Bei fast jeder Musikrichtung hört man von Menschen, die sich in diesem Genre nicht zu Hause fühlen, sehr oft den Ausspruch: „Das klingt doch alles gleich.“ Demnach ist Black Metal halt Black Metal, Doom ist halt Doom und Punkrock ist halt Punkrock. Zeigt man diesen Personen dann zwei unterschiedliche Bands aus dem ‚immer-gleich-klingenden‘ Genre, die musikalisch relativ weniger miteinander zu tun haben, wird diese Aussage tragischerweise oft beibehalten. Doch es gibt einige Bands, deren Eigenständigkeit aufgrund ihrer technischen Fähigkeiten, ihres Abwechslungsreichtums und ihres Spielens mit den althergebrachten Konventionen auch von den größten Skeptikern anerkannt wird. In ganz seltenen Fällen kommt auch eine Band vorbei, die selbst Fans eines bestimmten Genres aufgrund der oben genannten Eigenschaften begeistern kann. Auftritt A WILHELM SCREAM. Irgendwo zwischen Punk und Hardcore angesiedelt veröffentlicht die Band aus New Bedford, Massachusetts mit „Partycrasher“ ihr viertes Album, das Erste seit sechs Jahren. Diese lange Pause liegt nicht in irgendwelchen kreativen Blockaden gegründet, sondern ist neben einem Wechsel auf der Gitarristenposition mit dem schier unermüdlichen Tourpensum von A WILHELM SCREAM zu begründen.
Der Titel des Albums ist Konzept, wie bereits zu Beginn deutlich wird: Nach einem einzelnen Gitarrenton, der nach unten gestimmt wird, bricht mit „Boat Builders“ ein gut gelaunter, ungebändigter Punkkracher nach vorne, welcher mit eingängigen Gesangslinien und unterschwellig eingearbeiteten Rhythmusspielereien aufwarten kann. Der zweite Song, „The Last Laugh“, beginnt dagegen mit einem wütenden Hardcore-Part à la Suicidal Tendencies, welcher sich mir nichts dir nichts in eine melodiöse Strophe und einen groovenden Refrain hinüberschwingt. Generell ist es die Mischung aus hochkomplexen, verschachtelten Rhythmen und unwiderstehlicher Geradlinigkeit, zwischen hochmelodiöser Eingängigkeit und wütender Aggression, zwischen Punk, Hardcore und Metal, welche A WILHELM SCREAM vom großen Rest der Masse abhebt. Als Paradebeispiel für dieses packende Durcheinander höre sich die nahezu unzählbaren Breaks in „Wild Turkey“ an, welche den Song allerdings niemals auseinanderreißen. Dass A WILHELM SCREAM dabei auch nicht vor 80er-Jahre-Metal-Soli zurückschrecken und sich diese logisch in den chaotischen Sound der Band einfügen – als Beispiel hierfür nehme man besonders das atemlose „Ice Man Left A Trail“ –, spricht für die Klasse des Songwritings. Über all das legt sich Nuno Pereiras wütendes, rau keifendes Organ, welches sicherlich gewöhnungsbedürftig ist, die Songs aber eben durch seine leicht gepresste und gehetzte Art ideal unterstützt.
„Partycrasher“ ist trotz seiner (scheinbaren) Eingängigkeit und aufreibender Energie kein Album für Nebenbei: Es wäre schade, all die raffinierten Technikspielereien zu verpassen, die intelligenten, teilweise auch politisch geprägten Texte auszublenden und A WILHELM SCREAM nur auf ihren – unbestreitbar sehr hohen – Spaßfaktor zu reduzieren. Songs wie „Number One“, welches mit mitreißenden Start-Stopp-Momenten aufwartet oder auch das unfassbar groovende „Sassaquin“ zeigen darüber hinaus ganz deutlich die stilistische Vielfalt auf, die A WILHELM SCREAM dem Genre des Punkrock entlocken. Dass dieses Genre dennoch mit Limitierungen zu kämpfen hat, merkt man vielleicht daran, dass das Album, wenn es eben im Hintergrund läuft, doch relativ eintönig und streckenweise auch nervig klingen kann. Aber sind A WILHELM SCREAM überhaupt noch Punk? Die schweißtreibenden Liveshows sowie die leidenschaftliche Energie, die auf „Partycrasher“ zu jedem Zeitpunkt spürbar ist, sowie die Ehrlichkeit, die aus dieser Musik spricht, schreien laut und deutlich „JA!“ Lasst die Szenepolizei doch sagen, was sie will.
Wertung: 7.5 / 10