„In der Kürze liegt die Würze.“ Auch wenn dieser Ausspruch schätzungsweise unter den zehn dümmsten Aussagen aller Zeiten zu finden sein dürfte, kann diesem im Bereich des Post-Hardcore durchaus ein gewisser Wahrheitsgehalt zugesprochen werden. Viele Alben knacken hier gerade so die 30-Minuten-Marke und auch Konzerte mit Bands aus diesem Genre dauern häufig maximal 45 Minuten. Dies ist allerdings kein Nachteil, sondern der unglaublichen Intensität geschuldet, welche Bands aus diesem Genre sowohl live als auch auf Platte versprühen und die selten länger (im positiven Sinne) auszuhalten ist. Die Amerikaner PRIMITIVE WEAPONS stellen hier keine Ausnahme dar und reißen auf „The Shadow Gallery“ in knapp 28 Minuten alles nieder, was nicht bei 3 auf den Bäumen ist. Musikalisch toben sich die fünf Jungs zwischen metallischen Monsterriffs, punkigen Melodien, Sludge-Elementen und ungestümen Hardcore-Punk aus, bewahren sich dabei aber immer eine individuelle Note.
Bereits der Beginn der Platte definiert den Begriff „Spannungsbogen“: Zu Beginn von „Good Hunting“ trommelt sich ein Schlagzeug mit Druck und Gewalt nach vorne, bis schließlich ein brutales Riffgewitter losbricht, welches vom wütenden und heiseren Schreien von Shouter David Castillo noch einmal an Intensität gewinnt. Das Tempo belassen PRIMITIVE WEAPONS zunächst zugunsten der unglaublichen Wucht, die sie hier entfalten, noch ein wenig gedrosselt, was allerdings nicht bedeutet, dass man zu dieser Musik Still stehen könnte. Ob das Ganze nun als Brachial-Metal mit Hardcore Einflüssen, oder gedrosselter Hardcore mit Metal-Einflüssen bezeichnet wird, spielt keine Rolle, da sich hier wohl alle Fans härterer Musik Wohl fühlen dürften. Hinsichtlich der Brachialität und schieren Gewalt erinnert das Album oft an um den Chaos-Aspekt reduzierte Converge in ihren Sludge-artigen Momenten – ein Vergleich, der auf Grund der Eigenständigkeit des Sounds von PRIMITIVE WEAPONS nur hinken kann.
Der brutale Sound wird immer wieder durch Flächen, Hall, Melodien, Klargesang, Spoken-Word-Momente und Cleangitarren angereichert, wie zum Beispiel im absoluten Übersong „Quittes Anthem“. Dass die Band das Gaspedal auch voll durchdrücken kann beweisen sie schließlich, wenn in „The Death Of Boredom“ die Gäule losgelassen werden und auch Bands wie pg.99 in den Kopf schießen. Das verzweifelte Gebrüll unterstützt von einem perfekt abgemischten Sound mit wuchtigen Gitarren, rotzigem Bass und knackigem Schlagzeug tut sein Übriges, um die Adrenalinausschüttung während des Hörgenusses von „The Shadow Gallery“ immer am Maximum zu halten.
Da das Album mit einer kurzen Spielzeit aufwartet, ist es schade, dass die Dynamiken hinsichtlich der Geschwindigkeit der Songs etwas zu kurz kommen: Gut ¾ des Albums finden zwar mächtig, aber doch sehr gedrosselt statt. Auch die oben angesprochenen Elemente wie Cleangesang finden nur in einigen wenigen Momenten Eingang in das Soundspektrum der Band. Dass PRIMITIVE WEAPONS zugunsten dieses durchaus bewusst eingesetzten Klangkonzepts auch ihre Melodien eher im Hintergrund lassen und es dem Hörer somit verweigern, sich an diesen festzuhalten, kann ihnen sowohl als Kritikpunkt, als auch als Mut angerechnet werden. Eines steht auf jeden Fall fest: Mit einem Hördurchgang ist es bei „The Shadow Gallery“ nicht getan, da dieses Album seine Wirkung erst nach wiederholtem Drehen im Player entfaltet – dafür dann umso mächtiger.
Wertung: 8 / 10