Faszinierend, wie sich das Bild einer Band wandeln kann. Waren BLUT AUS NORD noch vor wenigen Jahren als verschrobene Knüppelband für die ganz Hartgesottenen bekannt, haben sich die Franzosen mit ihrer „777“-Trilogie zu einer der der interessantesten Bands des französischen Black Metal entwickelt.
Mit „777 – Cosmosophy“ steht nun der dritte und letzte Langspieler der Serie in den Läden – und erneut überraschen W.D. Feld, GhÖst und Vindsval ihr Hörer.
War „777 – Sect(s)“ noch ein recht sperriger Klotz aus rohen, viel zu oft wiederholten Riffs und relativ stumpfen Industrial-Metal-Einflüssen, wusste Teil zwei, „777 – The Desanctification“ schon deutlich mehr zu überzeugen: Vielschichtiger angelegt, fanden hier sinistre Riffs und Prügelpassagen ebenso Raum wie Abstecher ins Doomige oder den Ambient-Bereich.
Und auch, wenn die Songs auf „777 – Cosmosophy“ erneut konsequent weiter nummerierte „Epitome“ sind, eröffnen die Songs zum dritten Mal eine komplett neue Klangwelt. Zwar ist der Sound weiterhin vergleichsweise steril gehalten und von elektronischen Elementen durchsetzt, dennoch ist die Atmosphäre deutlich wärmer. So lässt das Album gleich zu Beginn, aber auch stellenweise noch im weiteren Verlauf tatsächlich an Desert-Rock denken. Von einer direkten Vergleichbarkeit zu Solstafir zu sprechen wäre dabei vielleicht übertrieben – aus den Grundmotiven des Intros hätte man jedoch problemlos auch einen Song im Stile der Isländer machen können. Untermalt wird dieser Eindruck durch den semicleanen Gesang, mit welchem BLUT AUS NORD überraschen. Wer das jedoch schon für die Spitze der Fahnenstange hält, dürfte im Verlauf dieses Albums aus allen Wolken fallen – was BLUT AUS NORD hier nämlich abliefern, ist das musikalisch wohl Ausgereifteste, Vielschichtigste und Anspruchsvollste ihrer Karriere.
Vielleicht greift man etwas arg hoch, vergleicht man das hier dargebotene mit dem Schaffen der ebenfalls aus Frankreich stammenden Manes – gewisse Parallelen sind jedoch sowohl musikalisch als auch hinsichtlich des Werdegangs der Bands nicht von der Hand zu weisen, entstammten doch auch Manes ursprünglich dem truen Black Metal, mit welchem die letzten Werke nur noch denkbar wenig zu tun hatten. Besonders bei „Epitome XV“ drängt sich dieser Vergleich doch grade zu auf – schrecken BLUT AUS NORD doch hier zu einem ruhigen Beat und atmosphärischen Synthie-Klängen nicht vor Sprechgesang in ihrer Muttersprache zurück, welcher in unveränderter Form ebenso als Zwischentrack auf einem französischen Hip-Hop-Album zu finden sein könnte, bis er sich in einen orchestralen Septicflesh-Part weiterentwickelt.
Was BLUT AUS NORD mit ihrer „777“-Trilogie abgeliefert haben, ist nicht nur ihr bislang unangefochtenes Meisterstück, sondern manifestiert einen wahrhaft kometenhaften Aufstieg, heraus aus dem Sumpf des truen Black Metal, hinein in die Sphären des Avantgarde. Und auch, wenn BLUT AUS NORD hier natürlich nicht ganz so weit eintauchen wie ihre Landsmänner von Manes, spielen BLUT AUS NORD 2012 in einer komplett anderen Liga als noch vor wenigen Jahren.
Nach den eher mageren 4.5 Punkten für den ersten, nun also 7.5 Punkte für Teil zwei – noch so eine Steigerung zum dritten Teil der Trilogie, und wir haben einen Anwärter aufs Album des Jahres. stand als Fazit am Ende des Reviews zum zweiten Teil – und auch, wenn „777 – Cosmosophy“„lediglich“ einen Punkt besser ist als sein Vorgänger, und wohl auch kein Aspirant auf das „Album des Jahres“, so ist es doch ein krönender Abschuss der Trilogie.
Wertung: 8.5 / 10