Selbstreflexion ist ein schwieriges Thema bei Musikern im Allgemeinen, vor allem aber bei Newcomern. Und das auch nicht grundlos, ist es doch absolut notwendig, dass man von seinen Ideen vollends überzeugt ist, um die Motivation aufzubringen, diese aufzunehmen und zu veröffentlichen. Im Zuge dieser Euphorie des Erschaffens übersieht man dann gerne das ein oder andere Detail.
Anders ist beispielsweise im Fall von FALLEN TYRANT aus Südhessen nicht zu erklären, wieso niemandem der Beteiligten aufgefallen ist, dass das, was da im Booklet als Bandphotos zu sehen ist, nichts mit „klassischer Gesichtsbemalung“, wie es im Pressetext so schön heißt, zu tun hat, sondern allenfalls beim Kinderschminken auf dem Volksfest Anerkennung finden dürfte.
Natürlich ist das nur ein Detail aus vielen – leider jedoch exemplarisch für das Schaffen von FALLEN TYRANT, das in vielen Punkten als „gut gedacht, schlecht gemacht“ bezeichnet werden muss. So ist beispielsweise die Idee, gleich das Debüt-Album live einzuspielen, um die „Energie eines Powertrios, das eine kleine Bühne zusammenknüppelt, auf die Aufnahme zu übertragen“ sicher nicht grundverkehrt – allein, FALLEN TYRANT tun sich damit keinen Gefallen: Deutlich hörbar übersteigen die Anforderungen in Sachen Zusammenspiel und Technik, die diese Aufnahmeform erfordert, die Fähigkeiten der Jungmusiker – rhythmische Unstimmigkeiten und instrumentale Unsicherheiten sind die vermeidbare Folge.
Dass der Sound dabei trotzdem noch in Richtung „ranzigen Proberaum-Nekrosounds“ (welch herrlicher Terminus!) abdriftet, obwohl die Band eigentlich genau das vermeiden wollte, wertet „No World To Win, A Life To Lose“ nicht unbedingt auf. Wirklich zum Nachteil gereicht der Klang der Platte aber auch nicht … ein Fakt, der einiges über das Songmaterial aussagt, passt ein solch fieser, höhenlastiger Klang doch nur zu truem Schwarzmetall ohne viele Schnörkel. Ohne dabei all zu viel Eigeninitiative zu zeigen, bieten FALLEN TYRANT dem Hörer dann auch genau das: Zwar wurde hier durchaus der ein oder andere gute Riff verarbeitet, im Großen und Ganzen hält sich die Faszination, die von dem Material der Band ausgeht, in Grenzen.
Wer auf trockenen, kompromisslosen Black Metal im Stile alter Gorgoroth steht, kann hier schon mal ein Ohr riskieren … wohlgemerkt: kann, nicht muss. Denn auch, wenn FALLEN TYRANT gewiss nicht zu den schlechtesten Bands des Sektors gezählt werden müssen, sehe ich doch wenig triftige Gründe, in der heutigen Zeit noch holprigen Black Metal anzuhören, wie man ihn aus den 90ern zu Genüge im Schrank stehen hat. Doch weil das Material an sich gar nicht so schlecht ist, heißt der Tipp fürs nächste Mal: Bitte vernünftig recorden. Der Aufwand lohnt sich. Wirklich.
Wertung: 5.5 / 10