IKUINEN KAAMOS hatten durchaus ein wenig Pech. 1997 gegründet dümpelten sie knappe acht Jahre im finnischen Black Metal Underground herum und versuchten irgendwie einen Vertrag an Land zu ziehen. Erst 2005 (und einen Stilwechsel später, ab sofort wurde eher eine progressive Mischung aus Black und Death Metal gespielt) ergatterten sie dann einen bei Descent Productions und konnten ihr erstes Album „The Forlorn“ veröffentlichen, das (Subjektivität voraus) wohl eins der einzigartigsten, emotionalsten und besten Alben aller Zeiten ist und eigentlich nur am eher suboptimalen Gesangsstil von Sessionsänger Henri Villberg krankte (ich wage zu behaupten, mit mehr Black Metal Screams wäre das Ding perfekt geworden). Auch der Nachfolger „Epilogue“ war eigentlich schon fertig, aber Descent Productions ließen verlauten, dass sie das Ding leider finanziell nicht stemmen können. Nach einigem hin und her erschien dann die kostenlos zum Download verfügbare EP „Closure“ mit drei Tracks des Albums und auch die wusste durchaus zu gefallen, vor allem, weil der Gesang des neu hinzugekommenen Risto Herranen die Kritik am Vorgänger ausmerzte. Die Vorzeichen waren also gut für das „echte“ zweite Album der Finnen mit dem Titel „Fall Of Icons“, das jetzt, 2010, über Maddening Media erscheint. Dummerweise schüren so gute Vorzeichen aber auch gar nicht so geringe Erwartungen. Ob die wohl erfüllt werden?
„Was zum…?“, war mein erster Gedanke, als ich „Fall Of Icons“ zum ersten Mal durch den Player scheuchte. „Hab ich aus Versehen eine Opeth-CD eingelegt?“ Ja, IKUINEN KAAMOS haben sich immer schon irgendwie in einem ähnlichen Genre wie die Schweden bewegt, ich weiß, aber (ich weiß, eigentlich sollte ich „Fall Of Icons“ bezüglich seiner eigenen Werte besprechen und nicht ewig mit dem Vorgänger vergleichen, aber da der so gut war, will er mir einfach nicht aus dem Kopf) „The Forlorn“ klang einfach so gut wie gar nicht nach den Kollegen aus dem Nachbarland. Die Progressivität war da, aber sie steckte auch mal zurück, wenn es den Emotionen der Musik zuträglich war. Das scheinen IKUINEN KAAMOS auf „Fall Of Icons“ verlernt zu haben, hier wird hin und wieder auf Teufel komm raus herumgeproggt, ein sperriges Riff jagt das nächste und sowieso hat man des öfteren das Gefühl, dass die Herren doch viel lieber zeigen wollten, was für vertrackte Songs sie schreiben können, als einfach noch mal gute Musik aufzunehmen.
Mit der Atmosphäre ist es also nicht weit her, dazu ist die musikalische Komponente auf „Fall Of Icons“ einfach zu vertrackt, aber auch die Hörbarkeit leidet enorm. „The Forlorn“ und auch „Closure“ machten da eigentlich alles richtig, eine Rhythmusgitarre macht den Hintergrund und sorgt dafür, dass die Leadriffs so nach hinten abgesichert sind, dass sie dem Hörer direkt in die Magengrube fahren. „Fall Of Icons“ hingegen hält wenig von so langweiligen ausgetretenen Pfaden, die meiste Zeit über gibt es nämlich gar keine Rhythmusgitarre. Sowohl Juhani Mikkonen als auch Jarno Ruuskanen dürfen Leadriffs runterrattern, allerdings arbeiten diese Dual-Lead-Parts nicht wirklich zusammen, sondern zumeist eher „gegeneinander“, mindestens aber „nebeneinander“ her. Die Musik ist vielschichtig, gleichzeitig aber auch enttäuschend dünn. Und alle potentiell interessanten Riffs verstecken sich vor, hinter, neben oder zwischen sperrigem „Gitarrengewichse“.
So negativ das jetzt klingen mag: Diese potentiell interessanten Riffs sind aber durchaus vorhanden. Und zwar gar nicht zu knapp. Wirklich exzessiv abgefeiert werden sie im letzten Track „Apart“, der in seinen letzten paar Minuten fast wie Musik von „The Forlorn“ klingt. Schön fett und ergreifend. Aber auch ansonsten verstecken sie sich oft an den Stellen, an denen man sie am wenigsten erwartet. Wie schon im vorherigen Absatz erwähnt nämlich irgendwo zwischen den sperrigen Prog-Riffs. Immer mal wieder wird diese Darbietung von „tollen“ Gitarrentechniken kurz unterbrochen, um ein ergreifendes, emotionales Riff auf den Hörer abzufeuern, das wohlig an den grandiosen Vorgänger erinnert. Daneben gibt es aber doch durchaus auch ein paar positive Neuerungen. Manchmal schlagen die Gitarren nämlich geradezu entspannte, beschwingte Töne an. Da fühlen sich die Songs beinahe wie leichtfüßige Swing-Nummern an, was hier auch erstaunlich gut funktioniert, leider wohl, wegen der fehlenden Atmosphäre.
Aus ein paar guten Augenblicken wird aber noch lange keine gute CD. IKUINEN KAAMOS sind fitt an ihren Instrumenten und wenn sie nur wollen, dann wissen sie auch, wie man geile Musik schreibt, das haben sie auf „The Forlorn“ bewiesen, das haben sie auf „Closure“ bewiesen und auch „Fall Of Icons“ zeigt dieses Talent hin und wieder mal. „Dazwischen“ wird solide Prog-Arbeit mit einem ordentlichen Sänger (der bei den Screams hin und wieder etwas kraftlos wirkt) geboten, die zugunsten von musikalischem Anspruch auf Atmosphäre und Hörbarkeit pfeift. Ich persönlich finde es zugleich erstaunlich und verdammt schade, wie eine Band, die ihren Stil eigentlich schon gefunden hatte, auf ihrem zweiten Album überraschend mit alten Konventionen bricht und versucht, einer größeren Band nachzueifern. Zu wenig IKUINEN KAAMOS und zu viel Opeth steckt in dieser CD. So entsteht zwischen „The Forlorn“ und seinem Nachfolger ein sehr krasser Bruch, der für den Fan relativ schwer zu verdauen ist. Vielleicht war das ja eine Entwicklung, die sich auf „Epilogue“ zumindest ansatzweise abgezeichnet hätte, wenn die CD denn jemals heraus gekommen wäre. Ich weiß es nicht, alles was ich weiß ist, dass ich diese CD wohl wesentlich lieber gehört hätte, als „Fall Of Icons“…
Wertung: 6 / 10