Sieh einer an, THUNDRA haben nicht nur bereits 15 Jahre Bandgeschichte hinter sich, sondern auch einige namhafte Mitglieder. So tummeln sich Harald Helgeson und Stein Sund, beide bekannt durch ihre frühere Aktivität bei Enslaved bzw. Einherjer, im Line-Up. Trotzdem sagten mir die Viking-Blacker bis vor kurzem nichts, obwohl sie mehr oder weniger regelmäßig releasen.
Jetzt will man den Bekanntheitsgrad mit der vierten Full-Length-Veröffentlichung steigern. „Angstens Salt“ zeigt die Band dabei in der Regel im Mid-Tempo-Bereich, häufig kommt die Doublebass zum Einsatz und auch der eine oder andere Gitarreneinsatz nimmt Fahrt auf, aber die Grundgeschwindigkeit kann man nicht gerade als apokalyptisch schnell bezeichnen. Gut so, denn das würde möglicherweise zu Lasten der atmosphärischen Viking-Parts führen. Diese bekommen auf der Platte einen ordentlichen Spielraum, bei dem musikalischen Background der Protagonisten nicht ganz unverständlich.
Gesanglich versucht man sich zwischen Keifen und klaren Vocals in beinahe jedem Metier, wobei die harsche Stimme deutlich ausdrucksstärker ist und insgesamt auch in Sachen Qualität besser punkten kann. Zudem passt sie besser zu dem Rest, der trotz des mäßigen Tempos doch jederzeit eine gewisse Härte an den Tag legt. Soundtechnisch unterstützt man dies, indem man durchaus andere Wege geht, das Keyboard ist ziemlich in den Hintergrund gemischt, dafür kommt gerade bei Kopfhörerverwendung (Empfehlung!) der Bass ausgesprochen gut zum Tragen, was der Musik eine zusätzliche Wucht verleiht, ohne die Atmosphäre darunter leiden zu lassen.
THUNDRA machen auf „Angstens Salt“ vieles richtig, trotzdem fehlt es ein wenig an der letzten Konsequenz. Es fehlt der eine Song, der eine Platte richtig gut macht, der Song, den man in jede Playlist tun würde, ohne groß darüber nachzudenken. Spieltechnisch ist soweit für Abwechslung gesorgt, jeder Musiker versteht sein Handwerk und zeigt es, ohne sich in unnötigen Frickeleien zu verlieren, einige Gitarrensoli lockern das Ganze prinzipiell gut auf. Trotzdem liegt der Hund möglicherweise im Songwriting begraben, denn unter dem Strich bleibt „Angstens Salt“ doch etwas ein- oder zumindest wenigdimensional. Das ist alles nicht schlecht und die knappe Stunde kann man sich sicherlich hin und wieder mal geben, aber man muss ehrlicherweise konstatieren: Es gibt auch bessere Bands in diesem Genre.
Immerhin können die Norweger noch einen kräftigen Pluspunkt für das ausgesprochen gelungene Cover-Artwork verbuchen, düster, atmosphärisch, erfüllt es mit einer gewissen tragischen Trostlosigkeit, ohne den Betrachter zur Gänze in die Gefühlsleere stürzen zu lassen. Wohl dem, der solche Motive in der eimat vorfindet.
Sei’s drum, THUNDRA muss man nicht unbedingt kennen und man muss sie auch nicht unbedingt kennenlernen, aber wer Gefallen an härterer Musik nordischer Machart findet oder generell den angesprochenen Ex-Bands etwas abgewinnen kann, sollte schon mal ein Ohr riskieren. „Angstens Salt“ ist weder eine Offenbarung noch eine Enttäuschung. Guter Durchschnitt mit Tendenz nach oben, aber gibt es davon nicht schon reichlich?
Wertung: 7 / 10