Mit amerikanischem Sound unterwegs, aber durchweg deutsch sind die Niedersachsen von BIG BALLS COWGIRL. Seit April 2010 gibt es die Kuhmädchen schon, die in dieser Zeitspanne bereits eine selbstveröffentlichte EP namens „Go For The Lead“ an den Mann gebracht und mit Sepultura gespielt haben. Dass sie bis auf dieselbe Bühne an einem Abend allerdings nichts mit den Brasilianern gemein haben, sondern durch ganz andere Prärien reiten, zeigt das frische Full-Length-Debüt „Bulletride“.
Der Opener „Go For The Lead“ wirbelt nämlich zunächst ordentlich Wüstenstaub auf und tönt als geradlinige Rocknummer mit Stoner-Vibe aus den Boxen. Sofort fällt das fette Riffing und die druckvolle Produktion auf, die den ersten beiden Worten im Bandnamen mehr als gerecht werden. Sängerin Katharina kann dabei gut mithalten, denn sie hat ein durchaus kraftvolles Organ, das sich gegen die satte Instrumentalisierung gut durchzusetzen weiß. Das folgende, balladeske „Upon My Oath“ führt dann sogleich die Country-Elemente ein, von denen bereits im Vorfeld die Rede war, ist eigentlich auch ein ganz gelungener Song, aber an so früher Stelle schon reichlich ungeschickt platziert, raubt er dem Album doch den gerade erst aufgebauten Elan.
Der wird mit dem Titeltrack zurückgewonnen, der mit schwerem Hard-Rock-Feeling und Heavy-Note aufwartet. Nach und nach wird klar, dass neben dem Western-Trademark, das in so manchem Lied auftaucht, und dem knackigen Rock-Flair, das auch mal durch harmonische Orgelbegleitung ergänzt wird, die Gruppe ebenso in Metal-Gefilden wildert: Zackige Soli, bretternde Riffs, explosive Drums und hier da eine Prise Doublebass sorgen für eine Menge testosteronschwangere Momente, wie man sie von der Black Label Society kennt. Der obligatorische und passende Vergleich mit Volbeat darf natürlich an dieser Stelle ebenfalls nicht fehlen.
Neben der durch die wuchtige Gitarrenarbeit rifflastigen Ausrichtung haben BIG BALLS COWGIRL noch eine weitere Stärke: Eingängigkeit. So kommen zum einen die Lieder alle sehr kompakt daher – lediglich eins knackt die Vier-Minuten-Marke – und halten sich an traditionelle Strukturen. Leichte Kost, sozusagen. Zum anderen kann man jeden Refrain schon bei seiner ersten Wiederholung mitsingen. Allerdings, und da wären wir auch schon bei der Schattenseite, ist diese Stärke zugleich auch eine wesentliche Schwäche. Denn diese Eingängigkeit geht gewissermaßen dadurch unter, dass sich viele Tracks untereinander einfach sehr ähneln und man bei so einigen Gesangslinien das Gefühl hat, sie schon mal gehört zu haben – sei es auf „Bulletride“ oder im Radio.
Zudem mag in der Kürze oft die Würze liegen, ein bisschen mehr Ausarbeitung beim Arrangieren der Songs wäre aber sicherlich kein Schaden gewesen. Auf diese Weise hätte man unter den 14 Nummern den ein oder anderen Durchschnittssong vermeiden und stattdessen stärker auf Qualität statt Quantität setzen können. So zeugen Verschnaufpausen wie die akustisch-verträumte Ballade „Autumn Sun“ zwar von der Variabilität der Band, sind letztendlich aber nur ganz nett und nichts Besonderes, während wahre Lichtmomente wie das saucoole „Hard-Boiled Cowgirl“ unterbesetzt bleiben.
Um das Ruder hier fairerweise wieder etwas herumzudrehen, muss man schon klar sagen, dass „Bulletride“ ein gelungenes Debüt darstellt. Die saftige Mischung aus Hardrock, Country- und Metal-Anteilen macht Spaß und ergibt zusammen mit der weiblichen Stimme einen Sound, den man trotz seiner massentauglicheren Orientierung nicht an jeder Ecke hört. Es sind Kinderkrankheiten, mit denen sich BIG BALLS COWGIRL noch herumplagen. Aber jede Band wird ja auch mal erwachsen.
Wertung: 7 / 10