Zu Beginn ein kleines Assoziationsspiel: Was kommt als Erstes in den Kopf, wenn man die Verbindung der Begriffe „Italien“ und „Musik“ mit Inhalt füllen soll? Na? War Adriano Celentano, Zucchero oder Eros Ramazotti dabei? Höchstwahrscheinlich. Dass es in Italien darüber hinaus eine nicht zu unterschätzende alternative Musikszene gibt, ist dabei zwar nicht überraschend, doch spielt sich diese zu sehr großen Teilen im Untergrund ab. Recht viel anders ergeht es auch den Römern BEDTIME FOR CHARLIE nicht: Zwar existieren diese bereits seit 2001 und haben einige Alben veröffentlicht, der wirkliche Durchbruch konnte ihnen bisher aber nicht gelingen. Wie an ihrem neuesten Streich „Bright Light City Skyline“ deutlich wird, kann dies allerdings definitiv nicht an der Musik liegen, denn hier steht die Band ihren klar herauszuhörenden Vorbildern wie Millencollin oder Strike Anywhere in nichts nach.
Weitestgehend in Eigenproduktion in Italien aufgenommen reihen BEDTIME FOR CHARLIE hier Paradebeispiele dafür aneinander, wie melodischer Punkrock klingen soll: Hier treffen auf Albumlänge eine saubere Produktion, eine energiegeladene Stimme, mitreißende Hintergrundchöre und schlicht und ergreifend perfekte Harmonien aufeinander. Ein warmer Bass von Sänger Giacomo unterstützt das Powerchord-Geschrubbe der beiden Gitarristen Alessio und Alessandro, welche immer wieder einige gut gelaunte Melodien dazu packen, während Domenico am Schlagzeug sein Spiel zwischen straighten Punk-Drumming und verspielten Halftime-Beats variiert. Auf die sonst so häufig eingesetzte Klischee-Ballade wird auf „Bright Light City Skyline“ verzichtet, was das Gaspedal durchgehend auf Anschlag hält. Ein Musterbeispiel für diese Musikrichtung und den Sound von BEDTIME FOR CHARLIE liefert die in jeder Hinsicht grandiose Singleauskopplung „Swim With The Sharks“, welcher in einer gerechteren Welt am Ende des Jahres weit vorne in den Jahresbestenlisten auftauchen würde. Doch auch Songs wie das packende „The Snake“ oder das abschließende „We’re On The Bridge“ bleiben mit ihren Sonnenschein-Melodien im Gedächtnis haften.
Sicher ist es wahr, dass BEDTIME FOR CHARLIE mit ihrer Musik zu keinem Zeitpunkt wirklich „neu“ klingen – dazu gibt dieses Genre in dieser Spielart einfach zu wenig Variationsmöglichkeiten her. Gerade im Vergleich zu den relativ satten und schon lange existierenden eingangs genannten Bands wirkt diese Musik gerade jetzt wieder sehr frisch. Darüber hinaus hat gut gemacht melodischer Punkrock immer eine Existenzberechtigung (der Verfasser dieser Zeilen erinnert sich an dieser Stelle an einige wunderschöne Momente in diversen Partykellern Münchens sowie an einige Konzerte auf denen diese Musik mehr als nur einmal mit erhobener Faust und einem seligen Lächeln auf dem Gesicht mitgesungen wurde). Hört man sich die zwölf Songs auf „Bright Light City Skyline“ genau an, kann es durchaus passieren, dass man sich langweilt und der Wunsch nach Abwechslung aufkommt. Läuft die Musik allerdings im Hintergrund, gibt es immer wieder diese Momente, die einen plötzlich packen, die einen dazu animieren alles stehen und liegen zu lassen und sich in den nächsten Pogo zu werfen. Gerade in Zeiten, in denen weichgespülte und nur auf Style ausgelegte Musik in der Punkszene dominiert, ist es schön zu sehen, dass auch die Melodic-Punkrock-Tradition der goldenen 90er immer noch gepflegt wird.
Wertung: 7 / 10