In den letzten Jahren hat eine besonders urtümliche Form des Hard Rocks ein Comeback erlebt: der Australian-Hard-Rock der alten Schule. Die Bands und ihre Musik folgen dabei einer klar umrissenen Dramaturgie: Junge Musiker stehen in Turnschuhen, Jeanshosen und (bestenfalls) Unterhemden auf der Bühne, bedienen stark verzerrte Gitarren und singen kehlig-dreckig Texte über Frauen, Alkohol und Alltagsprobleme. Das Ganze hat Rock-Rhythmus, wird kantig produziert und ist zu 100 Prozent partytauglich. Als große Vorbilder stehen AC/DC, Rose Tattoo, Krokus und andere Pate. Fest in dieser Szene etabliert haben sich inzwischen die Australier von Airbourne und die Schweden von Bullet.
In eine ganz ähnliche Richtung schlagen STALLION FOUR, eine fünfköpfige Hard Rock-Band aus Uppsala, die nun mit „Rough Times“ ihr Debütalbum vorlegt und dabei beweist, dass sie ganz genau weiß, was man von ihr erwartet. Dem oben beschriebenen Bild versuchen sie möglichst exakt zu entsprechen. Dies bildet sich bis ins kleinste Detail des Albums ab – von den Promo-Fotos vor Garagentoren (natürlich in Unterhemden), über die übliche, geradezu DIN-genormte Länge des Albums (~40 Minuten), bis hin zu dem typischen Gitarrensound oder dem Gesangsstil von Björn Fors. Große Innovationen sind hier nicht zu erwarten gewesen und werden auch nicht gebracht.
Aber: Muss das schlecht sein? Nein, natürlich nicht – und wenn man ehrlich ist, so gibt es in dieser Musikrichtung verhältnismäßig wenig Raum für Veränderungen, wenn man von Schlenkern in den Blues Rock mal absieht (auf die STALLION FOUR aber verzichten). Was der Hörer hier bekommt ist nichts anderes als solide, an einzelnen Stellen sogar richt gute Planerfüllung. Die zehn Songs des Albums sind allesamt ordentlich geschrieben und über die Performance gibt es auch kaum etwas Schlechtes zu sagen. Die Gitarren sind gut gespielt, der Gesang krächzt und röhrt, wie man es erhofft, und auf dem Album gibt es durchaus die eine oder andere Perle – „Madness“ sei als echter Ohrwurm besonders hervorgehoben, „Heart Of Rage“ stampft herrlich und auch der Titeltrack „Rough Times“ kann sich mehr als sehen lassen.
Was ein wenig wurmt, ist, dass man die Vorbilder oft zu stark durchhört. „Running To Hot“ huldigt Airbourne bis zur Austauschbarkeit und „Searching Man“ ist ein überdeutlicher Tribut an AC/DC. Obwohl beides keine schlechten Songs sind, droht die Eigenständigkeit der Band doch etwas unterzugehen.
Regelrecht ärgerlich aber ist die Produktion. Produzent und Mischer hatten sicher den noblen Wunsch, einen schön erdigen Sound zu erzeugen. Doch leider sind sie dabei über das Ziel hinausgeschossen. Der Klang ist dumpf und streckenweise hart an der Grenze zu instrumentalem Brei. Natürlich erwartet bei solcher Musik keiner klinisch differenzierte Tonspuren, aber mehr Breite hätte dem Klangbild wirklich gut getan und sicher auch noch einen halben Punkt in der Bewertung verschoben.
Somit bleibt ein Australian-Rock-Album, das für Fans des Genres uneingeschränkt zu empfehlen ist. Zur (auch musikalischen) Größe von Airbourne oder gar den großen Paten fehlt natürlich noch einiges, aber die Band hat ja noch Zeit, sich zu entwickeln. Vor allem etwas mehr Eigenständigkeit möchte man ihnen für die Zukunft ans Herz legen. Bis es soweit ist, kann man „Rough Times“ aber als gute Überbrückung akzeptieren.
Wertung: 7.5 / 10