LILLIAN AXE? Noch nie gehört, ich geb‘s zu. Die „XI“ im Albumtitel impliziert es aber schon, hier haben wir es nicht mit Frischlingen zu tun. 1988 kam gar schon das Debütalbum raus, trotzdem hat die Truppe aus New Orleans bisher erfolgreich einen weiten Bogen um mich gemacht. Und, da bin ich mir mal sowas von sicher, ich bin nicht der einzige, dem es so geht. Mit AFM haben die Amis jetzt aber endlich mal ein potentes Label im Rücken, es müsste nun schon mit dem verdammten Teufel zugehen, würden LILLIAN AXE weiterhin unter den Radaren ihre exquisiten Kreise ziehen.
Musikalisch lässt sich der Fünfer erst mal auch gar nicht so leicht einordnen und beschreiben, was ja leider auch eines der möglichen Probleme für ausbleibenden Erfolg sein kann. Irgendwo zwischen melodischem Heavy Metal, Hard Rock, AOR und Progressive Rock haben sie es sich gemütlich gemacht. Technisch ist das alles auf einem extrem hohen Niveau, erwachsen, professionell und bestens durchdacht. Bestens dazu passt auch der neue Sänger Brian Jones mit seiner unaufgeregten und sehr angenehmen Stimme. Manchmal fungiert er fast schon mehr als Erzähler denn als Sänger und wirkt ebenso oft gefühlvoll wie lethargisch, das macht das Ganze nochmal interessanter.
„Babylon“ ist als Opener mit seinem metallischen Grundgerüst dabei kaum mehr als eine Andeutung der Stärken der Band, und das sind vor allem mal geniale Melodien. Allein, wie sich diese bei „Death Comes Tomorrow“ von der Strophe bis zum Refrain aufbaut und immer weiter steigert, ist ein Genuss, der seinesgleichen sucht. „The Great Divide“ setzt mit einer unglaublichen Emotionalität noch einen drauf, einfach umwerfend, welch Soundwand die Leadgitarre und das Schlagzeug hier aufbauen. „Bow Your Head“, eine gefühlvolle Ballade, wäre bei einer beliebigen Mainstream-Rockband ohne Zweifel ein sicherer Chartkandidat und würde auch im Radio einiges an Airplay bekommen, während „Caged In“ auf eine eigentümliche Weise so einiges wegrockt und überhaupt kann man auf dem Album den Aufkleber „All Killer – No Filler!“ anbringen.
Die „XI“ von „XI – The Days Before Tomorrow“ müssen wir noch aufklären, ist sie doch etwas übertrieben. Studioalbum Nummer Neun liegt hier vor, außerdem gab es noch ein Livealbum sowie eine Compilation. Trotzdem schon einiges, das Mastermind Steve Blaze in den Jahren vor 2012 mit LILLIAN AXE veröffentlicht hat. „The Days Before Tomorrow“ aber jedenfalls ist eine melodische Haftbombe mit Zeitzünder. Nicht sofort, aber nach kurzer Dauer und ehe man sich versieht bleiben die Einzelteile an einem kleben und lassen sich so leicht auch nicht wieder abschütteln. Ich bin begeistert!
Wertung: 9 / 10