(Progressive / Doom / Gothic / Avantgarde) Fünf Jahre lang haben die experimentierfreudigen Polen nichts mehr von sich hören lassen – jetzt machen sie mit einer neuen Platte wieder auf sich aufmerksam. „The Beauty of Chaos“ … Nicht unbedingt der kreativste Alben-Name, aber wohl der passenste. Dankenswerterweise habe ich die Möglichkeit, dieses Werk bei „Stilübergreifend“ einzugliedern, anstatt mir wie sicherlich viele andere Redakteure vor mir die Haare raufen zu müssen und ewig zu überlegen, ob hier der Progressive-Anteil den Metal-Anteil überwiegt – oder doch eher Gothic? Doom? Avantgarde? Eigentlich finde ich es etwas lächerlich, wenn sich jede Band für ihre Musik ein neues Sub-Genre überlegt, aber hier ist die Bezeichnung „Deformed Metal“ tatsächlich berechtigt.
Es ist eine sehr düstere Stimmung, die ETERNAL DEFORMITY mit dieser eigenwilligen Mischung heraufbeschwört. Bereits im Intro denkt man an Sci-Fi, an apokalyptische Szenarien. Und dann wird man auch schon hineingeworfen in diesen Strudel aus Growls und Klargesang, fordernden Synthesizer-Melodien, donnernder Bass-Drum und fantastisch gespielten progressiven Gitarrenriffs. Manchmal mit harten, manchmal mit weichen Übergängen springt die Musik von Genre zu Genre, von Gewalt zu Ruhe zu Ekstase und wieder zurück. Manchmal klingt es wie Porcupine Tree, manchmal wie, so dumm es sich anhört, ein Game-Soundtrack aus den 80ern und 90ern. Und das meine ich nicht unbedingt negativ, denn so überdominant der Synthesizer auf diesem Album auch sein mag – er trägt doch wesentlich bei zu dieser Unwohlsein-Atmosphäre, dem Gefühl, in einem düsteren Zirkus zu stehen. Die Texte und ständigen Taktart-Wechsel tragen aber auch einen nicht geringen Teil dazu bei, sich in der Musik nie so richtig wohl zu fühlen.
Jedes Lied auf diesem Album hat eine eigene spezielle Note, eine bestimmte Atmosphäre. Während schon der erste Song nach dem Intro, „Thy Kingdom Gone“, wummernd maschiert und mit teils unmelodischen Tonfolgen für das betitelnde Chaos sorgt, hebt sich „Pestilence Claims No Higher Purpose“ mit einem wahnsinnig schönen Klavierintro hervor. „Caught Out Lying“ bleibt eher progressiv und gibt gleichzeitig der Leadgitarre mehr Raum. Und „The Beauty of the Ultimate End“ erweckt den Zirkus wieder zum Leben, den ETERNAL DEFORMITY mit dem Vorgängeralbum „Frozen Circus“ erschaffen haben. Besonders bombastisch wird es mit „The Sun“, auf dem die Stimmen Manson-ähnlich verzerrt und die Piano-Soli besonders tief und dunkel sind.
„The Beauty of Chaos“ ist sicherlich kein Album für eingefahrene Ohren, aber dafür umso interessanter für alle anderen. Die Sache ist absolut rund, und auch wenn die Wahnsinns-Songs fehlen, die man hier besonders hervorheben könnte, so wird einem doch nicht langweilig.
Für die Zukunft wäre etwas mehr Eingängigkeit hier und dort wünschenswert, und auch der gute Synthesizer könnte stellenweise ein Lifting gebrauchen. Sehr gerne hätte ich stellenweise statt dem elektrischen Gerät echte Streicher gehört, etwas ausgefeiltere Melodien für das Instrument hätten einigen Songs noch zusätzlichen Pepp verliehen. Wobei man auch hier die Frage stellen muss, ob nicht gerade der künstliche Klang des Synthesizers mit seinen immer präsenten Melodien nicht die Essenz dieser Musik ausmacht. Die Experimentierfreude sollte ETERNAL DEFORMITY aber unbedingt beibehalten, ihr Genremisch hat wahnsinnig viel Potential für viele weitere Alben.
Ich bleibe jedenfalls gespannt.
Wertung: 7 / 10