Bei manchen Bands bietet es sich geradezu an, sie auf bestimmte Werke zu „reduzieren“. Die Amerikaner SAVIOUR MACHINE zählen ohne Frage dazu, zwar ist die Legend-Reihe (aus der ursprünglich angedachten Trilogie ist ja mindestens eine Tetralogie geworden, wenngleich im Jahr 2014 unwahrscheinlich denn je erscheint, ob der Abschluss überhaupt noch erscheinen wird) nach wie vor nicht fertig. Trotzdem wird den meisten Hörern gerade dieses Opus bekannt sein, ist es doch eine unglaublich aufwändige Vertonung der Johannes-Offenbarung.
Dennoch begann die Erfolgsgeschichte der Kalifornier schon einige Jahre früher, immerhin ist die Band jetzt auch schon seit 25 Jahren aktiv. Die ersten beiden Alben wurden schlicht mit „I“ und „II“ betitelt und erschienen einige Jahre vor dem „Legend“-Zyklus. Während „I“ noch sehr gitarrenorientiert und dadurch rockig konzipiert war, ergab sich die wesentliche Änderung auf dem vorliegenden „II“ alleine schon durch den Einstieg von Pianist Nathan van Hala, der dem Sound von SAVIOUR MACHINE ein klassisches Gewand verlieh.
Entsprechend startet man ziemlich relaxt mit beinahe schüchternen Klavierklängen in das Album, doch schon bald zeigt man, dass man nicht gewillt ist, die rockigen, die metallischen Wurzeln zu verleugnen. Nun, wirklich Metal waren und sind SAVIOUR MACHINE wohl nie, alleine der opernausgebildete Gesang von Frontmann Eric Clayton lenkt den Fokus von dieser Spielart weg. Zugegebenermaßen, dies ist auch auf „II“ zunächst einmal gewöhnungsbedürftig und vermutlich gefällt es auch nach einer längeren Zeit längst nicht jedem, aber es ist nun mal das wesentliche Markenzeichen der Band. Und wer sich mit diesem Gesangsstil anfreunden kann, wird ohnehin glücklich werden.
Also, schon der episch klingende Opener hat einige Metalanleihen im Gepäck, schnell wird man (noch) nicht, aber eine gewisse Härte durchbricht die sanften Harmonien. Ein Stilbruch folgt dann nach dem Kurzinstrumental „The Gates“, mit „Enter The Idol“ und „The Hunger Circle“ kommen die schnellsten und härtesten Nummern, wohl nicht nur auf „II“, sondern vielleicht sogar in der gesamten Bandhistorie, zumindest, was das Tempo angeht. Dies macht sie schwerer zugänglich, vermutlich einfach deshalb, weil man sich bei SAVIOUR MACHINE an die langsame Gangart gewöhnt hat.
Der Mittelteil ist wieder bedächtiger, das Piano übernimmt wieder mehr und mehr die Führung, die Gesangslinien sind weicher und die Band hält sich mehr im Hintergrund. Dies gipfelt im sechzehnminütigen „The Stand“, welches zwar nicht allzu progressiv arrangiert ist, aber trotzdem seine Längen aufweist. Hier hätte man sicher besser drei eigenständige Lieder draus gemacht. Gesellschaftskritik sowie die vor- und nachösterliche Zeit im Jerusalem um das Jahr 30 sind die lyrischen Themen der beiden Highlights des Albums. „American Babylon“ steigert sich von einem sehr entspannten Klavierstück mehr und mehr bis in ein emotionales Finale, bei welchem Clayton alle Register seiner gesanglichen Ausbildung zieht. Der Spannungsbogen in „Ceremony“ ist weit weniger intensiv, dafür glänzt dieser Song mit mehr Gefühl und einem epischen Text.
Der Rest von „II“ ist eher unspektakulär, „Love Never Dies“ ist die vom Titel erwartete (Halb-) Ballade, „Saviour Machine II“ ist im Prinzip ein Remake des Openers, allerdings sind die Gesangseinsätze „versetzt“, so dass sich zumindest eine leicht abgewandelte Dynamik ergibt. Unter dem Strich bedeutet dies: Auf „II“ machen SAVIOUR MACHINE schon fast alles richtig. Das Songwriting ist ambitioniert und weist schon auf die folgenden Legend-Taten hin. Und im Gegensatz zum Debüt zünden auch fast alle Songs, die einen schnell, die anderen brauchen etwas Zeit, insgesamt ist es aber ein Album, welches man sehr gut an einem (langen) Stück anhören kann, denn schon damals geizte die Band nicht mit Material, die 76 Minuten reizen die Kapazität einer CD fast vollständig aus.
Der Einfluss von SAVIOUR MACHINE vor allem in Deutschland lässt sich im Übrigen auch daran ablesen, dass die Band Mitgründer des christlichen MCM-Labels war, den Vertrieb übernimmt seit jeher Massacre Records.
Wertung: 8 / 10