MACBETH — eine Band mit einer Wahnsinns-Geschichte: 1985 in der damaligen DDR gegründet hatte die damalige Viererformation mit dem System zu kämpfen. Anfänglich spielten sie ohne Spielerlaubnis, später erhielten sie staatliche Fördermaßnahmen — ein Versuch der Stasi, die recht erfolgreiche Band auf den „richtigen“ Weg zu bringen, der im legendären Konzert im Erfurter Stadtgarten endete. Hunderte Fans, Bewachung durch die Stasi, Betrunkene Funktionäre der FDJ — die Stimmung in der Halle eskalierte schließlich. Die Polizei verbot der Band zudem eine Zugabe, was die Fans noch mehr erzürnte und zu einigen Ausschreitungen nach dem Konzert führte. Die Konsequenz: Spielverbot auf unbeschränkte Zeit und ein Schuldenberg von 25000 DM.Erst kurz vor der Wende fand die Band sich wieder, zur Wende verschwanden Basser und Schlagzeuger gen Westen. Fortan bekam die Band Unterstützung durch eine andere Band und konnte die angefangene Tour beenden. Auf dem vorletzten Konzert erhängte sich Sänger Wittenburg. Die Band löste sich auf und feierte erst 1993 ihr Comeback. Bald darauf sprang der Schlagzeuger vom Hochhaus.
Erst eine Dekade nach dem Fall starten sie, mit neuem Sänger und Schlagzeuger, als Support von In Extremo und Eisregen erneut durch und beginnen neues Material aufzunehmen. Mit „Wiedergänger“ ist nun nach der Demo „Macbeth“ (2006) und dem Album „Gotteskrieger“ (2009) ihr drittes Album seit der Neugründung (2004) auf dem Markt. Auch das Artwork von „Wiedergänger“ zeigt den seit „Gotteskrieger“ für Macbeth typischen Dämon — diesmal auf orangefarbenen Hintergrund und Menschen mit einem Stab durchbohrend.
Doch MACBETH spielen weder Brutal-Death Metal (wie der Beginn der Einleitung vermuten lässt), noch Depressive Suicidal Black Metal (wie ihr Schlussteil uns glauben macht), sondern rauen Heavy Metal mit deutschen Texten, der nach einer Mischung aus Sodom und den Onkelz klingt. Die Musik klingt mal schneller, mal langsamer aus den Boxen und wird durch (teils sehr experimentelle) Gitarrensolos und Klavierspiel aufgelockert. Die Stärke der Band liegt ganz klar im Texten: Keine Silbe wirkt daher gequetscht und neben eindeutigen Ansagen „Du bist nur ein Stück Fleisch“ verbirgt sich auf „Wiedergänger“ jede Menge zwischen den Zeilen. Und hier merkt man MACBETH ihre Reife an: So befasst sich „Fleisch“ mit Organhandel, „Stück für Stück“ mit Kannibalismus auf hoher See. „Fritz H.“ setzt sich mit der Geschichte des Wehrwolfes aus Hannover auseinander. Den Höhepunkt der Platte markiert aber eindeutig die „Stalingrad“-Trilogie, die das Kämpfen, Leiden und den sicheren Tod der Soldaten in Stalingrad beschreibt. Die Kompositionen und Liedtexte lassen vor lauter Authentizität Bilder vor des Hörers Augen entstehen und decken die Grausamkeit der militärischen Befehlsmacht auf. „Das Kreuz“ — das Ende von „Stalingrad“ — widmet sich den in der Schlacht verstorbenen Soldaten und ist mit seinem akustischen Gitarrenspiel und seinem ergreifenden Text ein Stich ins Herz. Mit diesem 18-Minütigen Epos haben MACBETH ein Meisterwerk geschaffen!
Leider kann dieses hohe Niveau, und auch das Niveau der vorherigen Titel, im Bonus-Material nicht gehalten werden, weswegen man eine Anschaffung der limitierten Digi-CD überdenken sollte. Auch wirkt die Digi-CD noch weniger stimmig als die CD, was ihr nahezu einziges Manko ist: Sie wirkt eher wie eine gut sortierte Auswahl an Titeln, als ein Gesamtwerk. Das haben die Ossis auf „Gotteskrieger“ besser hinbekommen. Musikalisch und auch vom philosophischen Wert her fängt der „Wiedergänger“ bei weitem nicht schlecht — aber doch ein wenig schwach — an, steigert sich aber von Stück zu Stück (den Titelsong einmal ausgelassen) und mündet in dem wahnsinnigen Crescendo von Stalingrad. Vor allem aber haben MACBETH eine bodenständige Art zu musizieren und einen authentischen Klang! Wer auf deutsch-sprachigen Heavy Metal steht sollte definitiv zuschlagen, allein schon wegen Stalingrad.
Wertung: 8 / 10