Konzertbericht: Woodkid /w Sizarr

11.03.2014 München, Zenith

The-Golden-age-tour-Woodkid

Holzkind? Kind des Waldes? Der naturverbundene Junggebliebene? Der Bandname WOODKID gibt zunächst Rätsel auf. Jedoch klingt er ausgesprochen schön – genau wie die Musik des französischen Multitalents. Doch kann der eher schüchtern wirkende Sänger auch live die Massen überzeugen? Anfang März durfte Yoann Lemoine dies im gut gefüllten Zenith in München beweisen.

Zur Einstimmung macht die deutsche Band SIZARR positiv auf sich aufmerksam. Die drei Jungs aus der Pfalz könnten unser deutsches Pendant zu WOODKID sein: Mit gleichem Einschlag aber eigenem Klang und weiteren spannenden Einflüssen gelingt ihnen ein perfekt auf das Hauptkonzert vorbereitender Support-Gig. Zurecht ist die mit fünf Jahren Bandgeschichte und erst einem Studioalbum noch junge Band direkt mit eben diesem in die deutschen Albencharts eingestiegen. Und baldiger Misserfolg ist nicht abzusehen.

1000095_10151541087329849_1763003367_nWOODKID selbst zeigt nach der Umbaupause keinerlei Starallüren und erscheint leger in schlichtem schwarzen Shirt und Cappy. Da steht er nun, der sympathische Franzose mit seinem fabelhaft heranwachsenden Holzfäller-Vollbart, und obwohl er die Bühne mit 14 weiteren Musikern an diversen Streich-, Schlag- und Blasinstrumenten teilt und ihn eine riesige Videoleinwand umrahmt, gehört ihm doch alle Aufmerksamkeit. Es mag unvereinbar klingen, doch wenn er mit seiner angenehm unaufgeregten Stimme seine meistens ruhigen Musikstücke vorträgt, wird Woodkid zum melancholischen Entertainer. Ein bisschen schüchtern wirkt er manchmal, konzentriert sich ganz auf seine Musik. Und trotz der Menschenmassen wirkt alles sehr privat durch seine lässigen Klamotten und die vielen ruhigen Momente, in denen Yoann mit geschlossenen Augen seine Texte zu fühlen scheint. Doch ebenso weiß er die Menge zum ausgelassenen Tanzen und Feiern zu bringen – und wieder zurück zum gebannten Zuhören.

Visuell unterstützt wird WOODKIDs Auftritt mit schwarz-weißen Sequenzen diverser detailreicher geometrischer 3D-Formen sowie Kamerafahrten um und durch Orte und Personen aus seinen beeindruckenden Musikvideos. Daran angepasst wird zusätzlich mit recht aufwändiger Lichttechnik gearbeitet, die oft die Videos interessant ergänzt und zu jedem Song mit einem eigenen Konzept aufzuwarten scheint. Warum WOODKID jedoch bei den entsprechenden Songs nicht einfach seine Musikvideos abspielt (schließlich ist er als Regisseur derer auch interessiert daran, seine visuelle Arbeit an den Mann zu bringen), bleibt Spekulation.

1947374_10152034766719849_1953207899_nDa WOODKID bei der Auswahl seiner Setlist nur auf ein einziges Album zurückgreifen konnte, ist die Stückwahl wenig überraschend. Viel schwieriger war wohl, eine Reihenfolge zu wählen – bei vielen ruhigen und nur wenigen schnelleren, tanzbaren Stücken muss genau überlegt werden. Ob seine letztendliche Taktik tatsächlich die beste war? Sehr ruhig beginnt er das Konzert mit für den Großteil des Publikums wohl eher unbekannten Stücken, die beide nicht auf seinem Studioalbum „The Golden Age“ zu finden sind. Erst als drittes Stück wählt er den kraftvollen Titeltrack des Albums – nur um direkt wieder ruhigere Töne anzuschlagen. Diesen bleibt er dann für eine ganze Weile treu. Besonders hervorzuheben sind hier „Ghost Lights“ und „I Love You“, wunderschöne Kompositionen, die eher leise Wege in die Medienwelt gefunden haben. Doch wie der haydnsche Paukenschlag weckt WOODKID sein Publikum wieder auf – „Volcano“ heißt sein neuestes, rein instrumentales Werk, und wie der Name nicht unbedingt vermuten lässt wendet es sich ab von der Natur- und Bombastromantik vorhergegangener Singles und zeigt eine neue, elektronisch-brachiale Nuance seiner Musik. Auf der Leinwand bewegt sich ruckartig eine unheimliche schwarze Maschine, während das Publikum in Sekundenschnelle auftaut und die Halle beben lässt. Nicht nur die drei Blechbläser geben bei diesem Song wirklich alles. Und damit das auch so bleibt folgen das grandiose „Iron“ und das treibende „The Great Escape“ als letzte Stücke des Hauptsets, in denen jeder noch die angestaute Energie sinnvoll loswerden kann. Doch natürlich beendet WOODKID kein Konzert, ohne seinen durch eine Werbung am bekanntesten gewordenen Song gespielt zu haben, und so tritt er für seine Zugabe nochmal mit „Run Boy Run“ auf die Bühne. Der Rausschmeißersong wird „The Other Side“ – definitv die andere Seite des Lautstärkespektrums und perfekt für seinen Zweck geeignet.

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Es bleibt die Frage, ob der Musikvideoregisseur Yoann Lemoine überhaupt ahnte, dass er mit seinem musikalischen Soloprojekt ganze Konzerthallen würde füllen können. Trotz einem Haufen Tamtam auf der Bühne hat man das Gefühl, dass man sich, vielleicht wegen seiner ruhigen (aber trotzdem unterhaltenden!) Art, eher intimere Clubkonzerte mit ihm wünschen würde. Andererseits braucht bombastische Musik auch große Bühnen, und welcher Musiker freut sich nicht, wenn er die Möglichkeit bekommt, seine Songs mit der Unterstützung vieler weiterer Live-Musiker zu spielen. Seine Aufgabe hat Yoann Lemoine trotz der ein oder anderen gegebenen Widrigkeit wunderbar gelöst und allen Anwesenden einen ansprechenden und anspruchsvollen Konzertabend beschert. Jetzt muss er nur noch mit einem neuen, gleichwertig niveauvollen Album nachlegen. Aber die neuen Stücke, die er bereits jetzt in die Setlist eingebaut hat, lassen daran keinerlei Zweifel zu.

Setlist:
Intro
Baltimore’s Fireflies
Childhood
The Golden Age
Where I Live
Evolution
Ghost Lights
I Love You
Go
Brooklyn
Boat Song
Technology
Stabat Mater
Conquest of Spaces
Volcano
Iron
The Great Escape

Run Boy Run
The Other Side

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Bildmaterial aus der offziellen Facebook-Page

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