Nur ein Jahr nach ihrem gelungenen Debüt „Evermoving“ legten ONWARD 2002 ihr Zweitwerk „Reawaken“ vor. Und obwohl zwischen den beiden Veröffentlichungen nur so wenig Zeit liegt, wirkt „Reawaken“ in seinem gesamten Auftreten weitaus reifer und gesetzter, ohne sich auch nur im Geringsten von der musikalischen Marschrichtung, die der Erstling vorgegeben hat, wegzubewegen. Dank Pure Steel gibt es das 2002er-Werk jetzt in Vinyl-Form und mit neuem Cover; so wie auch bei „Evermoving“ ist die Auflage 500 Stück stark. Und wer das Erstwerk schätzte, darf sich auch dessen Nachfolger getrost ins Regal stellen.
Im Vergleich zu dem rauen, kratzigen Sound, den die Band auf „Evermoving“ gefahren hat, klingt „Reawaken“ weitaus glatter produziert; den Eindruck, den ich weiter oben als „reifer“ beschrieben habe, wird stark durch diesen ausgewogeneren, an Kanten ärmeren Sound geprägt. Aber es ist nicht nur das Klangbild alleine, auch die Kompositionen sind weniger ungestüm ausgefallen, wirken durchdachter und in ihrer Melodiearbeit teilweise noch ein Stückchen raffinierter, als man das bereits von „Evermoving“ kannte. Allerdings ist es wohl eine Typenfrage, ob man eher einen gemäßigteren, klareren Sound und Stil mag, oder ob man sich (aus welchen Gründen auch immer) zu der ungeschmirgelten Attitüde hingezogen fühlt. Ich gestehe, dass mir „Evermoving“ einen Ticken besser gefallen hat.
An den Songs selbst liegt das allerdings kaum; mit dem Titeltrack bieten ONWARD einen schnelleren, sehr melodischen Opener, eingängig, heavy und mit griffigen Double-Leads. Mit „Seven Tides Of Labyrinthine“ haben ONWARD zudem einen äußerst nachdenklichen, beinahe verträumten Song aufgenommen, der exemplarisch das große Gespür dieser Band für Melodien unterstreicht. An das, was hier geschieht, kommt nur noch das folgende Stück „Where Evil Follows“ heran, dessen Refrain ähnlich unverbrauchte Melodiebögen auffährt und schlicht Spaß macht. Weniger zünden will der Song „Eye Of The Nightmare“, der auch nach mehrmaligem Hören seltsam blass bleibt, woran auch der kurze Gastauftritt von Steve Plocica (Apocrypha) nichts ändert; und ob man wirklich eine Cover-Version von Loudness (Clockwork Toy) brauchte, sei auch dahingestellt. Wobei anerkannt werden muss, dass sich der Stil der Japaner bestens in das Gesamtwerk der Amerikaner eingliedern lässt.
Mit dem letzten, zweiteiligen Stück „The Next Triumph“ bieten ONWARD noch einmal alles auf, elegante Leads, heavy Riffs, eingängige Spannungsbögen und eben Melodien, die sitzen. Mit „Reawaken“ hätten ONWARD seinerzeit ihren Status als hoffnungsvolle Protagonisten des klassischen Heavy Metals festigen können. Es kam dann letztlich anders; 2003 löste die Band sich auf, 2012 verstarb Sänger Michael Grant. Manchmal soll es wohl nicht sein…
Wertung: 8 / 10