(Post-Hardcore / Progressive / Alternative Rock) JUST LIKE VINYL veröffentlichen ihren zweiten Longplayer „Black Mass“. Wenn man die Jungs nicht kennt, könnte man bei der Kombination von Albumtitel und Bandname meinen, man bekommt satanischen Retro-Rock geboten. Weit gefehlt, denn weder das eine noch das andere wird einem hier in nennenswertem Maße vorgesetzt. Vielmehr geht es gemäß der Vergangenheit von Sänger Thomas Erak, seines Zeichens ehemaliger Frontmann von Fall Of Troy, in Richtung Post-Hardcore. Aber selbst mit dieser Einordnung ist man der Scheibe noch lange nicht gerecht geworden.
Da mir die früheren Arbeitgeber von Meister Erak gänzlich unbekannt sind, kann ich zwar keine vergleichende Perspektive auf JUST LIKE VINYL bieten, ein jungfräulicher Blick auf „Black Mass“ ist allerdings ohnehin der passendere, anstatt sich unsinnigen Vergleichen hinzugeben. Stone Sour klingen schließlich auch nicht wie Slipknot, die Foo Fighters klingen nicht wie Nirvana, Scars On Broadway klingen nicht wie System Of A Down… ich denke, es ist klar, worauf ich hinauswill: Die neue Band X muss nicht wie die alte Band Y klingen, nur weil teilweise diesselben Musiker involviert sind.
Ebenso verhält es sich bei JUST LIKE VINYL, die mit ihrer wütenden Post-Hardcore-Note zwar in die Ecke von Eraks Ex-Band schielen, allerdings nicht nur mit der Faust auf den Tisch hauen, sondern auch mal filigran auf den Gitarren frickeln oder melodische Rock-Elemente bieten. Dass die Herren der Musikszene aus Seattle entstammen, kann man auch definitiv heraushören. Insgesamt kann man hier verdammt viel heraushören: Einerseits alteingesessene Größen von Led Zeppelin bis hin zu den bereits erwähnten Nirvana, andererseits aber auch jüngere Kollegen wie die NY-Progger Coheed And Cambria, die At-The-Drive-In-Nachfolger von The Mars Volta oder Tomahawk, eine der vielen Bands von Faith-No-More-Frontmann Mike Patton.
Was dabei herauskommt, ist zum Glück kein ideenloser Rip-off-Mix, sondern ein vielschichtiges, modernes Rock-Album, das vor allem vom omnipräsenten Kontrast und Wechselspiel zwischen Härte und Melodie lebt. Das merkt man nicht nur am Gesang, der zwischen softer Klarstimme und vernichtenden Screams alterniert, sondern auch im Songwriting. So legt beispielsweise „Bitches Get Stitches“ mit abgehacktem Riffing und rastlosen Drums los, um dann einen zweistimmigen Refrain zu bieten, der im Ohr bleibt, bevor im Solo-Part wieder eine heftige Heavy-Breitseite abgefeuert wird. „Walk You Home“ ist ein verhaltener Rocker mit aufbegehrenden Momenten und zuckersüßen Passagen, während „Sucks To Be You“ als rasanter Brecher furios aus den Boxen prescht, um letztendlich in einem zähflüssigen Sludge-Teil auszuklingen.
Man sieht also, JUST LIKE VINYL können geradlinig und fulminant losrocken, aufmüpfig und vertrackt Krach machen, verspielt über die Gitarrenbünde flitzen, aber auch eingängig und poppig sein. Das Ganze wirkt dabei – vor allem durch die progressive Ausrichtung – etwas chaotisch, jedoch niemals desorientiert. „Black Mass“ fordert den Hörer, überfordert ihn aber nicht. Es ist eine Platte, auf die man sich einlassen muss, für die man sich Zeit nehmen muss, die man nicht mal so nebenher hört. Wenn man dann noch – im Gegensatz zu mir – nicht das Bedürfnis hat, sich bei Screamo-Vocals mit einem Schraubendreher die Trommelfelle punktieren zu wollen, ist man bei JUST LIKE VINYL an der richtigen Adresse.
Wertung: 7.5 / 10