Als mich die neue CD „Circus Black“ der Finnen AMBERIAN DAWN erreichte, kamen schnell Erinnerungen an den Vorgänger auf. Wie war das noch… Nightwish… keine Eigenständigkeit… insgesamt etwas langatmig? Tatsächlich, alles in allem kommt das so hin und so sind die Gefühle entsprechend erst einmal gemischt. Dazu der übliche Promoschrieb, der die Band in den höchsten Himmel lobt, man kennt es ja und dennoch, etwas gespannt bin ich schon, wie sich das Sextett um Frontfrau Heide Parviainen schlägt.
Und tatsächlich, ich komme nicht umhin, der Band eine gewisse Reifung zu attestieren. Das Grundkonzept hat sich freilich nicht geändert, symphonischer Metal mit reichlichen Keyboardeinsätzen, größtenteils im Midtempo mit Ausbrüchen in beiden Richtungen und dem charakteristischen Gesang der Sopranistin. Wobei ich mich zu erinnern meine, dass die Intonierung auf „End Of Eden“ noch höher gewesen ist. Wie auch immer, gerade im Gesangspart gefällt mir AMBERIAN DAWN dieses Mal deutlich besser. Dazu kommen beinahe ebenso deutliche Fortschritte im Songwriting, im Großen und Ganzen fällt kein Lied unangenehm auf, in dem es beispielsweise unter mageren Arrangements oder einfallslosen Riffs leidet. Im Gegenteil, die Songs sind kompakt gehalten, das nicht mehr so neue und nicht mehr so geheime Geheimnis, dass man auf unbrauchbaren Ballast gerne auch mal verzichten kann, wird entsprechend umgesetzt. So entgeht man zwar möglichen epischen Momenten, aber wie ich das sehe, braucht es die in der Welt der Skandinavier auch nicht unbedingt.
Letztlich kann ich mich nicht so recht festlegen, welche Ader von AMBERIAN DAWN mir besser gefällt: die eher getragenen Nummern wie „I Share With You This Dream“ (hmm, da hätte es wohl coolere Titel gegeben) oder „Guardian“ kommen eher emotional daher, während der eröffnende Titeltrack eher in einer Linie mit flüssigen Symphonic-Metal-Songs steht, wie man sie – Achtung, gigantische Überleitung – bei den Landsmännern Stratovarius findet. Den Gesangseinsatz von Timo Kotipelto kann man ja noch nachvollziehen, auch wenn es den nicht unbedingt gebraucht hätte. Aber warum man mit dem Keyboarder derselben Band, namentlich Jens Johansson, einen weiteren Gastmusiker an Bord holte, erschließt sich mir nicht, das hätte Songwriter Tuomas Seppälä auch alleine hinbekommen. Da ging es wohl einzig und allein darum, mit einem großen Namen für Interesse zu sorgen. Warum eigentlich, überzeugen die Finnen diesmal doch auf fast der ganzen Linie.
Fazit: Das aktuelle Bandinfo schaut wohl etwas in die Zukunft und sollte der kommenden Veröffentlichung beiliegen, denn den großen Schritt, den AMBERIAN DAWN angeblich mit „End Of Eden“ gemacht haben, haben sie tatsächlich erst jetzt vollzogen. Immerhin, denn eigentlich hatte ich von dem Nightwish-Klon keine Heldentat mehr erwartet. Dieses Album kann man sich als Freund der Sparte aber durchaus mal anhören.
Wertung: 7.5 / 10