Warum ist eine Band, die selber etliche andere Gruppen beeinflusst hat, nie wirklich berühmt geworden? Nein, die Frage muss man anders stellen, warum blieb bei SAINT VITUS der kommerzielle Erfolg aus, den viele andere, die zumindest im Verdacht stehen, von den Amerikanern abgeschrieben zu haben, einfuhren? Nun, die Frage eignet sich insgesamt wohl ganz gut zur Eröffnung einer Review, aber nicht unbedingt, um beantwortet zu werden, denn gerade für jemanden, dessen Doom-Ohr nicht so geschult ist, ergibt sich eigentlich kein größeres Potential bei den Klonen dieser Legende.
Nachdem man im letzten Jahr mit „Lillie: F-65“ das erste Studioalbum nach über fünfzehn Jahren an den Start gebracht hatte, will man nun mit dem neuen Label Season Of Mist im Rücken wohl noch einmal den Backkatalog ausschlachten und schauen, ob sich das alte Zeug nicht doch irgendwie an den Mann bringen lässt.
Keine schlechte Idee, schließlich hatte man die beste Phase nun mal vor der Jahrtausendwende, warum soll man also nicht auch jüngeres Publikum ansprechen, das bislang vielleicht die Frühwerke von Paradise Lost oder Anathema für das ultimative Doom-Erlebnis hielt. Selbstredend klingen SAINT VITUS gänzlich anders, auch wenn es parallelen beispielsweise im Bereich Stimmung und Atmosphäre gibt. Der Gesang ist der urtypischen Doom entsprechend klar gehalten, ein Umstand, der mich immer ein wenig fern hielt von den Genrewurzeln. Ein wenig Death, wie ihn beispielsweise Winter hinzugeben, macht schon wesentlich mehr Faszination, aber wenn der Gesang gut ist, kann man wie in dem vorliegenden Fall auch gut mit cleanen Vocals leben.
Wesentlich prägender als die klagende Stimme finde ich ohnehin die langsamen, dafür aber umso schwereren Gitarrenriffs und das depressive Drumming, dazu der „erdige“ Klang des Sechssaiters. Auf jeden Fall zu Gute halten muss man der Band, dass sie sich nicht mit den einfachen Stilistiken zufrieden gibt, sondern gerne mal ein Solo einfließen lässt und generell für eine Menge Abwechslung sorgt. Ein wenig fehlen mir auf der anderen Seite ein paar „Mitsingnummern“, wobei ich diesen Begriff nicht ohne Absicht in Anführungsstriche setze. Partymusik ist es freilich nicht, aber irgendwie wird man den Eindruck nicht los, SAINT VITUS wollten überhaupt nicht, dass die Lieder beim Hörer hängen bleiben. Natürlich kann man mit der dichten Atmosphäre schon einiges erreichen, aber etwas mehr Songdienlichkeit wäre nicht verkehrt gewesen, auch wenn man Eines nicht vergessen darf: Das Material ist mittlerweile über 20 Jahre alt.
Wie bereits erwähnt, diese Wiederauflage macht schon Sinn. Gerade wenn eine Legende auf das Parkett zurückkehrt, bietet es sich ja an, alte Tänze noch einmal aufzulegen. Eine Zielgruppe sollte auch schnell gefunden sein, nicht jeder, der heutzutage zumindest Candlemass oder Mourning Beloveth hört, hat auch die komplette Diskographie von SAINT VITUS im Regal stehen. Wenn er sich aber einen beinharten Doomer schimpfen lassen möchte, sollte er dies umgehend nachholen, zumal die Platte mit reichlichem Bonuns daherkommt.
Keine Wertung