Eigentlich kann man kein Wort über FLOTSAM & JETSAM verlieren, ohne auf die beiden maßgeblichen Alben dieser Band, namentlich „Doomsday For The Deceiver“ und „No Place For Disgrace“, zu verweisen, die in jede gepflegte CD-Sammlung gehören und die die Begeisterung für den frühen Thrash / Speed Metal entscheidend mitgetragen haben. Aber ich muss auch eingestehen, dass ich nach all den Besetzungswechseln und eher durchschnittlichen Alben der vergangenen Jahre die Entwicklung der Band um Ausnahmesänger Eric A. K. aus den Augen verloren habe und das trotz der Tatsache, dass das letzte Album „The Cold“ teilweise frenetisch gefeiert wurde.
Mit „Ugly Noise“ liegt nun das elfte Studiowerk der Amerikaner vor, das zuerst unter Eigenregie und vorfinanziert mittels PledgeMusic auf den Markt kam und jetzt erneut veröffentlicht wird von – Metal Blade. Immerhin das Label, das auch die beiden oben genannten Klassiker veröffentlichte. Back to the roots?
Musikalisch: nein! Das machen schon die ersten Töne des Openers und Titeltracks klar. Eingeleitet von dunklen Klaviertönen, schleppt sich das Stück dahin, dominiert von Stakkato-Riffs (die sich auf dem Album häufiger wiederfinden) und einer treffsicheren, unaufgeregten Gesangsart. Die nachdenkliche Atmosphäre, die der Song aufbaut, das permanente Aufbrechen des Rhythmus‘ sowie die Laut-Leise-Dynamik werden stilgebend für viele andere Songs der Scheibe und prägen das überaus moderne Erscheinungsbild von „Ugly Noise“. Diese Mischung ist zwar ungewohnt, aber sehr interessant und funktioniert häufig verblüffend gut, wie das dramatische „Run And Hide“ beweist, wo Eric A. K. mit einem wunderbar leidend vorgetragenen Mittelteil besticht. Auch die beiden Stücke „Rabbit’s Foot“, veredelt durch unverzerrte Gitarrenparts, sowie „Play Your Part“, das auf eine tolle Melodieführung verweisen kann, schlagen in diese Kerbe.
So homogen, wie es nun scheinen mag, präsentiert sich die CD allerdings nicht. Es finden sich nämlich auch Stücke, die – wenn auch nicht genau in dieser Form – durchaus auf den frühen Klassikerscheiben der Gruppe ihren Platz hätten finden können. Dazu gehören allen voran die beiden schnellen, eben sehr thrashigen Stücke „Gitty Up“ und „Carry On“. Aber auch „Rage“, „Motherfuckery“ (dämlicher Titel) oder „To Be Free“ ziehen das Tempo und den Härtegrad kräftig an und liefern teils richtige Nackenbrecher-Riffs ab.
Doch selbst hier gibt es in den einzelnen Stücken Elemente, die den Höreindruck heterogen machen – seien es verzerrte Gesangspassagen, elektronische Beats oder schwer dissonante Akkordfolgen. Nicht alles davon funktioniert einwandfrei und auch nicht jeder Riff überzeugt zu 100 Prozent, aber unterm Strich bleibt mir nur festzustellen: „Ugly Noise“ ist eine interessante, top produzierte Metal-Scheibe, die neben vielen tollen Stücken auch eine Antwort auf die Fragen bereit hält, wie Metal heute klingen kann – wobei man das nächste Mal gerne auf ein etwas weniger gebrochenes Erscheinungsbild achten darf. Für mich trotzdem ein Anreiz, das Vorgänger-Album „The Cold“ auszuprobieren!
Wertung: 8 / 10