Bands, die die Musikszene ihrer Zeit geprägt haben, gibt es viele. Solche, die dies wahrhaft nachhaltig tun, indem sie ein ganzes Genre (mit)begründen, hingegen schon deutlich weniger. Für die Bands jedoch, denen dieses Kunststück gelungen ist, bedeutet es zumeist nichts weniger als den Weg zur Unsterblichkeit – als Beispiele seien nur einmal The Beatles, Elvis Presley oder Nirvana genannt.
KRAFTWERK sind ebenfalls eine Band, die in diese Reihe gestellt werden muss – nicht umsonst bezeichnete die New York Times die Band einst als die „Beatles der elektronischen Tanzmusik“: Mit Alben wie dem 1978 erschienen Album „Die Mensch-Maschine“, beziehungsweise in der englischen Version „The Man-Machine“, legte die Band einen der Grundsteine für die komplette Electronic-Sparte, welche seit dieser Zeit einen beispiellosen Aufschwung bis hin zu aktuellen Hypes-Acts wie David Guetta erlebt hat.
Hört man sich, all die Musik der letzten Jahre im Ohr, zum ersten Mal ein KRAFTWERK-Album an, mag man sich fragen, was daran nun das Besondere, das Revolutionäre sein soll – denn richtig: KRAFTWERK klingen, salopp gesagt, nicht viel anders als guter Minimal/Electro heute klingt. Besonders daran ist die bereits gefallene Jahreszahl: 1978. Oder eher noch die der Bandgründung: 1970. Denn während die Beatles mit „Let It Be“ und „Abbey Road“ in den Charts landen, Black Sabbath „Paranoid“ veröffentlichen und Queen sich eben erst formierten, komponiert die als Duo gegründete Band auf bislang nicht dagewesenen „Instrumenten“ Musik, die – und damit kommen wir zum Punkt – auch heute noch in einem entsprechenden Club laufen könnte, ohne Retro-Flair zu versprühen: Denn auch fast 35 Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung haben Songs wie „The Robots“, „The Model“ oder der Titeltrack selbst nichts an Aktualität verloren.
Inspiriert durch den deutschen Stummfilmklassiker „Metropolis“ des Regisseurs Fritz Lang aus dem Jahre 1927, behandelt das Album Themen wie Weltraumfahrt, Roboter und die Großstadt als technik-dominierte Welt so steril und futuristisch als nur irgend möglich. Dabei erzeugt das Album wie von allein eine unübertreffbar unpersönliche Atmosphäre, die, nicht zuletzt der so simplen wie unsterblichen Melodien wegen, trotzdem tiefer unter die Haut geht als wohl 99% der elektronischen Musik, die diesem Album folgen sollte. So ist es schließlich auch wenig verwunderlich, dass von Rammstein über Depeche Mode bis hin zu David Bowie verschiedenste Bands KRAFTWERK als Inspiration gebende Idole nennen.
Für jeden, der sich auch nur im Ansatz mit elektronisch generierter Musik befasst, ist „The Man-Machine“ zumindest einmal gehört zu haben ein absolutes Muss. Empfehlenswert ist hierbei tatsächlich der Re-Release des Albums mit dem legendären Cover-Photo: In komplett mittels Re-Mastering überarbeitetem Sound klingt „The Man-Machine“ (als Re-Release ist lediglich die englische Version des ansonsten in beiden Sprachen veröffentlichten Albums erschienen) kraftvoller, moderner und glatter denn je. Und wo man bei anderen Platten aus anderen Genres vielleicht darüber Streiten mag, ob das Beheben von Rauschen und Knaxern einem Album Flair raubt oder Qualität gibt, ist hier wohl unbestreitbar, dass dieser Re-Release voll und ganz der Intention des Künstlers folgt, führt die Eliminierung derartiger Störgeräusche doch zu einem noch perfekteren, maschinell-sterilen Gesamtbild.
Wertung: 10 / 10