Interview mit Martin Steward von Terror

TERROR haben sich in ihrer elfjährigen Karriere einen Ruf als beinharte Hardcore-Traditionalisten erarbeitet. Aus dieser Gangart schert auch das neue Album „Live By The Code“ nicht im Mindesten aus. Vom positiven Vibe in TERROR-Songs und von der Entstehung dieser Songs erzählt Martin Steward und äußert sich dabei auch zur Einstellung der Band zu Touren und sechsstündigen Konzertabenden.

 

 

Gratulation zu „Live By The Code“, meiner Meinung nach mal wieder ein richtig feiner Hardcore-Brocken geworden. Seid ihr mit dem Album gänzlich zufrieden?
Vielen vielen Dank! Ich persönlich bin sehr zufrieden mit dem Album und ich bin mir sicher, dass der Rest der Band das auch ist. Wir haben das Album ja schon eine Weile im Kasten, deshalb ist jetzt eine große Erleichterung, dass es endlich erscheint und wir es mit der Welt teilen können.

„Live By The Code“ erschien ja erst vor kurzem. Wie sahen denn die Reaktionen der Presse aus?
Ein paar Kritiken habe ich schon gelesen, die waren alle sehr positiv. Ich persönlich versuche, der Presse nicht zu viel Aufmerksamkeit zu schenken, ob es nun um meine Musik oder um die anderer geht. Es war mir schon immer lieber, meine eigene Meinung zu formulieren, als mich von der anderer beeinflussen zu lassen.

Was hat sich seit „Keppers Of The Faith“ denn musikalisch geändert? Ich habe gehört, dass sich einige Kritiker darüber beschwert haben, dass sich absolut gar nichts getan hat.
Ich bin mir nicht sicher, was sich verändert haben sollte, wahrscheinlich wirklich nichts. Wir spielen Hardcore, Musik, die wir lieben. Ich weiß auch nicht, was für eine Art von Veränderung sich die Leute denn erwarten. Genau die wären es doch, die sich als erste beschweren würden, dass wir unsere Wurzeln verleugnen, wenn wir den Sound drastisch ändern würden. Wir haben das gemacht, was ich für eine starke Hardcore-Scheibe halte und ich kann jedem, der mit Hardcore etwas anfangen kann, nur wärmstens empfehlen, sich selber ein Bild zu machen.

Wann habt ihr angefangen, die Songs für das neue Album zu schreiben und wann wart ihr im Studio? Lief etwas anders als zuvor?
Ich würde sagen, die ersten Ideen kamen unmittelbar nach Abschluss von „Keepers Of The Faith“. TERROR ist für mich keine Band, die Musik schreibt, weil sie sich entschieden hat, dass es Zeit für ein neues Album ist. Es ist ein ganz natürlicher Prozess. Alle in der Band lieben Hardcore und ziehen daraus die Inspiration für die Songs, wir haben keine Deadlines oder so. Dementsprechend war der Entstehungsprozess dieses Albums dem von „Keepers Of The Faith“ auch sehr ähnlich: Schreib einen Haufen Songs, sammle sie, entschlacke sie, wenn nötig, sperr dich eine Woche lang jeden Tag im Proberaum ein, damit sie dir ins Blut übergehen und um noch einmal Ideen zu sammeln und geh dann mit guten Gewissen ins Studio.

Wie funktioniert Songwriting bei TERROR dann ganz konkret?
Wie gesagt, wir nutzen da modernere Pre-Recording-Möglichkeiten genauso wie den klassischen Jam im Proberaum. Es ist ein Segen, dass man Songs mit einem Laptop in ein paar Minuten aufnehmen kann. Du kannst 100 Ideen alleine in einer Zeit festhalten, die du sonst brauchst, bis eine Gruppe von Musikern alle zur selben Zeit am selben Ort sind und sich angestöpselt haben. TERROR ist definitiv eine Band, die Drumcomputer und PCs verwendet, die diese Skizzen dann aber im Proberaum auch in richtige Songs verwandelt, wenn es ernst wird.

Es scheint, als hielten TERROR das Budget für ihre Artworks absichtlich gering – „Keppers Of The Faith“ war schwarz-weiß, „Live By The Code“ beschränkt sich auf ein Bandfoto. Warum so minimalistisch, wo ist der vergleichsweise große Detailreichtum von „The Damned, The Shamed“ hin?
Erstmal finde ich, dass alle TERROR-Artworks auf ihre Weise schön sind. Wir hatten die detailliert gezeichneten, wir hatten die simplen. Wenn du dir einen Hardcore-Klassiker wie „The One Thing That Still Holds True“ von Chain Of Strength anschaust, siehst du ein Album in einer einzigen Farbe mit einem kranken Livefoto vorne drauf. Ziemlich simpel, in your face. Das waren die Alben, die für mich als Kind immer aus der Masse herausstachen, und die mich zum Hardcore gebracht haben. Wir wollten das auf diese Scheibe auch einmal probieren und es hat wunderbar funktioniert. Wir versuchen ja auch nicht, irgendetwas zu verkaufen, wir zeigen es nur, wie es ist. Wir BRAUCHEN aufpolierte Artworks gar nicht.

Was kannst du uns zu den Texten auf der Scheibe sagen? Wie haben sich die Themen vielleicht im Laufe der Zeit geändert?
Ich schreibe nicht alle Texte, insofern will ich da auch nicht zu viel sagen. In „The Good Die Young“ geht es um die vielen Freunde, die in den 31 Jahren, die ich auf dieser Welt lebe, viel zu jung gestorben sind. Dieser Song war meine Gelegenheit, ihnen Respekt zu zollen. Ich glaube, im Laufe der Zeit sind die TERROR-Texte etwas persönlicher geworden, aber der aufbauende positive Vibe ist weitgehend erhalten geblieben.

Das Album wird auch auf Vinyl erscheinen. Lohnt es sich, verschiedene Formate anzubieten? Und kaufen nur Leute mit seltsamen Vorlieben eine Schallplatte oder sind die Verkäufe hier genauso wichtig wie die von CDs?
Alle TERROR-Alben wurden und werden immer auch auf Vinyl erscheinen. Vinyl ist meiner Meinung nach so viel cooler als alles andere. Auch wenn die Leute die Platten nicht kaufen würden, bin ich mir sicher, dass wir die Alben trotzdem noch darauf pressen lassen würden, einfach, damit wir sie selber haben würden. Ich weiß nicht, ob sich das finanziell so sehr lohnt, aber es ist definitiv eine coole Sache. Es fühlt sich gut an, eine LP in der Hand zu haben, mit dem großen, gut sichtbaren Artwork. Und es klingt besser als jede MP3.

TERROR sind im Laufe der Zeit fast schon eine Marke für straighten Hardcore geworden. Wenn du einen Hörer treffen würdest, der euch noch nie gehört hat, wie würdest du ihm erklären, warum TERROR anders ist als die vielen anderen Bands in dem Genre?
Weißt du, ich würde das gar nicht versuchen, denke ich. Ich würde sie zu einer Show einladen, damit sie sich ihre Meinung selbst bilden können. Diese Musik ist so viel mehr als nur die Musik selbst. Es ist ein Vibe, der Hand in Hand mit der Musik und dem ganzen Drumherum geht. Ich würde mit den Leuten sprechen und ihnen meine Liebe zum Hardcore erklären und ihnen zeigen, dass wir als Band hinter dem stehen, was wir tun. Wir sind kein verdammter Zirkus, wie so viele andere Bands heutzutage.

Vor einigen Jahren hat man gerne vom Hardcore- und Metalcore-Hype gesprochen, wie sieht die Situation deiner Meinung nach heute aus?
Ich weiß nicht, Mann. Ich hasse das Wort „Hype“. Das hat sich heutzutage sehr abgenutzt. Sicherlich sind viele Bands von 0 auf 100 und hatten großen Erfolg, um dann nicht einmal ein Jahr zu überleben. Ich denke, so laufen die Dinge heute eben. Es gibt kaum etwas, was mich weniger interessiert als die Frage, ob und wie schnell eine Band Erfolg hat, solange sie den Idealen des Hardcore treu bleibt (wenn es das ist, was sie repräsentieren will). Benutze und beschmutze das Wort Hardcore nicht, um Erfolg zu haben, dann ist das für mich voll in Ordnung.

Im Mai und im Juni geht es in den Staaten auf Tour mit Lamb of God und Decapitated. Wie kam es zu dieser Kombination und was erwartet ihr euch von dieser Tour?
Ich bin mir nicht sicher, wessen Idee es war, dass wir da mitmachen, aber ich denke, das wird eine verdammt gute Sache. Lamb of God und Decapitated sind zwei Bands, die wir lieben, mit welchen wir aber leider noch nie eine Tour spielen konnten. Deswegen ist es cool, mal mit ihnen die Bühne zu teilen. Das einzige, was wir je von einer Tour erwarten ist, dass wir auf die Bühne gehen und 100% alles geben, ganz egal, wie die äußeren Umstände sind. Egal welche Location, egal welche anderen Bands, egal welche Stadt… Wir gehen auf die Bühne und zeigen den Leuten, wer wir sind. Und hoffentlich verstehen die Leute das und nehmen es gut an.

Das Line-Up ist sehr abwechslungsreich, ganz im Gegensatz zu euren Europatouren, wo ihr auf Touren wie Persistence oft mit fünf bis sechs anderen Hardcore- und Metalcore-Bands zusammengespielt. Wie habt ihr es lieber, ein bisschen Abwechslung oder sechs Stunden voll in your face?
Sechs Stunden sind ein bisschen viel, oder? Wir würden überall spielen, für jeden und mit jeder Band. Das ändert nichts daran, wie wir uns fühlen, und nichts an dem Vibe, den wir mit unserer Musik erschaffen. Das einzige, was wir vorziehen würden, ist, wenn die Leute, die uns zuschauen, aufgeschlossen sind und massig Energie zum Ablassen dabei haben.

Elf Jahre TERROR sind es schon… Wie würdest du diese vergangene Periode zusammenfassen? Glaubst du, dass es noch einmal elf Jahre weitergeht?
Wer weiß, was die nächsten elf Jahre bringen. Ich weiß nur, dass meine vergangenen sieben Jahre mit dieser Band jede Sekunde Wert waren und ich alles sofort noch einmal genauso machen würde. Ich liebe diese Band und ich liebe jedes Bandmitglied. Es gibt nur ein Wort, um die letzten elf Jahre TERROR angemessen zusammenzufassen: HARDCORE.

Auf die Fragen folgt bei uns wie immer ein kleines Brainstorming. Woran denkst du, wenn du folgende Begriffe hörst:
Cyprus: Hill
Coca Cola: Klassiker
Heaven Shall Burn: Vegan Straight Edge
Purple Heart: Schwarze Seele
Budweiser: König der Biere.

Danke sehr noch einmal! Die letzten Worte gehören dir:
„Live By The Code“ erschien am 9. April bei Century Media Europa. HARDCORE LEBT.

Publiziert am von Marius Mutz

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