überragende Songmaterial macht das jedoch wett – vor allem das überragende, (auf Platte 20 Minuten lange) abschließende „The Prolonging“ entfaltet besonder live seine epische Schwere. Tom Warrior bedankt sich danach beim Münchener Publikum, er scheint aber wegen des zwischenzeitlichen Ausfalls seiner Gitarre, vielleicht auch wegen des Sounds,  mächtig angefressen zu sein. Noch bevor das Outro „Winter (Requiem)“ beginnt, donnert er seine Gitarre Nebenmann V. Santura in die Beine und verlässt grimmig die Bühne.
Es stimmt, dass TRIPTYKON schon bessere Auftritte hatten – für Fans und Anhänger ist es trotzdem immer wieder ein Highlight, die düstere Musik dieser Ausnahmeband live zu erleben. [MH]

Negator LogoNach gut acht Stunden Metal gebührt NEGATOR aus Hamburg um kurz nach Mitternacht die zweifelhafte Ehre, das vierte Dark Easter Metal Meeting zu beschließen. Zwar erscheint das Publikum auch zu dieser späten Stunde noch zahlreich in der Halle und hält sich tapfer auf den Beinen – die vorangegangenen zehn Konzerte sind an den Fans jedoch nicht spurlos vorüber gegangen. Über all zu enthusiastische Resonanz können sich NEGATOR heute deshalb nicht freuen – zumal die Songs ausgerechnet beim letzten Gig des Tages über weite Strecken in Soundbrei und viel zu laut abgemischtem Gesang untergehen. Auch wenn NEGATOR-Fronter Nachtgarm mit seiner Enttäuschung nicht hinterm Berg hält, muss man dem Publikum, das die Band schlussendlich sogar für eine Zugabe zurück auf die Bühne klatscht, an dieser Stelle höchsten Respekt für seine Durchhaltekraft aussprechen. [MG]

Mit der dritten Auflage des Tages-Festivals haben die Veranstalter alles richtig gemacht: Das vielseitige, vor allem aber vom ersten bis zum letzten Slot hochkarätig besetzte Billing spricht für sich. Doch auch die gesamte Organisation des Events und Neuerungen wie die Ausweitung auf zwei Hallen, durch die lästige Umbaupausen komplett entfallen, kann man nur loben. Spätestens die diesjährige Auflage des Festivals hat gezeigt, dass das Event in der Bundesliga der Ein-Tages-Festivals ganz oben mitspielt. Das DARK EASTER METAL MEETING 2015 dürfte demnach nicht nur für Fans aus Bayern definitiv eine Überlegung wert sein. [MG]

Publiziert am von , Marius Mutz, und Michael

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