Würde man den Stil ARCTIC PLATEAUs nicht schon vom Debüt-Album “On A Sad Sunny Day” kennen, das Cover von „The Enemy Inside“ könnte durchaus abschrecken. Und obwohl ich mir den Kapuzenpullover tragenden Gianluca Divirgilio trotzdem nicht in Posterformat an die Wand hängen würde, macht das Artwork immerhin schon im Vorhinein klar, dass der Italiener auch 2012 für ehrliche, kunstvolle Musik steht.
Ohne groß von der Fahrtrichtung des Vorgängers abzuweichen, schlägt auch „The Enemy Inside“ in eine Ecke des Post Rock, die nicht ganz so ausgelutscht ist, wie viele populärere Strömungen des Genres: Manchmal verträumte, manchmal beschwingte unverzerrte Shoegaze-Gitarren, die fragil aber doch dynamisch die Songs vorantreiben. Dabei wird vollkommen auf Wall-of-Sound Elemente oder extreme laut-leise-Kontraste verzichtet, ARCTIC PLATEAU rangieren ausnahmslos in ruhigeren Gefilden und die Songs scheinen nicht gerade darauf ausgelegt zu sein, den Hörer auf die sprichwörtliche Gefühlsachterbahn mitzunehmen. Dafür gibt es 40 Minuten sehr konsistente Atmosphäre, die es in sich hat, und deren wichtigstes Merkmal einmal mehr die Kälte ist, die ARCTIC PLATEAU trotz der oft unbedarft wirkenden Gitarren konstant erzeugen. Ein derart entfremdetes Album habe ich, mit diesen eher schlichten Stilmitteln umgesetzt, wirklich noch kaum jemals gehört und Vergleiche wollen erst gar nicht einfallen. Von der Art, wie „The Enemy Inside“ Melancholie förmlich zelebriert, ohne dabei sonderlich aufdringlich zu wirken, können sich viele Bands gerne eine Scheibe abschneiden.
Leider hat dieser Eisblock von Album aber ganz naturgemäß einen ziemlich markanten Mangel: So ganz ohne Höhepunkte, ohne wirklich einprägsame Melodien und ohne wahrnehmbare Kontraste zwingen den Songs erwischt man sich doch relativ fix dabei, gedanklich abzuschweifen. Spätestens bei „Big Fake Brother“ wird es dann aber auch richtiggehend langweilig, nachdem zuvor schon achtmal genau derselbe Schuh heruntergespielt wurde.
Beim Sinnieren über das für und wider dieses Albums kommt oft die Frage auf, ob „The Enemy Inside“ mit Höhepunkten und dynamischerem Songwriting wohl spannender gewesen wäre, wäre genau das doch andererseits auch ein Widerspruch zum konstanten Eisblock-Feeling. Leider hilft die Beantwortung der Frage der Scheibe selbst nur begrenzt weiter, sodass das Resümee sein muss: Die 20-25 Minuten, die ARCTIC PLATEAU den Hörer pro Durchlauf bei der Stange halten, sind stark, sobald man aber ein wenig das Gefühl der Beliebigkeit bekommt, ist es dann auch recht schnell wieder vorbei mit der Freude.
Wertung: 6.5 / 10