Nach ihrem letzten Release im Jahre 2009 ist es um die amerikanischen Vorreiter des Metalcores etwas ruhig geworden. Nun ist es aber nicht untypisch, dass Bands sich mit Fortschreiten ihrer Karriere (KILLSWITCH ENGAGE gibt es jetzt bereits 14 Jahre) mehr Zeit für das Komponieren ihrer Alben lassen – und gerade bei Formationen dieses Genres ist das nur zu begrüßen. Auf der anderen Seite kamen bei KILLSWITCH ENGAGE noch andere Gründe hinzu – so verließ Howard Jones vor gut 15 Monaten die Band wegen seiner Diabetes-Erkrankung und gesunkener Motivation. Nach kurzer Suche seitens der Band trat Jesse Leach, der KILLSWITCH ENGAGE im Jahr 1999 mitgegründet, auf den ersten zwei Alben den Sängerposten inne und in der Zwischenzeit mit Times Of Grace deutlich seichtere Töne angeschlagen hatte, wieder bei.
Nach dem Self-Titled-Album, das zwar nicht schlecht war, auf dem man aber den Eindruck gewinnen konnte, dass die Band sich ein bisschen zu wohl im Mainstream fühlt, haben KILLSWITCH ENGAGE wieder einen Schritt in eine härtere Richtung gewagt – das ist nicht zuletzt Jesse Leach geschuldet, dessen Shouts deutlich rauher klingen als die seines Vorgängers Jones. Der Spagat zwischen rauhem Sprech-, cleanem und Schreigesang gelingt ihm fast immer. Damit befindet sich Leach auf einer Linie mit der ganzen Band, die den typischen Metalcore-Sound auf ihre Weise erweitert und ähnlich wie die großen As I Lay Dying eine eigene Symbiose aus Thrash, Melodic Death, Heavy Metal und den typischen Hardcore-Riffs schafft. KILLSWITCH ENGAGE machen es sich außerdem nicht einfach in der Mitte gemütlich, sondern steigern, neben charakteristischen Nummern wie „The Hell In Me“ und „No End In Sight“, den Härtegrad ganz punktuell: Da wäre das Highlight von „Disarm The Descent“ , „All We Have“, das mit knallharten Drums und wuchtigen, aber simplen Akkordfolgen überzeugen kann, auch weil Leach hier fast durchgehend shoutet. „The Call“ und „Time Will Not Remain“ sind in dieser Richtung weiterhin hervorzuheben.
Bei aller Akzeptanz dafür, dass KILLSWITCH ENGAGE ihre Lieder inzwischen für ein großes Publikum schreiben, ist sowas wie „Always“ trotzdem nicht zu verzeihen: „I am with you always, from the darkness of night till the morning“ – das tut weh. Sowas dürft ihr getrost All That Remains überlassen, liebe Killswitcher. Und „A Tribute To The Fallen“ muss im Refrain doch nicht so nach Phil Collins statt nach Heavy Metal klingen. Das Album ist nämlich erfreulich druckvoll produziert – man hat nicht wie die gerade angesprochenen Kollegen jegliche Härte gegen ein paar Dollars mehr eingetauscht. Dementsprechend versöhnt der Rausschmeißer „Time Will Not Remain“ durch famose Gitarrenarbeit und Ohrwurm-Refrains, die von ballernden Gitarrenriffs und Growls konterkariert werden. Ganz im Sinne des Heavy Metals solieren die Gitarristen Stroetzel und Dutkiewicz hier auch filigran.
So ist „Disarm The Descent“ ein starkes Album einer Band geworden, die immer noch nichts von ihrer Daseinsberechtigung verloren hat und die es wie kaum eine andere versteht, Härte und Melodie zu verbinden, ohne dabei in Kitsch-Regionen abzurutschen.
Wertung: 8 / 10