Achim Köhler könnte man als Spezialisten für deutschen Heavy Metal bezeichnen, gaben sich in seinem Indiscreet Audio Studio doch mit Bands wie Sinner, Brainstorm, Symphorce oder seinen Studio-Dauergästen Primal Fear diverse Bands aus diesem Genre die Klinke in die Hand.
Doch auch Sodom, Sonic Syndicate oder Headhunter nutzten schon die Dienste des Produzenten, der neben seiner Studiotätigkeit oft als Live-Mischer unterwegs ist.
An welchem Projekt arbeitest du aktuell und was kannst du bereits zum Resultat verraten?
Zurzeit arbeite ich am Russell Allen Solo Album. Und das wird ein Killer! Einer der besten Sänger in diesem Genre!
Fangen wir ganz am Anfang an: Wie bist du zu deiner Produzententätigkeit gekommen: Ist das dein erlernter Traumberuf oder bist du ein „Quereinsteiger“?
Ich war früher Gitarrist, später Drummer in einer Rockband und habe wegen Erfolglosigkeit das Lager gewechselt… Ich habe damals schon die Demos (4-Spur) meiner Band „produziert“ und auch die der benachbarten Bands in unserem Proberaum. Angefangen habe ich eigentlich im Live-Sektor – ich durfte sehr früh mit Bands wie Saga, Sweet und China auf Tour gehen und habe die Supportband abgemischt. Das war sehr aufregend und ich habe viel dabei gelernt – auch, wie man es besser nicht macht, haha. Ich habe sozusagen mein Hobby zum Beruf gemacht!
Dein Arbeitsschwerpunkt an Studioproduktionen liegt ja im Heavy Metal-Bereich, allerdings weist deine Diskographie auch Ausreißer wie Totenmonds „Thronräuber“ oder Mastering-Jobs für die Deutschpunker Wizo auf. Wie kam es dazu und gibt es Genres im Rock / Metal-Bereich, aus denen du prinzipiell keine Arbeiten annehmen würdest?
Mit Wizo habe ich auch die ersten beiden Alben aufgenommen und gemischt (Klassiker!). In die Punk-Szene kam ich durch meine Zivildienststelle in einem Jugendhaus. Die Jungs von Wizo hingen da immer ab und so kam der Kontakt zustande. Ich war auch damals jahrelang der „Livemischer“ von Wizo, bzw. bin es seit letztem Jahr wieder. Ich mag Punk Rock sehr! Bad Religion, Offspring, Sex Pistols oder Sum 41 zählen zu meinen Lieblingen in diesem Genre.
Totenmond haben mich damals angefragt und ich war anfangs eher skeptisch, ob die Konstellation funktioniert – aber es kamen zwei tolle Alben dabei raus – fettes Brett, so wie ich es liebe!
Ich bin offen für alles, was handwerklich gut gemacht ist!
Ich könnte mir vorstellen, dass man sich in ein Album intensiv hineinhören muss, um ihm den passenden Sound zu verpassen. Muss man die Musik, die man produziert, also immer auch gut finden, oder geht das auch, wenn man die Musik nicht mag?
Ich bin wie gesagt offen für alle Stile und Richtungen in der Rockmusik – wenn mich jemand als Produzent/ Mixer verpflichtet, versuche ich das Beste rauszuholen und den Künstler zufrieden zu stellen.
Beeinflusst das Produzenten-Dasein deinen Musikgeschmack auch in umgekehrter Weise – hörst du privat also (mittlerweile) andere Musik als die, die du produzierst und hast du dir gewisse Genres beruflich bedingt totgehört?
Totgehört bestimmt nicht! Aber ich bin vom Powermetal zum Modern Rock gewechselt – zu Bands wie Stone Sour, Papa Roach, Billy Talent und Three Days Grace, also dem moderneren Metal. Ich steh auch auf die fetten Produktionen, auch wenn sie ab und zu etwas zu stark glattgebügelt sind.
Wenn man sich deine Diskographie anschaut, stellt man fest, dass du mit vielen Bands über Jahre hinweg zusammengearbeitet hast – ist dir das lieber, als dich ständig in das Material neuer Bands einhören zu müssen?
Es hat sich halt so ergeben, warum soll man wechseln, wenn die Zusammenarbeit gut funktioniert.
Ich bin offen für Neues, aber auch froh, dass die meisten Bands mit mir zusammenarbeiten und mir vertrauen.
Liest du Reviews zu von dir produzierten Platten und verfolgst den Erfolg einer von dir produzierten Platte weiter, oder ist das Thema für dich abgehakt, wenn du die Master-CD raus schickst?
Ja, ich lese viele Reviews und bin sehr neugierig, wie die Alben bei der Presse ankommen.
Bist du stolz, wenn ein Album dann auch einmal bspw. einen Charteinstieg verzeichnet?
Charts sind toll! Auf einmal werden viele Leute auf Dich aufmerksam und wollen von Dir produziert werden… und ich bin stolz, dass sich so viele Leute meinen Sound anhören!
Würdest du sagen, dass die Arbeit, die ein Produzent in ein Album steckt, beziehungsweise dessen Anteil am Erfolg einer Platte, generell unterschätzt wird?
Naja, ich denke, viele Leute konsumieren die Musik nur und denen ist egal, wer da seine Finger im Spiel hatte – Hauptsache, tolle Songs und guter Sound! Aber das ist OK für mich.
Denkst du, das war in Zeiten, in denen nicht jeder Musiker (und welcher Metaller sieht sich selbst nicht auch als Musiker) selbst mit Pro-Tools, Logic und dergleichen herum gewurschtelt hat, anders?
Nein, denke ich nicht. In diesen Zeiten haben die Labels noch richtig in die Bands investiert und diese aufgebaut. Da war guter Ton immer selbstverständlich.
Das ist ein interessanter Aspekt, den du da ansprichst. Heute sind ja gerade kleinere Bands da auf sich selbst gestellt, da die Labels kaum noch für Unkosten aufkommen. Als Folge davon nehmen viele das Recording jetzt selbst in die Hand, um teure Studiozeit zu sparen und gehen nur noch zum Mischen und/oder Mastern ins Studio. Hälst du diese Vorgehensweise für sinnvoll und würdest du so arbeiten?
Leider werden die Budgets immer kleiner… aber wenn man sich mit Tontechnik auskennt, ist diese Variante völlig OK! Es gibt gewisse Tricks, wie man mit „einfachen“ Mitteln zu einem guten Resultat kommt. Es geht trotzdem nichts über ein akustisch und technisch optimiertes Tonstudio! Und natürlich fällt dann der Part des eigentlichen „Producers“ weg!
Wo du es grade schon ansprichst: Wie viel Einfluss nimmst du idealerweise auf ein Album? Mischt du dich auch mal in den Kreativprozess ein und steuerst Ideen bei, oder siehst du dich als bloßes Instrument der Musiker, dem Album den Sound zu verleihen, den sie sich vorstellen?
Ich versuche natürlich, das Beste aus einem Song herauszuholen und steuere bei Bedarf auch Ideen bei. Bei den „alten“ Bands bin ich eher für den Sound zuständig – die wissen genau, was ein guter Song braucht.
Wie großen Anteil hat das persönliche Verhältnis zu einer Band auf das Resultat?
Na die Chemie sollte schon stimmen – sonst macht das keinen Spass und die Kreativität geht verloren. Ich hab auch schon mal eine Produktion abgebrochen, weil es einfach nicht gepasst hat.
Trinkst du mit Bands, die ein bisschen länger da sind, nach Feierabend auch mal ein Bier oder zwei, oder geht so etwas im Normalfall über das Verhältnis zwischen Produzent und Musiker hinaus?
Natürlich, das gehört doch dazu – früher haben wir viel gefeiert, fast zu viel, haha. Heute hab ich zwei Kids, da geht man dann eher früher nach Hause….
Musiker reden in Interviews oft davon, dass Teile des Kreativprozesses erst im Studio stattgefunden haben – wie stehst du dazu? Findest du gut, wenn noch im Studio an den Songs gefeilt wird, oder nervt dich das eher?
Nein, im Gegenteil, ich finde das troll! Deshalb geht man doch ins Studio und holt sich einen Produzenten. Man probiert verschiedene Sounds – stellt das Arrangement um – baut weiter Parts ein usw.
Digital, Analog, Vintage-Amps, modernste Geräte, Reamping … die Frage der Technik geht ja fast in den religiösen Bereich. Auf was schwörst du, und wo siehst du die Vorzüge deiner Arbeitsweise?
„The best of both worlds“… Ich habe analoge und digitale Technik am Start.
Heute habe ich „Total Recall“ – kann jederzeit auf einen Mix zurückgreifen und Änderungswünsche der Künstler in kürzester Zeit umsetzen. Früher (analog) ist soetwas nur bedingt und mit hohem Arbeits- und Kostenaufwand möglich gewesen.
Ich arbeite mit Pro Tools HD und summiere meine Ausgänge über eine analog Summing Box incl. anlogen Buss Kompression. Reamping biete ich natürlich auch an – gerade, wenn die Bands im Proberaum mit begrenzten Mitteln aufnehmen, ist es sinnvoll, die Gitarren und Bässe nochmals soundmässig zu überarbeiten – mit guten Amps/Mikros, die sich manche Bands einfach nicht leisten können, oder wenn die Aufnahme- oder Abhörbedingungen nicht stimmen.
Mein Tipp: Immer ein DI Signal mit aufnehmen!
Soundmäßig hat sich in vielen Metal-Bereichen in den vergangenen Jahrzehnten einiges getan, bis hin zu einem ausgeprägten Retrotrend in vielen Genres wie dem Thrash, so dass jede Zeit ihren eigenen Sound hat. Klingen Metal-Produktionen im Jahre 2013 besser als solche aus den 80ern, oder nur anders?
Die heutigen Produktionen klingen „tighter“, weil die Aufnahmemöglichkeiten besser sind als vor 20 Jahren! Die Technik hat sich natürlich sehr verändert – heute kann jeder ein Demo auf dem Iphone aufnehmen und die Mittel zur Manipulation sind unglaublich: Drums quantisieren, Stimmen in der Tonhöhe verändern, bzw. Korrigieren… alles mit einem Mausklick machbar. Das macht sich bermerkbar – im Guten wie im Schlechten.
Ich finde es OK wenn man sich solcher Hilfsmittel bedient, solange die handwerkliche Qualität nicht leidet. Was bringt es mir, alles zu editieren, wenn ich es später auf der Bühne nicht umsetzen kann?
Wie stark wirst du von der Arbeit anderer Produzenten beeinflusst? Wenn du privat ein Album hörst und dessen Sound gut findest, informierst du dich dann, wer das produziert hat und mit welchem Equipment, um eventuell entsprechend nachrüsten zu können?
Ich bin ein richtiger Freak, was das betrifft! Randy Staub, Chris Lord Alge, Andy Wallace, Mick Shippley und Joe Baresi haben mich sehr beeinflusst. Natürlich schaut man da mal nach, was die so benutzen und kauft auch das ein oder andere Tool, um an diesen Sound ranzukommen!
Wünschst du dir als sicherlich sehr sound-fixierter Musikhörer manchmal bei einem Metal-Klassiker einen besseren Sound oder malst dir aus, wie das Album klingen würde, wenn du es produziert hättest?
Jedes Album hat seinen Charme. Natürlich sind auch ein paar Ausreißer dabei, aber ist ja alles Geschmacksache. Leider wurden durch sogenannte ReMasters/Mixes auch viele tolle Alben zerstört! Ich würde gerne mal in Produktionen/Aufnahmen von Howard Benson, Mutt Lange, Peter Collins reinhören, bzw. einen Song mischen, um zu sehen, was ich da so rausholen kann…
Neben deiner Studiotätigkeit machst du ja auch viel im Bereich Livesound, u.a. für Edguy, Primal Fear, Axxis oder VandenPlas. Ist das „On The Road“ sein eine gelegentlich notwendige Abwechslung zum Studioalltag oder sind das für dich eher etwas, das als „notwendiges Übel“ eben dazugehört?
Die Abwechslung macht mir großen Spass – Live ist Echtzeit und immer wieder eine tolle Herausforderung! Es ist einfach schön, mitzuerleben, wie die Musik/Sound die Menschen berührt.
In Südamerika gehen die Fans dermassen ab, da bekomme ich oft ne Gänsehaut!
Gibt es ein Album, auf das du als Produzent besonders stolz bist? Wenn ja: Welches und warum?
Ich bin auf alle Alben stolz – möchte da keine Wertung abegeben.
Was war das für dich interessanteste Projekt im vergangenen Jahr, und warum?
Interssant waren alle Projekte – ich war letztes Jahr ziemlich viel auf Tour und hatte tolle Shows mit Primal Fear/Brainstorm, Kamelot und Edguy. Im Studio fand ich Helker den Hammer! Tolle Band aus Argentinen mit super Sänger! Unbedingt reinhören!
Und was war das schwierigste / nervenaufreibendste und warum?
Keines.
Gibt es eine Band oder Musiker, mit der/denen zusammenzuarbeiten dich noch wirklich reizen würde?
Schlagzeug: Brian Tichy / Dean Castronovo
Bass: Glen Hughes / Doug Pinnick
Gitarre: Steve Salas / Chris Impellitteri
Gesang: Jacoby Shaddix / Corey Taylor
Und eine letzte Frage zum Abschluss: Erzählst du uns noch eine Anekdote aus deiner Produzentenkarriere?
Eine Band wollte unbedingt einen Drumsound wir auf dem schwarzen Metallica-Album. Wir haben uns extra ein spezielles Drumkit und besondere Mikrofone ausgeliehen und 2 Tage den Sound gecheckt und geschraubt bis wir zufrieden waren….. dann konnte der Drumer die Songs nicht spielen… haha! Der Gitarrist hat dann die Drums programmiert und ich hatte 3 Tage frei…
Schau mal auf seiner Homepage unter Kontakt:
http://www.indiscreet-audio.de/frames.htm
Beste Grüße
Hallo Leute,
könnt ihr mir die Kontakt Daten von Achim Köhler zukommen lassen?Ich finde im Netz leider nichts. Ich brauche einen Produzenten.Danke.
Björn Bänisch