Interview mit Tobi von Leviathan

Vor zwei Jahren erschienen LEVIATHAN plötzlich auf der todesmelodischen Bühne und lieferten ein Hammer-Debüt ab. Zwei Jahre und einige Probleme später sind sie mit „The Aeons Torn“ zurück. Gitarrist Tobi gibt Auskünfte über das Konzept, die Vorteile eines Plattenvertrages und wie man das „Dream Theater“-Problem vermieden hat.

Hy, grüß Dich. Schön, dass sich die Gelegenheit für das Interview ergeben hat, wie sieht es aus bei Euch?
Momentan sehr gut. Das letzte Jahr war nicht unbedingt ein ganz einfaches für uns, aber inzwischen sind wir wieder zurück auf Kurs. Zusätzlich hat auch die Motivation innerhalb der Band neue Höhen erreicht, was die Arbeit im Moment wirklich zu einem echten Spaß macht.

Obwohl Ihr recht zügig veröffentlicht, ist es schon wieder fast zwei Jahre, seit Euer Debüt auf den Markt kam. Wie habt Ihr die Zeit dazwischen genutzt?
Zum größten Teil haben wir die Zeit mit der Arbeit am neuen Album genutzt und vor allem auch mit der Suche nach einem neuen Vertrieb. Anfang des letzten Jahres ging nämlich unser damaliger Vertrieb Twilight für uns alle überraschend in die Insolvenz, was uns praktisch von einem auf den anderen Tag unsere gesamte Arbeitsbasis genommen hat. Unsere Einnahmen der Verkäufe waren nahezu vollständig verloren und zusätzlich war das Album nicht mehr im Handel erhältlich. Dementsprechend haben wir auch die Live-Aktivitäten auf ein Minimum zurück gefahren und uns als erstes diesem Problem angenommen.

Entsprechend unserem damaligen Gespräch, seid Ihr zuversichtlich gewesen, bereits Mitte letzten Jahres zu veröffentlichen. Was kam dazwischen?
Der Hauptgrund für die Verzögerung waren die fehlenden Einnahmen aus den Verkäufen des ersten Albums. Als uns die Meldung der Insolvenz erreichte, waren wir bereits im Studio und arbeiteten an den Gitarren-Aufnahmen für „The Aeons Torn“. Für die Finanzierung hatten wir diese Einnahmen aber bereits einkalkuliert und waren dann immer wieder gezwungen bei den Aufnahmen zu pausieren, solange bis wir schlussendlich mit Hilfe der Wacken Foundation das Geld für die Aufnahmen doch zusammenbekommen haben.

Natürlich muss die Frage nach den Songs vom Demo gestellt werden. Beim ersten Album spracht Ihr davon, dass sie thematisch nicht zum Rest gepasst haben, wie kam es, dass es nun doch ging oder habt Ihr das neue Material bewusst so geschrieben, dass eine „Wiederveröffentlichung“ des Demostoffs Sinn machte?
Für die Wiederveröffentlichung gab es verschiedene Gründe. Der wichtigste war dabei, dass die Debüt-EP inzwischen ausverkauft ist, die Songs aber trotzdem ein fester Bestandteil unseres Sets sind und wir sie weiterhin für die Fans erhältlich halten bzw. sie sogar einem größeren Publikum zugänglich machen wollten. Ein seperater Re-Release wäre aber einfach mit der finanziellen Situation, in die wir dank Twilight geraten sind, in absehbarer Zeit für uns einfach nicht möglich gewesen. Hinzu kommt, dass die Songs sehr gut in die Grundidee von „The Aeons Torn“ hinein passen, denn auch die Texte und Themen der EP sind sehr introvertiert und eher auf das menschliche Innenleben gerichtet. Als letztes wäre dann noch der Fakt, das wir schon lange mit der Idee gespielt hatten die EP vollständig neu zu mixen und mastern, einfach um diesen Aspekt mit unseren heutigen Möglichkeiten umzusetzen und ein paar „Unebenheiten“ im Sound auszubügeln.

Jonas hatte damals ein recht kompliziertes Konzept angedeutet, welches mit dem neuen Album abgeschlossen sein soll. Was kannst Du dazu verraten?
All zu viel möchte ich dazu eigentlich auch jetzt noch nicht verraten, denn am Ende will ich niemandem den Spaß daran nehmen das Konzept auf eigene Faust zu erkunden. Aber alles in allem geht es in „Beyond The Gates Of Imagination“ um die Menschheit im Ganzen. Part 1 hat dabei eher den Blick von Außen auf aktuelle Ereignisse gerichtet, während Part 2 nun eher auf die Gründe für unsere Entscheidungen als Menschen schaut. Und das wären dann eben unsere Emotionen und die Motive, die wir im Leben verfolgen. Und genau diese verarbeiten wir auch in den Texten und der Musik des aktuellen Albums.

Haben sich für Euch mit einem Label im Rücken viele neue Wege geöffnet oder erledigt Ihr nach wie vor das Meiste selber?
Tatsächlich ist immernoch ein großer Teil der Arbeit bei uns geblieben. Wir sind immer noch verantwortlich für den gesamten Ablauf der Produktion, das Artwork und einen Großteil der organisatorischen Sachen. Auf der anderen Seite hat uns das Label aber vor allem in der Ecke Promotion einen ganze Menge Arbeit abgenommen und uns auch einige Türen geöffnet. So wäre es als unabhängige Band fast unmöglich eine Rezension des Albums von den großen deutschen Printmedien zu bekommen. Und auch die Anfragen für Rezensionen liegen inzwischen beim Label und SAOL, was uns auch in dem Bereich deutlich entlastet hat und insgesamt zu einem breiteren Presseecho zum Album geführt hat.

Im letzten Interview spracht Ihr von einem 25-minütigen Song. Scheinbar habt Ihr den jetzt doch in fünf Teile „zerstückelt“. Woran lags?
Der eigentliche Grund war, dass wir so ein bisschen das „Dream Theater“-Problem vermeiden wollten, dass man einen Abschnitt des Songs gerne hören würde, dann aber trotzdem den gesamten Song erst einmal bis zu der Stelle hören muss. Am Ende war es einfach eine Entscheidung, dem Hörer so etwas mehr Komfort zu bieten. Zwischen den 5 Songs gibt es auch keinerlei Pause, sodass es vom Hörererlebnis her immer noch ein einziges Stück Musik bleibt, nur das man eben auch einzelne Passagen leichter anspringen kann, wenn man das möchte. Außerdem ergaben sich während der Aufnahmen diese Trennungen fast von alleine, weil eben jeder der fünf Teile eine eigene Atmosphäre und Stimmung hat.

Würdest Du mir zustimmen, dass das neue Material tendeziell noch progressiver, in jedem Fall aber unzugänglicher ist? Die meisten Songs brauchen doch eine gehörige Zeit, bis sie ins Ohr gehen.
Ja das stimmt auf jeden Fall. Ich würde auch nicht sagen, dass „The Aeons Torn“ die Richtung vorgibt in die sich unsere Musik entwickeln wird. Langfristig ist es unser Ziel diese beiden Pole, also die Progressivität von „Aeons“ und die Eingängigkeit der Debüt-EP, noch mehr zu verschmelzen. Bei den neuen Songs war es eher so, dass wir anhand des Konzeptes gearbeitet haben und es sich dann so ergeben hat, dass wir die üblichen Songstrukturen vollkommen über Bord geworfen haben. Dabei war das Ganze auch für uns ein Abenteuer und ein spannender Weg, einfach zu schauen wie weit man die alt bekannten Grenzen und Strukturen ausdehnen kann.


Ein wenig langweilig und klischeebehaftet finde ich dieses mal das Coverartwork. Ich erwähne das deshalb, weil sowohl die Demo als auch das erste Album eine sehr atmosphärische Gestaltung haben.
Das ist für mich jetzt erstmal etwas überraschend. Denn bisher haben wir noch nie so viel Zeit und Ideen in ein Cover investiert wie dieses Mal. Denn das Cover spiegelt dieses mal das Konzept wirklich direkt wieder. Da wäre zum einen das Pentagramm für die fünf einzelnen Songs von „The Aeons Torn“ und im Ring um das Pentagramm herum ein Symbol für jede Emotion und jedes menschliche Motiv, dass wir in den Songs aufgegriffen haben. So hat sich das Cover für uns eigentlich sehr logisch zusammen mit dem Konzept ergeben. Es kann aber gut sein, dass es so gerade weniger atmosphärisch und greifbarer ist, als die letzten beiden Cover, da es dieses mal wirklich einen direkten Bezug zu den Texten und Themen des Albums hat.

Wie sah es zuletzt im Bereich Konzerte aus? Hat das mit dem Deal zugenommen oder spielt Ihr nach wie vor eher kleinere Dinge, bei denen man oft schon froh ist, wenn man ne Zwanni fürs Benzin bekommt?
Die Konzerte haben sich nicht wirklich verändert, wir spielen immernoch regelmäßig in kleinen Clubs oder auf eher kleineren Festivals. Ganz ehrlich ist mir so ein Auftritt, aber auch viel lieber, als mich auf einem großen Festival oder einer Tour einzukaufen und dann da die Vorband zu geben. Underground-Konzerte haben einfach einen ganz besonderen Flair und man hat viel direkteren Kontakt mit dem Publikum, als es zum Beispiel auf dem Summer Breeze der Fall war. Natürlich würden auch wir gerne auf den großen Festivals dabei sein, aber für mich ist ein Konzert in einem vollen Club, wie etwa unsere Release-Party diesen Januar, nicht minder gut, als ein solcher Festival-Auftritt.

Mit welchen Szenegrößen habt Ihr schon zusammengespielt und mit welchen Bands würdet Ihr gerne mal auftreten?
Dank des Auftritts beim Summer Breeze hatten wir natürlich schon das Glück mit einer ganzen Menge an Szenegrößen zu spielen, wie zum Beispiel Equilibrium oder auch Dark Tranquillity, die ebenfalls zusammen mit uns dort gespielt haben. Was unsere Wunsch-Bands angeht, da würden mir als erstes Wintersun einfallen, einfach da wir denke ich viele musikalische Gemeinsamkeiten mit ihnen Teilen und daher auch sicher gut zusammenpassen würden.

Ist schon ein weiteres Album in Planung?
Bei uns ist es tatsächlich so, dass wir sehr schnell wieder mit der Planung des nächsten Albums beginnen. Gerade auch weil die Arbeit an einem Konzept viel Vorlauf in Anspruch nimmt, dieses mal fangen wir ja auch wieder von Null an was die konzeptionelle Seite anbelangt. Aber wir haben da schon einige sehr interessante Ideen, zu denen ich aber noch nicht mehr verraten will. Aber auch was die Musik angeht haben wir bereits erste neue Ideen im Proberaum ausprobiert und gemeinsam daran gearbeitet. Wann man aber mit einem neuen Album rechnen kann steht momentan noch nicht fest.


Wie seht Ihr generell die Entwicklung im Metal? Mit den neuen Möglichkeiten von Downloadveröffentlichungen ist es ja noch leichter geworden, sein Material unters Volk zu bringen und oft kann man ja nicht mal sagen, dass die Bands ihre Sache schlecht machen. Ist aber nicht trotzdem vom ursprünglichen Spirit etwas verloren gegangen?
Für mich ist schon so ein bisschen der Spirit der früheren Szene verloren gegangen, wobei das nicht direkt an den neuen Medien und den damit verbundenen Vertriebswegen zu tun hat. Was mich viel mehr stört ist die Tatsache, dass immer mehr Bands lieber in sicheren Gewässern ihren Vorbildern folgen anstatt etwas zu riskieren und mal neue Wege zu gehen. Genau das war aber für mich immer der Spirit der Metalszene – anders sein und sich nicht für die Meinung der anderen interessieren. Inzwischen ist die Szene fast eher in ihren eigenen Genre-Grenzen gefangen. An der Stelle könnte wirklich der Spirit gut tun, mit dem Bands wie Black Sabbath oder auch At The Gates die Szene, die wir heute kennen, geprägt und geformt haben.

So, die wichtigsten Fragen wären damit geklärt, aber um das Wortspiel kommst Du natürlich nicht herum.
Pferdefleischskandal: Für mich als Vegetarier immer wieder ein recht interessantes Schauspiel, wie sich Menschen aufregen, dass sie Pferdefleisch in ihrer Lasagne hatten. Am Ende ist und bleibt auch ein Pferd genauso ein Tier wie eine Kuh oder ein Schwein, womit die Menschen jeweils keine Probleme haben. Zusätzlich aber eben auch mal wieder ein Armutszeugnis für den Verbraucherschutz in Deutschland und unserer zuständige Ministerin Frau Aigner.
Wirtschaftskrise, die XY.: Langsam wirklich aus gelatscht und tot geredet. Auch hier ist eigentlich die Frage wie schwer die Krise wirklich ist und wie viel die Medien uns einreden wollen. Denn am Ende ist der bereits mehrmals angekündigte Zusammenbruch unserer Währung bis heute ausgeblieben.
Annette Schavan: Schadenfreude wäre das was mir hier einfällt. Immerhin hat sie damals noch Herrn Guttenberg ins Gewissen geredet bei seinem Plagiats-Skandal.
Oscar Pistorius: Eine sehr undurchsichtige Geschichte, die aber am Ende auch nicht mehr ist als ein persönliches Schicksal, von dem täglich tausende weltweit passieren.
Nordkorea: Nachdem man zuerst ein wenig Hoffnung bekommen konnte, das sich unter dem neuen Diktator etwas zum positiven hin bewegen könnte, sieht es jetzt wieder so aus als würde Kim Jong Un die kranke Politik seines Vaters weiterführen.
So, danke für Deine Zeit, Euch viel Erfolg und die letzten Worte sind Dein.
Vielen Dank für das Interview und auch allen Lesern vielen Dank für ihr Interesse. Und ansonsten gibt es für jeden, der sich einen Eindruck von uns machen möchte, eine kostenlose Donwload-EP bereit, mit Songs von allen unseren bisherigen Veröffentlichungen.

Publiziert am von Jan Müller

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