Berlin — Metal aus dem Herzen Deutschlands, da denkt man an Rammstein, In Extremo und Knorkator. Dass es da mehr gibt, beweisen uns ORPHAN HATE, die schon seit 1996, damals als Death/Thrash-Band, in den Berliner Clubs ihr Unwesen treiben. 2004 wurde der Sänger der Band durch die damals erst 18-jährige Sina Niklas ersetzt, deren rockige und vielseitige Stimme fortan das Markenzeichen der Band ist. Jetzt kämpfen sie sich mit ihrem zweiten Studioalbum „Attitude & Consequences“ weiter nach vorne.
Das Album-Cover ist dunkelgrau und zeigt ein weißes Herz in einem roten, farblich zum — in schlichten Druckbuchstaben — geschriebenen Namen der Band passenden Zahnrad. Das ist nichts Besonderes, sieht nicht einmal nach Metal aus, und im Musikladen würde man es vermutlich auf Verdacht nach Rock/Pop-Musik direkt wieder aus der Hand legen. Doch man kann sich irren. Nicht Pop, sondern Alternative Metal soll hier die Spielart sein, und was hier geboten wird, ist schlichtweg eine Fusion der verschiedensten Metal-Genretypen. Da reihen sich Metalcore und New Metal-Elemente an Neo-Thrash, Melodic Death Metal und Hard Rock. Alles in allem eine gute Mischung, die modernen Metal ausmacht und nicht nur bei jüngerem Publikum gut ankommt. Die Instrumente sind gut eingesetzt und die Riffs variieren, was an heutigen Maßstäben gemessen ja nicht mehr als Selbstverständlichkeit gelten will. Auch stimmlich haben ORPHAN HATE einiges zu bieten: Sina growlt, screamt, singt und rockt sich durch das Album. Damit erweist sie sich um einiges vielseitiger als Angela Gossow oder Alissa White Glutz. Eine klare Stärke von ORPHAN HATE liegt zudem im Schaffen von eingänigien Melodien und Refrains, die direkt ins Ohr gehen. Anspieltipps sind hier vor allem „Under The Sun“ und „End Of Something New“ sowie das etwas ruhigere „Uncalled For“. Der Opener „These Days“ ist ebenfalls als härtere Nummer der Platte hervorzuheben und „Solitary Man“ groovt brachial daher. Dass ORPHAN HATE auch ruhiger können, beweisen das leicht an „Fragance“ vom Vorgängeralbum erinnernde „All That I Am“ und das lyrisch wie musikalisch nahezu perfekte „From Glass And Stone“, welches definitiv einen Höhepunkt der Platte darstellt. Einige Längen gibt es in dem 50-minütigen Werk zwar, aber keine klaren Schwachstellen. Alle zwölf Songs rocken und bieten die bei solch langer Spielzeit nötige Abwechslung. Die Lyrics sind ausschließlich von Sina Niklas verfasst und kritisieren die moderne Gesellschaft aufs Feinste.
Was also hat sich seit „Blinded by Illusions“ geändert? Nicht viel. Die Refrains besitzen das gleiche Ohrwurmpotential, Abwechslung wird geboten, Sinas Gesang begeistert… Festzustellen ist lediglich, dass die Melo-Death-Elemente hier, im Vergleich zu ihrem ersten Album oder der Demo, noch weiter zurückgehen. An Stelle von Grunts rückt hier vermehrt rockiger Gesang. Die Produktion ist noch fetter geworden und knallt schön aus den Boxen. Wem das Vorgängeralbum bereits gefiel, der landet mit „Attitude & Consequences“ garantiert keinen Fehltritt. Auch Fans von The Agonist, Machine Head, Drone und In Flames können hier ruhig ein Ohr riskieren, sowie jeder offene und tolerante Freund harter Musik.
Wertung: 8 / 10