Man soll die Geister der Vergangenheit ruhen lassen – aber wenn ich an Herrn Kiskes vom Misserfolg geprägten Schwanengesang auf den Heavy Metal denke und dann an die verspätete Bitte um Absolution im Jahre 2009, dann erscheint das neu aufgekeimte Engagement im Sektor der härteren Gitarrenmusik immer in einem etwas fraglichen Licht. Nun gut, Schwamm drüber, lassen wir die Musik reden. Mit „Thunder In The Distance“ liegt nun das mittlerweile dritte Album der Melodic-Rock-Formation PLACE VENDOME vor, die sich nach jenem berühmten und schönen „Place Vendôme“ in Paris benannt hat, wo sich einst Frederik Chopin aus dem Leben verabschiedete und Ernest Hemingway sich im Hotel Ritz betrank. Und damit genug der Nebenschauplätze.
Auch auf Album Nummer drei spielen die Musiker um Michael Kiske und Dennis Ward (Pinc Cream 69) eine melodische Mischung aus keyboardlastigem Hard Rock und dezent eingestreuten Power-Metal-Schnipseln. Für die Songs auf „Thunder In The Distance“ zeichnet sich dieses Mal eine ganze Reihe verschiedener Songwriter verantwortlich, darunter Timo Tolkki (ex-Stratovarius), Alessandro Del Vecchio (Hardline) und Andrea Cantarelli (Labyrinth). Das Ergebnis der Arbeit dieser erfahrenen Riege ist zwar ziemlich einheitlich ausgefallen, aber in puncto Qualität gibt es einige nicht unerhebliche Brüche.
Während die CD mit „Talk To Me“ und „Power Of Music“ mit zwei gelungenen Stücke einsteigt, die klar machen, wo die Stärken der Gruppe liegen – nämlich in dem groovenden, melodiösen Riffing, über das sich die klare und bis heute charmante Stimme Kiskes legt –, folgen im späteren Verlauf einige Songs, die in Sachen Kitsch geradezu ruinös sind. Ein Song wie „It Can’t Rain Forever“ agiert an der Grenze zum Erträglichen, dem man auch seine auf Hoffnung gebürstete Attitüde kaum abkauft; das ist Radio-Pop mit E-Gitarren und, ganz ehrlich, das hätte die Band so nicht nötig. Auch das folgende „Fragile Ground“ hinterlässt einen eher faden Beigeschmack und Songs wie „Hold Your Love“ und „My Heart Is Dying“ erreichen nur mit Mühe das Level der gehobenen Unterhaltungsmusik à la Asia.
Gut, dass die Band auch einige wirklich gelungene Stücke am Start hat, die gerade den etwas schwächeren Mittelteil der Platte vergessen machen können. „Broken Wings“ besticht beispielsweise durch seine gelungene Strophenmelodie, „Lost In Paradise“ kann trotz des Schunkelcharakters überzeugen und mit „Maybe Tomorrow“ hat man einen beinahe schon epischen Song auf Platte gebannt, der mit seinem zweifelnden, fragilen Refrain punkten kann. Die CD endet mit dem Titeltrack, bei dem noch einmal alles aufgeboten wird, Keyboards, knackige Gitarrenparts und ein zum Kitsch tendierender Refrain. Alles in allem ist „Thunder In The Distance“ ein hübsches, aber nicht zwingend anzuschaffendes Genre-Album geworden, das glänzend eingespielt und produziert wurde, das aber einige wirklich höchstens durchschnittliche Songs sein Eigen nennt. Fans des melodischen Rocks sollten hier einmal reinhören; für die meisten wird die CD aber wirklich nur ein Donnern in weiter Ferne bleiben.
Wertung: 6.5 / 10