Für FATES-WARNING-Fans bedeutet die Veröffentlichung von „Darkness In A Different Light“ das Ende einer langen Durststrecke: Es ist das erste Studioalbum der Band seit neun Jahren – neun Jahre, in denen die amerikanischen Progmetaller mit Mini-Tourneen überlebten und sich ihre Fans mit Projekten wie Redemption (mit Sänger Ray Alder) oder „Sympathetic Resonance“, dem gemeinsamen Album von Gitarrist Jim Matheos und Ex-Sänger John Arch, über Wasser halten mussten.
Bei „One Thousand Fires“, dem Opener des neuen Albums, bleiben Überraschungen zunächst aus. Es ist ein typischer FATES-WARNING-Song – im Guten wie im Schlechten. Treibend, furztrocken und handwerklich tadellos, aber ohne echten Höhepunkt oder zwingende Melodien. Mit dem folgenden „Firefly“ wird es schon besser: Ray Alder glänzt in dieser eher melodisch-tragenden Nummer mit hervorragendem, wenn auch gewohnt wehleidig klingendem Gesang. Ein guter, kompakter Track.
Nach dem wiederum nicht sonderlich beeindruckenden „Desire“ folgt mit dem eineinhalbminütigen Akustikstück „Falling“ das geheime Highlight des Albums. In diesem reduzierten, puren Soundgewand klingen FATES WARNING plötzlich lebendig und echt. Ein berührender Song, der aber als Intro besser zur Geltung gekommen wäre. In seiner jetzigen, viel zu kurzen Fassung wirkt er beinahe so, als wäre es der Band peinlich, sich derart verletzlich zu zeigen. „I Am“ schielt anfangs stark in Richtung Tool – nach dem Gesangseinsatz wird es aber zu einer weiteren typischen FATES-WARNING-Nummer. Der Sound der Band ist in diesen Songs einfach zu eingefahren und gleichförmig, um mich nachhaltig begeistern zu können. Der Verzicht auf Keyboards verstärkt diesen Effekt leider noch.
Mit „Lighthouse“ schaffen Jim Matheos & Co. dann nochmals das, was ihnen schon mit „Falling“ gelang: Sie berühren. Und wieder ist der Schlüssel dazu die Reduktion, hier kombiniert mit einer langsamen Steigerung und packender Atmosphäre. FATES WARNING sind immer dann gut, wenn ihre lyrische Schwere nicht durch polterndes Riffing zersägt und geplättet wird, sondern sich völlig ungehindert in Herz und Hirn des Hörers hineinbohren kann, ihn langsam durchdringt. Genau das passiert hier. „Into The Black“ ist dann der Song auf „Darkness In A Different Light“, dem man am ehesten das Etikett ‚traditioneller Progmetal‘ anhängen kann, was hier positiv gemeint ist. Eine abwechslungsreiche Nummer mit stimmungsvollem Beginn und guten Instrumentalparts. „Kneel And Obey“ besticht lediglich durch das interessant klingende Gitarrensolo im Mittelteil, das beinahe als extrem verfremdetes Keyboard durchgehen könnte.
Zählt man „Falling“ nicht als vollwertigen Song, ist „O Chloroform“ neben „Lighthouse“ der zweite Spitzentrack der Platte: Die Melodien gehen runter wie Öl, die aufgebaute Atmosphäre ist – insbesondere in den ruhigen Teilen – unglaublich intensiv. Ray Alders emotionaler Gesang geht durch Mark und Bein, packt, schleudert und umgarnt den Hörer, dass es eine wahre Freude ist. Geil!
Zum Abschluss macht die Band dann das, was sie als Progmetal-Combo machen muss: „And Yet It Moves“ ist ein 14-minütiger, virtuoser Longtrack mit einer wunderbaren Einleitung auf der akustischen Gitarre. Als Epic erreicht das Stück zwar nicht die Dichte und Intensität der beiden Band-Meisterwerke „Still Remains“ und „The Eleventh Hour“, ist aber dennoch überaus gelungen – zumindest für die ersten neuen Minuten. Danach wird reichlich zusammenhanglos in einen zwar tollen, aber völlig losgelösten Semi-Akustikpart mit epischem Gitarrensolo übergeblendet, der eigentlich ein eigener Song ist. Schade, dass die Band diesen Etikettenschwindel nötig hat.
Alles in allem: „Darkness In A Different Light“ ist zweifellos ein Album, das FATES-WARNING-Fans gefallen wird. Die Band spielt viel FATES-WARNING-Musik ohne allzu große Experimente und reduziert ihren Sound aufs Wesentliche. Genau darin allerdings liegt das Problem. Denn immer dann, wenn Jim Matheos und seine Mannen ihre Komfortzone aus Riffs, Rhythmus und Schwermütigkeit verlassen, wird es höchst interessant. Leider passiert das für meinen Geschmack auf „Darkness In A Different Light“ viel zu selten.
Zum Antesten empfehle ich folgerichtig die Nummern, die aus dem üblichen Schema ausbrechen: „Falling“, „O Chloroform“ und „Lighthouse“ sind überragend, „And Yet It Moves“ immer noch sehr gut. Der Rest ist gutes bis ordentliches Füllmaterial.
Wertung: 7 / 10
Eine fantastische Rezension, die ich auch als FW-Hardliner unterschreiben kann! Wenn man sich in der Fates’schen „Komfortzone aus Riffs, Rhythmus und Schwermütigkeit“ wohlfühlt, kann man getrost einen oder anderthalb Punkte draufrechnen. Außerdem klingt Ray für meine Begriffe fantastisch, seine Stimme muss man halt mögen.
Die erste Hälfte des Albums hat einige Songs, die wahrscheinlich keine Bandklassiker werden („Desire'“, „I Am“…), aber danach werden die magischen Momente doch deutlich zahlreicher. „Firefly“ als legitimer Ohrwurm-Nachfolger von „Another Perfect Day“ kann kaum genug Hype bekommen, auch „Into The Black“ und „O Chloroform“ (ungewöhnliche, geile Vocallines) sind klasse und der Longtracks wartet mit einer Menge Überraschungen und Schönheit auf.
Übrigens möchte ich ganz stark die Werbetrommel für die Bonustracks rühren, die es entweder auf der Doppel-CD- oder Doppel-LP-Version zu hören gibt. Neben einer „Extended“-Version von „Firefly“ (wie kann man da Nein sagen?) hat’s da eine absolut überraschende, schmissige Rockversion von „Falling“, die man mal gehört haben muss.
(Nebenbei bemerkt sieht das transparente rote Vinyl der Doppel-LP-Version schweinegeil aus. :D)