Gibt es eigentlich so etwas wie eine Emo-Supergroup? Wenn es sie gäbe, wie lange würden sie überleben (pun intended), bevor es unzählige Schmähgesänge auf sie gibt, so wie sie beispielsweise My Chemical Romance seit ihrem kommerziellen Durchbruch (musikalisch: zu Unrecht) ertragen müssen? Und wie kann es sein, dass manche emotionale Punkrock-Bands trotz ihrer Eingängigkeit akzeptiert werden und manche einfach nur verachtet? Wie dem auch sei: Fest steht, dass Alkaline Trio als eine der „guten“ Bands hohes Ansehen genießt und schon über viele Jahre hinweg regelmäßig starke Alben zwischen düsterer Pop-Musik, energetischem Pop-Punk und emotionalen Alternative-Hymnen veröffentlicht. Wenn sich der Haupt-Songwriter und Lead-Singer dieser Band schließlich dazu entscheidet, ein Solo-Album zu veröffentlichen holt er sich als Session- und zukünftig auch Live-Musiker natürlich nicht irgendjemanden mit ins Boot: Am Bass befindet sich Hunter Burgan von AFI und hinter dem Schlagzeug sitzt Jarrod Alexander, seines Zeichens Drummer von My Chemical Romance. Das Ergebnis ist, wie beinahe zu erwarten war, unverschämt eingängiger Pop-Punk, welcher allerdings in seiner Naivität teilweise zu weit übers Ziel hinaus schießt.
Offene Akkorde, Synthie-Töne und richtig fiese Hooklines zeigen im eröffnenden Trio „Voices“„All Fall Down“ und „Luciferian Blues“, dass auf „Babylon“ definitiv nicht an Melodien und Harmonien gespart wird. In der musikalischen Niedlichkeit erinnert das Ganze tatsächlich an Jimmy Eat World zu deren Hochzeiten, ohne jedoch deren Klasse zu erreichen. Auch die übrigen Songs verfahren nach einem ganz bestimmten Muster: Das ist die Musik, die in US-Filmen über das Heranwachsen in High Schools im Hintergrund läuft und dementsprechend auch schmeckt wie eine in diesem Alter konsumierte Alko-Pop-Brause: zuckersüß und lecker – mit anschließenden Kopfschmerzen. Die sanfte, dennoch energische Stimme von Matt Skiba, die immer eine gewisse Sehnsucht in sich trägt, passt wie die Faust auf die polierten Songs. Dass die Texte die fröhliche Stimmung absolut nicht widerspiegeln, sondern von verflossenen Liebschaften und die Kehle hinunter geflossenen Alkoholika handeln, ist bereits ein von Alkaline Trio bekannte Tatsache und fügt der recht flachen Musik eine tiefere Note hinzu.
Über Mid-Tempo-Bereiche kommt „Babylon“ nie wirklich hinaus, manchmal wird das Tempo zu Gunsten einer halb-balladesken Struktur noch ein wenig reduziert, wobei das Muster stets gleich bleibt: Eingänge Gitarrenmelodie, belanglos gefällige Strophe, tolle Bridge und melodieinfizierter Refrain. Insgesamt ist „Babylon“ sicherlich kein schlechtes Album, viele Melodien sind unverschämt eingängig und gut und einen wirklich Ausfall gibt es auch nicht. Auf Albumlänge ist das Ganze dann allerdings einfach zu eintönig und geht leider in seiner musikalischen Naivität und Niedlichkeit ein wenig auf die Nerven. Was MATT SKIBA AND THE SEKRETS fehlt sind die Ecken und Kanten, welche in den Alben ihrer jeweiligen „Stamm-Bands“ helfen, mehr als nur leicht gehobener Durchschnitt zu sein.
Wertung: 6 / 10