Djent ist der wohl größte Hype der Rock- und Metalszene seit NuMetal und Metalcore. Wie groß die Aufregung ist, beweist die Tatsache, dass selbst das führende europäische Prog-Label InsideOut in diesem Jahr zwei solcher Bands – The Safety Fire und STEALING AXION – unter Vertrag genommen hat.
Ohne Frage: „Djent“ hat dem Progmetal neue Impulse gegeben. Und das war auch bitter nötig. Zuletzt haben das um die Jahrhundertwende herum Pain Of Salvation geschafft. Mittlerweile gehören sie selbst ein Stück weit zum alten Eisen und sind für „Djent“ einfach nicht cool genug. Leider löst „Djent“ aber nicht das Hauptproblem des Progmetal: Nach wie vor klingt fast alles gleich; früher imitierte man Dream Theater, später dann Pain Of Salvation. Heute mischt man eben eine gehörige Portion Meshuggah mit dem Besten des Modern Metal und verfeinert das ganze nach Belieben mit einem Schuss traditionellem Progmetal oder sphärischen Soundflächen.
Auch STEALING AXION werden sich mit ihrem gutklassigen Debüt „Moments“ eine Scheibe vom Djent-Ruhm abschneiden können. Spiel- und produktionstechnisch einwandfrei frickeln, brüllen und schweben sie auf ihrem 76-minütigen und elf Songs starken Erstling, als gäbe es kein Morgen. Leider fußt der typische Djent-Stil aber nur zur Hälfte auf schwindelerregender Komplexität, Polyrhythmen und Growls. Die andere Hälfte ist nichts anderes als Effekthascherei, mit der gerne mangelnde Individualität kaschiert wird. Ein Problem, für das auch STEALING AXION noch keine Lösung haben oder haben wollen. Vom Progmetal übernommen hat man auch den Größenwahnsinn und das große Ego, denn warum sonst sollte man ausgerechnet sein Debüt mit einem zweigeteilten, 24-minütigen Longtrack abschließen? Die Band entspricht so sehr dem Djent-Klischee, dass es ziemlich erfrischend wirkt, wenn sie hier und da für ein einige Augenblicke verhaltene Schritte in Richtung altbackenem Dream Theater-Prog unternimmt. Mich törnt dieser Klischee-Sound null an, was im Umkehrschluss aber auch bedeuten dürfte, dass Djent-Fans hier wahrscheinlich vor Freude Luftsprünge machen werden.
Ohne Frage ist die Ballade „It’s Too Late Now“ das Highlight des Albums. Hier wird nachdrücklich bewiesen, dass Singen eben doch etwas variabler und tiefsinniger als Brüllen ist. Allerdings muss man den vier Jungs generell attestieren, dass sie hier und da ein gutes Gespür für nette Melodien haben. Erschreckend ist hingegen, dass ausgerechnet das titelgebende Magnum Opus mit einem Intro veredelt wurde, das für 45 Sekunden etwa so spannend ist wie trocken Brot. Mag ja sein, dass junge und hippe Metaller bei diesem sauschnellen, aber übelst stupiden Geballer einen O(h)rgasmus kriegen und die Wall Of Sound abfeiern; ich muss mich an dieser Stelle zwingen weiterzuhören, um die tatsächlich interessanten sphärischen Parts im Mittelteil nicht zu verpassen.
Alles in allem feiern STEALING AXION mit „Moments“ einen ordentlichen, aber auf jeden Fall viel zu langen und langatmigen Einstand im stark umworbenen Djent-Bereich.
Wertung: 7 / 10