Polen hat mit Riverside einen neuen Star des modernen Progrocks hervorgebracht. Doch auch abseits der Senkrechtstarter um Marius Duda gibt es interessante und qualitativ hochwertige Bands – wie zum Beispiel QUIDAM. Gegründet 1991, veröffentlichte die Band erst fünf Jahre später ihr selbstbetiteltes Debütalbum. Sie spielte reinrassigen Neoprog, allerdings mit der Besonderheit einer weiblichen Sängerin. Emilia Derkowska prägte die ersten drei Alben der Combo, bevor sie ausstieg und ihrem Nachfolger, Bartek Kossowicz, den Platz hinter dem Mikrofon vermachte. Mit seiner Einkehr in die Band änderte diese ihren Sound in Richtung New Artrock, sodass sie nun des Öfteren an ruhige Porcupine Tree erinnert.
„Strong Together“, ein wunderschön und hochwertig gestaltetes Live-Set, bestehend aus einer DVD und zwei CDs, konzentriert sich folgerichtig auf die beiden Alben, die mit dem neuen Vokalist erschienen sind: „Surrevival“ (2005) und das hier in Gänze dargebotene „Alone Together“ (2007). Aufgenommen wurde ein 127-minütiges Konzert in Polen im April 2009.
QUIDAMs Songs zeichnen sich durch atmosphärische, geschmackvolle Arrangements aus und sind stets mit Melancholie durchzogen. Bartek Kossowicz hat eine sanfte Stimme, vergleichbar etwa mit Gary Chandler von den Neoproggern Jadis. Die Gesangsmelodien sind hochmelodisch und die Gitarren solieren elegisch, während der absolut beeindruckende Schlagzeuger Maciek Wróblewski komplexe Rhythmen mit filigranen Hi-Hat-Spielereien kombiniert, wie man sie auch von Marillion und Riverside kennt. Keyboarder Zbyszek Florek hält sich meist angenehm im Hintergrund und darf nur selten solieren; umso mehr Raum für Soloeskapaden bleibt Jacek Zasada, der pausenlos mit den unterschiedlichsten Flöten und Percussioninstrumenten für gelungene folkloristisch-romantische Einlagen sorgt. Bassist Mariusz Zió?kowski ist der coole, selbstbewusste Fels, den Nichts aus der Ruhe bringt. Die barfüßige Gastviolinistin und ein ebenfalls extra eingeladener Saxophonist sorgen in einigen Tracks für zusätzliche Klangfarben.
Die große Stärke der Band ist nicht ihre Bühnenpräsenz, denn diese ist eher unscheinbar; vielmehr vollbringen QUIDAM das Kunststück, auf der einen Seite ihre Studiosongs bis ins kleinste Detail live zu reproduzieren, auf der anderen Seite aber auch mit unerwarteten Improvisationen und Einschüben zu überraschen: So webt das Sextett mühelos zahlreiche Coversongs in ihre Kompositionen ein: Beispielsweise Ausschnitte aus „Red“ von King Crimson oder „Riders Of The Storm“ von The Doors. Als letzte Zugabe spielen sie Pink Floyds „Wish You Were Here“ und sitzen dabei teilweise auf dem Bühnenboden, als hätten sie sich um ein wärmendes Lagerfeuer versammelt.
Die technische Seite der DVD weiß ebenso zu überzeugen: Das Bild ist gestoßen scharf, der Ton sowohl in Stereo als auch in 5.1. klar und brillant. Die Ansagen sind auf polnisch, aber die Band hat mitgedacht und der DVD englische Untertitel verpasst, die separat zuschaltbar sind. Etwas nervig sind die hellen Blitzlichter zahlreicher Fotokameras, die zumindest in den ersten Konzert-Minuten noch den DVD-Genuss trüben. Zudem hätte das Bonusmaterial etwas üppiger ausfallen können: 16 Minuten verteilen sich auf ein kurzes Behind The Scenes-Video, eine Fotogalerie und die Projektionen zum Song „Alone Together“, die sich hier noch einmal in Gänze ansehen lassen. Dass das Menü nur mit Standbildern daher kommt, ist kein Kritikpunkt, sondern passt zum schlichten Artwork der Veröffentlichung.
Alles in Allem ist der Band zu diesem Produkt zu gratulieren. QUIDAM sind eine vorzügliche Liveband. Das beweisen sie mit dieser DVD, aber umso mehr, wenn man die Gruppe einmal hautnah erlebt hat. Der Käufer sollte nur nicht zu viel Rockattitüde erwarten; QUIDAM sind gemächlich und geschmackvoll, und das ist auch gut so! Eine echte Empfehlung für Freunde von Camel, folkigen Jethro Tull und balladesken Porcupine Tree / Blackfield.
Wertung: 9 / 10