Konzertbericht: Watain w/ Degial, Venenum

21.03.2014 München, Backstage Halle

Watain-Header„WATAIN? Das ist doch diese gehypete Black-Metal-Band, mit der sich sicher gutes Geld verdienen lässt“, mag sich der Booker gedacht haben, der im Namen der Major-Konzertagentur Marek Lieberberg für Herbst 2013 eine Tour der Schweden buchte. Knapp 35€ sollte das Ticket kosten – ein utopischer Preis, wenn man bedenkt, dass man derzeit für keine noch so legendäre Band des Genres so viel Geld auf den Tisch legen muss.
Wenig später wurden die Deutschland-Shows wohl des schleppenden Vorverkaufs wegen wieder abgesagt. Denn auch wenn WATAIN in der Szene derzeit die Stars sind, ist im Black Metal, Hype hin oder her, das große Geld nicht zu holen.

Nun holt die Band die Tour endlich nach – mit neuen Veranstaltern und einem deutlich gesenkten Ticketpreis von knapp 25€. Mit dabei: Die Black-Death-Kapellen VENENUM und DEGIAL.
[Moritz Grütz]

venenum

Bereits dreißig Minuten vor dem offiziellen Beginn poltert die Musik von VENENUM durch die Halle des Backstage. Obwohl die junge Band erst eine EP auf dem Konto hat, zählt das Quartett schon jetzt zum Eigenständigsten und deshalb auch Spannendsten, was der deutsche Death Metal derzeit hergibt. Ihren Todesblei präsentieren Venenum mit einer pechschwarzen Rohheit, die sich am ehesten mit Sonne Adam oder Bölzer vergleichen lässt. Ganz wie die Musik kommt auch die Show ohne Schnörkel aus: keine Lichtshow, keine Ansagen, kaum Blickkontakt. Viel Platz gibt es auf der Bühne ohnehin nicht, weil bereits gefühlte zwei Drittel vom (noch verdeckten) Aufbau des Headliners versperrt sind. Soundtechnisch ist der Auftritt von VENENUM ein gutes Beispiel dafür, dass brutale Musik nicht automatisch eine ohrenbetäubende Lautstärke braucht: Auch moderat eingepegelt mangelt es VENENUM nicht an Durchschlagskraft. Was fehlt, ist knapp drei Jahre nach der Debüt-EP und mit so manch solider Show wie der heutigen auf dem Buckel eigentlich nur noch ein Studio-Album.
[Michael H.]

degial

Als weitere Vorband haben Watain DEGIAL aus ihrer Heimatstadt Uppsala dabei. Und um auch die Verbindung zu Venenum herzustellen: Beide Bands sind beim Zwickauer Label Sepulchral Voice Records unter Vertrag. Wer die Schweden aufgrund des reichlich aufgetragenen Corpsepaints im Sektor des klassischen Black Metal verortetet, liegt weit daneben. Denn DEGIAL spielen astreinen, ganz eindeutig von der frühen Schaffensphase Morbid Angels beeinflussten Death Metal. Auch Elemente der heimatlichen Schwedentodszene schimmern bei den rasenden, chaotischen Riffs immer wieder mal durch: Ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, auch einmal langsamer zu werden, prügeln DEGIAL ihr komplettes Set kompromisslos herunter. Abwechslungsreichtum wird hier zwar nicht groß geschrieben, in dem, was sie tun, sind DEGIAL aber durchaus kompetent.
Fazit: Zwei starke Vorbands machen Lust auf mehr.
[Michael H.]

 watain

Um halb zehn öffnet sich der Vorhang schließlich für den Headliner und zu „Night Vision“, dem Intro des aktuellen Meisterwerks „The Wild Hunt“, betreten WATAIN die Bühne. Wie man es von den Schweden nicht anders kennt, lässt das Bühnenbild auch heute eher an Theater denken als an Konzert: Statt Kabelsalat, Verstärkertürmen und Equipmentchaos sorgen morbide Kulissen mit allerlei Knochenwerk und brennende Kreuze für ein Setting, in dem man problemlos auch Dantes „Göttliche Komödie“ aufführen könnte.
Auch sonst gleicht die perfekt inszenierte Show eher einem Theaterstück denn einem normalen Konzert: Wie die Zahnräder eines Uhrwerks greifen die einzelnen Elemente wie Bühnenbild, Kostümierung, Stageacting und Musik dabei perfekt ineinander und ergänzen sich gegenseitig zu weit mehr als bloß der Summe der Bestandteile. So beschwören WATAIN durch ihre bis ins kleinste Detail durchdachte Show eine einzigartige, mitreißende Atmosphäre herauf, wie es im Black-Metal-Sektor auf ihre Art derzeit allenfalls noch Behemoth gelingt.

Watain-The-Wild-HuntMusikalisch liegt der Fokus des Sets klar auf „The Wild Hunt“, wobei sich die Band auch nicht vor dem grandiosen Titelstück scheut, dessen Klargesangs-Passagen zu den Gänsehautmomenten des Sets gehören. Mit „The Devil’s Blood“ („Casus Luciveri“) bei dem Erik Danielsson sich nicht nehmen lässt, einen Becher Blut ins Publikum zu schütten, sowie „Storm Of The Antichrist“ und „Sworn To The Dark“ vom gleichnamigen Album kommen die Klassiker aber selbstverständlich auch nicht zu kurz. Generell kann von „zu kurz“ heute nicht die Rede sein: Ganze 105 Minuten dauert der Reigen, bevor nach „Holocaust Dawn“ und „Waters Of Ain“ schließlich Schluss ist.
[Moritz Grütz]

Setlist WATAIN:
— Night Vision
01. De Profundis
02. Malfeitor
03. Black Flames March
04. Storm Of The Antichrist
05. Devil’s Blood
06. Sleepless Evil
07. Total Funeral
08. The Wild Hunt

09. All That May Bleed
10. Sworn to the Dark
11. Watain (VON-Cover)

12. Holocaust Dawn
13. Waters Of Ain

Erst als die Band die Bühne längst verlassen hat, verstummt das Outro von „Waters Of Ain“ – genug Zeit also, um aus der düsteren Welt von WATAIN zurück in die Realität zu finden und die Eindrücke der wie im Traum verstrichenen Zeit sacken zu lassen. Auch heute wurden WATAIN ihrem Ruf mehr als gerecht: Mitreißender und in sich stimmiger kann man Black Metal kaum darbieten. Ein eindrucksvolles Lehrbeispiel für alle Bands, die denken, mit etwas Farbe im Gesicht oder einem Schädel auf der Bühne wäre das Showkonzept des Black Metal ausgereizt.
[Moritz Grütz]

Publiziert am von und Michael

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