Im Hause Napalm wird man wohl ähnlich froh sein wie bei RÊVERIE, dass der Herbst in diesem Durchgang eine mächtige Verspätung an den Tag legt, zumindest für das Hauptabsatzgebiet Deutschland gilt das ja durchaus. Dark Rock befindet sich im Angebot und das passt nunmal eher zu nebligem Trübetassenwetter, als zur bunten Sommerwiese oder dem hellglänzend-leuchtenden Winterwald. Oder doch nicht?
Ja, vielleicht doch nicht, denn in diesem eigentlich prädestinierten Wetter sitze ich nun hier rum und langweile mich mit den 14 Songs der Münsteraner. Material wäre da reichlich, um den Hörer zu begeistern, leider ist das erste Problem gleich das grundlegenste: die Songs bieten kaum Abwechslung, weder in Sachen Tempogestaltung, noch im Riffing. Ersteres ist dabei nur schwer erträglich, jede Nummer ächzt sich über bis zu acht Minuten dahin wie der tapfere Soldat Pheidippides in der Sage des Marathon-Laufs. Und das heißt im Klartext: langsam, sehr langsam. Sicherlich ist die Musik nicht wirklich für die partyfreudige Headbangermasse gedacht, aber auch im stillen Kämmerlein rockt der Rotwein gerne mal das Haus. Das zweite Element des ersten Problems ist zwar etwas weniger nervig, aber genau so eklatant. Bis auf gelegentliche – selbstverständlich langsame – Pianoeinsätze hört man doch irgendwie immer wieder das gleiche Lied, Riffs mit wenigen Tönen, die umso länger klingen. Dass der Gesang durchaus gehobenen Ansprüchen genügen könnte, fällt dabei leider kaum auf. Die Stimme von Bandgründer Max Leonhardt ist nicht nur über weite Strecken angenehm anzuhören, sondern auch die einzige Position im Element der Düsterrocker, die einigermaßen variabel daher kommt. Größtenteils intoniert er zurückhaltend, manchmal bricht es aber auch aus ihm heraus und er packt einige Growls aus. Die sind zwar nicht weltbewegend und eigentlich auch nicht immer zu der Musik passend, aber man ist ja schon froh, wenn man auf der durchaus opulenten Spielzeit von fast 70 Minuten überhaupt mal andere Kost geboten bekommt. Bei der Singleauskopplung „Mond“ holte man sich das letzte Einhorn ins Boot, Michael Rhein von In Extremo bietet seine Stimme an, aber wirklich großartig macht das eine weitere Durchschnittsnummer auf einem sehr durchschnittlichen Album auch nicht.
RÊVERIE heißt im französischen Träumerei und dabei bleibt es vorerst auch, mit „Wandel“ wird man eher ein Gänseblümchen zum wachsen animieren, als in der Düsterszene richtig Fuß zu fassen. Die wenigen guten Ansätze sollte man dringend ausbauen, beim nächsten Album eine knappe halbe Stunde kürzen und dafür auf qualitative Ausrufezeichen setzen.
Wertung: 4 / 10